Serie Was Macht Eigentlich? Der etwas andere Realschullehrer

Viersen · Peter Schleuter unterrichtet seit 30 Jahren an der Realschule Viersen — und ist der erfolgreichste Trainer im Amateur-Fußball in Mönchengladbach und dem Umland. Er führte den SC Lobberich in die Verbandsliga, auch Borussia Mönchengladbach klopfte bei ihm an

 Triumphfahrt in Rheydt.

Triumphfahrt in Rheydt.

Foto: Berger

Es gab schon mal die eine oder eine Stunde, in der Peter Schleuter sich die Frage stellte: Was wäre geworden, wenn - ich damals zu Borussia gewechselt wäre? Die wollte ihn, 1990, als Trainer für ihre Amateure und Nachfolger von Bernd Krauss in der Verbandsliga. Denn Schleuter hatte einen sehr guten Ruf, rückte den traditionsreichen Rheydter Spielverein gerade aus der "Versenkung" wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.

 Der größte Erfolg in Peter Schleuters Karriere: deutscher Amateurvizemeister 1990. Der Trainer steht fast im Hintergrund, als Vierter von links zwischen Oberstadtdirektor Helmut Freuen und Oberbürgermeister Heinz Feldhege.

Der größte Erfolg in Peter Schleuters Karriere: deutscher Amateurvizemeister 1990. Der Trainer steht fast im Hintergrund, als Vierter von links zwischen Oberstadtdirektor Helmut Freuen und Oberbürgermeister Heinz Feldhege.

Foto: Werner Tressat

Und es war keine leichte Zeit für den fünfmaligen Deutschen Meister: Borussia kämpfte um den Verbleib in der Bundesliga. Es gab schon mal das eigentlich unvorstellbare Szenario, die Profis vom Bökelberg würden in der Saison 1990/91 in der Zweiten Liga spielen - zusammen mit dem Rheydter SV, dem sonst wenig beachteten Stadt-Rivalen. Denn der RSV lag in der Oberliga Nordrhein zusammen mit dem Wuppertaler SV vorne, die Aufstiegsrunde zur Zweiten Liga war schon in erreichbarer Nähe.

Vater des Erfolgs beim "Spö" war Peter Schleuter: im Hauptberuf Realschullehrer und nebenbei als Trainer mit dem RSV im Durchmarsch aus der Landesliga über die Verbandsliga in die Oberliga gestürmt - damals die dritthöchste deutsche Spielklasse. An der Nordstraße träumten Spielvereinler schon von einem erneuten Aufstieg und einer Auseinandersetzung mit Borussia, wenn noch nicht ganz auf Augen-, dann doch auf Klassenhöhe.

Daraus ist nichts geworden. Einmal, weil Borussia sich mit einem 0:0 am letzten Spieltag bei Bayer Uerdingen, dem der eine Punkt ebenfalls zum Klassenerhalt reichte, die Erstklassigkeit bewahrte. Und weil der RSV, trotz Unterstützung von 18.000 Zuschauern am 30. Spieltag beim Spitzenspiel Zweiter gegen Ersten an der Nordstraße gegen Wuppertal nur ein 0:0 schaffte. Es gab allerdings auch Leute in Rheydt, die über den Verbleib in der Oberliga mit Blick auf die Finanzen nicht allzu traurig waren. Peter Schleuter aber war es schon, und zwar sehr. Dass seine Mannschaft es dann, von ihm noch einmal neu motiviert, als Oberliga-Zweiter bis ins Endspiel um die deutsche Amateurmeisterschaft 1990 geschafft hat (und das dann beim FSV Salmrohr 0:2 verlor), reicht ihm nur bedingt als Trostpflaster. "Das Verpassen der Aufstiegsrunde zur Zweiten Liga war meine größte Enttäuschung", sagt er noch heute, wo er weiß, dass "so manche akute Situation mit der Zeit zur Nebensächlichkeit wird". Und er sich, wie erwähnt, schon mal die Frage gestellt hat "was wäre wenn?" Wenn nämlich damals die Gespräche mit Borussia zu einem Vertragsabschluss geführt hätten. Denn 1991 wurde Cheftrainer Gerd vom Bruch von Borussia entlassen, ein Jahr später auch dessen Nachfolger Jürgen Gelsdorf. Bernd Krauss rückte vom Assistenten zum Cheftrainer auf und war sehr erfolgreich bis hin zum Gewinn des DFB-Pokals 1995 und dann noch einmal dem Einzug in den Uefa-Cup. Ob Peter Schleuter womöglich in dieser etwas unruhigen Zeit am Bökelberg eine Chance zum Einstieg in den Profifußball erhalten hätte, ist nicht zu beantworten. Aber es ist ja auch nicht so, dass Peter Schleuter in ein tiefes Loch gefallen wäre. Letztlich sind die Gespräche mit Borussias Manager Helmut Grashoff nicht zum Vertragsabschluss geführt worden. Einmal, weil Schleuter als Familienvater mit zwei Kindern die Sicherheit als Realschullehrer nicht für die Ungewissheit im Fußballgeschäft aufgeben, sondern die Trainertätigkeit im Amateurbereich auch bei Borussia neben seinem Beruf ausüben wollte: "Dass dies funktioniert hätte, weiß ich. Ich bin immer gut organisiert und schaffe beides, ohne dass eine Sache leidet."

Dazu gab es noch eine Klausel in seinem Vertrag mit dem Spielverein, die eine Freigabe sicherte, wenn er zu einem höherklassigen Verein wechselte. Doch Borussias Amateure waren als Verbandsligist nicht höherklassig - was aber zählte? Der Bundesligist hätte nach einer juristischen Auseinandersetzung womöglich eine Ablöse zahlen müssen, die auf Schleuters Vorstellungen draufgekommen wäre. Und der RSV-Vorstand wusste, was er an Peter Schleuter hatte: einen Fachmann mit sehr viel Engagement und schon damals großer Erfahrung. So einen wollte er ungern ziehen lassen, auch wenn die Auffassungen über Ziele und Möglichkeiten in der Oberliga divergierten.

(RP)
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