Kreis Viersen Der nächste Nachbar ist noch so fern

Kreis Viersen · Vier Politiker eines Ratsausschusses in Venlo und aus dem Kreistag Viersen trafen sich in der Viersener RP-Redaktion zum Gedankenaustausch. Sie wollen künftig offizielle Begegnungen auf Ausschussebene verabreden.

 In bunter Reihe diskutierten Venloer Ratsmitglieder und Kreistags-Abgeordnete im Konferenzraum der RP-Redaktion Viersen über Gemeinsamkeiten und eine künftige Zusammenarbeit.

In bunter Reihe diskutierten Venloer Ratsmitglieder und Kreistags-Abgeordnete im Konferenzraum der RP-Redaktion Viersen über Gemeinsamkeiten und eine künftige Zusammenarbeit.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Ineke Hendrickx mag keine halben Sachen. Wenn sie Politik macht, dann will sie ein konkretes Ziel erreichen oder ein Ergebnis erzielen. So gesehen, ist die Politikerin aus Venlo zufrieden von Viersen aus heimgefahren. Auf Initiative der Rheinischen Post trafen sich in der Redaktion erstmals jeweils vier Politiker aus Venlo und aus dem Kreistag zum Gedankenaustausch. Nach knapp zwei Stunden intensiver Beratungen stand für alle fest: "Wir werden aus dieser Begegnung heute einen festen Bestandteil unserer politischen Arbeit machen."

Vor mehr als einem Jahr bildete der Stadtrat in Venlo offiziell einen Ausschuss für grenzüberschreitende Angelegenheiten, in dem alle acht Fraktionen einen Sitz haben. Im Mai diskutierte er mit Journalisten aus dem Raum Venlo und Viersen. Konkret verabredeten die Politiker danach ein Treffen mit Kreistagsvertretern kurz vor Jahresende in der RP-Redaktion Viersen.

"Es gibt einen hohen Grad an Normalität" im Verhältnis der Grenzbewohner. Sie haben sich längst darin eingerichtet, dass sie eine gemeinsame Währung haben, uneingeschränkt im jeweils anderen Land einkaufen und arbeiten können, Theater und Ausstellungen besuchen - aber Halt! So einfach ist das alles nicht. Die Bürokratie hat das Arbeiten sogar erschwert, und außer der Bahnverbindung von Viersen nach Venlo fährt kein Bus. Den Bedarf hat bisher noch niemand untersucht, vor allem nicht mit Blick darauf, ob nicht gerade Menschen mit sehr niedrigem Einkommen im jeweils anderen Land Arbeit finden könnten - wenn sie denn den Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen könnten.

Im Kreis wird zurzeit ein neuer Nahverkehrsplan entwickelt. Diese Überlegungen sollten einfließen. Außerdem könnten die Hochschule Niederrhein und Fontys Hogeschool in Venlo möglicherweise mit (gemeinsamen ?) studentischen Projekten Daten und aussagekräftige Informationen ermitteln.

Neugierig machten die deutschen Politiker Pläne in Venlo, ein "Deutschland-Haus" einzurichten. Es soll möglichst niedrigschwellig angelegt werden, also gerade auch ganz normale Bürger anziehen. Einquartieren will der Venloer Ausschuss dort Institutionen und Vertreter aus der Wirtschaft, Kultur, Bildung und vieles andere mehr. Zwar gibt es wirklich den "hohen Grad der Normalität" im Umgang. Aber es gibt auch viele weiße Flecke. Gleich mehrere Venloer gestehen, zum ersten Mal überhaupt in Viersen zu sein. Sie fahren vorbei nach Mönchengladbach (zu Borussia und in die Innenstadt) und nach Düsseldorf oder Köln. Viersen? "Die Stadt wirbt nicht bei uns. Kempen oder Moers sind präsent", heißt es bei den Gästen aus Venlo. Sie sind gleichzeitig davon überzeugt, dass die Gemeinschaftswerbung einiger Unternehmen aus ihrer Stadt im "deutschen Hinterland" wirksam und vor allen Dingen auch sehr informativ ist.

Anknüpfungspunkte einer engeren und zielgerichteten Zusammenarbeit sind die Landes- und Gebietsentwicklungsplanung, die jeweils komplett an der Kommunalpolitik des anderen Landes vorbeigeht, sowie Bildung und Kultur. Auch in Venlo ist das Interesse an den deutschen Nachbarn nicht besonders ausgeprägt. Deutsche Fernsehsendungen werden kaum mehr beachtet, Deutsch wird erst seit kurzem wieder an einigen Grundschulen unterrichtet. Auf vielen Gebieten, das wird im Laufe des Nachmittags klar, sind Kontakte nur durch Initiativen einzelner Menschen da. Nachhaltig sind sie alle nicht.

Im Kreistag wird man sich künftig unmittelbar auf Arbeitsebene mit den Nachbarn beschäftigen. Wahrscheinlich im Kreisausschuss. Visitenkarten werden getauscht, und einen Gegenbesuch in Venlo vereinbaren die Politiker auch.

(RP)
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