Viersen Dem Einzelhandel auf die Beine helfen

Viersen · Die CDU-Fraktion will Einzelhändlern den Einstieg in die Selbstständigkeit mit Mietzuschüssen erleichtern. Dadurch soll auch der Leerstand verringert werden. Die IHK ist skeptisch, ob finanzielle Hilfe alleine dafür reicht

 Leere Geschäftsräume an der Hochstraße. In Süchteln stehen derzeit laut Unternehmensberater Stefan Gerber 13 Ladenlokale leer. Viele Bürger wünschen sich eine Drogerie für den Ort.

Leere Geschäftsräume an der Hochstraße. In Süchteln stehen derzeit laut Unternehmensberater Stefan Gerber 13 Ladenlokale leer. Viele Bürger wünschen sich eine Drogerie für den Ort.

Foto: Knappe

Günstige Mieten für einen gelungenen Start in die Selbstständigkeit: Die CDU-Fraktion plant, die Idee des Viersener "Gewächshauses" auf Jungunternehmer im Einzelhandel, kurz "JuiE", zu übertragen. Ziel des Projekts soll es sein, jungen Menschen die Eröffnung eines Geschäfts zu erleichtern und damit den Leerstand gerade in Süchteln zu verringern.

Das "Gewächshaus" im Viersener Stadtzentrum bietet Menschen, die sich selbstständig machen wollen, aber zunächst nicht genug Geld für eigene Räume in guter Lage haben, zu einem günstigen Mietzins ab 3,33 Euro pro Quadratmeter elf Büros in Größen zwischen 25 und 60 Quadratmetern. Damit habe man sehr gute Erfahrungen gemacht, berichtet Paul Mackes, stellvertretender Vorsitzender der Viersener CDU-Fraktion sowie Vorsitzender des "Gewächshaus"-Fördervereins. Bis zu drei Jahre könnten die Start-up-Unternehmer zu diesen Konditionen in den Büroräumen Am Alten Gymnasium bleiben, danach würde die Miete angepasst. Mehr als 15 Unternehmen haben ehemalige Mieter des "Gewächshauses" inzwischen aufgebaut.

In einem Antrag an die Stadtverwaltung bittet die CDU-Fraktion auch deswegen nun darum, das Projekt "JuiE" prüfen zu lassen. Sie sieht "aufgrund der im Moment laufenden Perspektivenplanung in Süchteln eine gute Möglichkeit, die Erarbeitung eines solchen Konzepts mit einzubinden", heißt es darin.

Wie das konkret aussehen kann - etwa die Höhe und Staffelung der Mietzuschüsse -, weiß Mackes noch nicht. Fest steht bislang nur: Die CDU will das Konzept zusammen mit den bestehenden Einzelhändlern erarbeiten. "Wir wollen die Konkurrenzsituation nicht verschärfen", sagt Mackes. Das bedeute, dass an einer Stelle, an der es beispielsweise bereits mehrere Buchläden gibt, nicht noch ein weiterer hinzukommen soll.

Doch nicht nur die Start-ups sollen profitieren. Der CDU-Politiker erhofft sich, dass die Jungunternehmer die tristen, leerstehenden Ladenlokale neu beleben. Laut Stadtverwaltung stehen allein in der Viersener Innenstadt 37 von 337 Ladenlokalen leer (Stand der Erhebung: Dezember 2016). Dies entspricht einer Leerstandsquote von knapp elf Prozent. Besonders betroffen sind Geschäftsstraßen, die jenseits der Fußgängerzone in der Innenstadt liegen. In Süchteln sind laut Unternehmensberater Stefan Gerber 13 Ladenlokale ungenutzt. Gerber hatte eine Umfrage über den Bedarf der Süchtelner durchgeführt. Ergebnis: Von 256 Befragten (Mehrfachnennungen waren möglich) wünschten sich 194 eine Drogerie, 151 einen Lebensmittelladen, 113 einen Buchladen und 52 ein Blumengeschäft. Bei der SPD-Ideenwerkstatt Süchteln im März schlug Gerber vor, einzelne Läden über eine neu zu gründende Süchtelner Einzelhandels gGmbH führen zu lassen, um das Risiko auf mehrere Schultern zu verteilen.

Einer, der die heutigen Schwierigkeiten des Einzelhandels kennt, ist Bert Mangels. Er ist zuständig für Existenzgründung und Unternehmensförderung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. Das Interesse, in den Einzelhandel einzusteigen, sei ungebrochen, sagt Mangels. Aber: "Die Unternehmer starten schnell und sind schnell wieder weg - obwohl sie ihren Job sehr gut machen." Häufig scheitere es am Geld. "Es reicht weder für eine gute Lage noch für Werbung, die Konkurrenz ist sehr groß, und als Neuling hat man noch keinen Namen", sagt er.

Ob aber das von der CDU geplante Projekt dem Einzelhandel wirklich dauerhaft helfen könnte, sieht Mangels skeptisch. Denn die Mietkosten alleine seien nicht das Problem. "Das Kaufverhalten hat sich verändert", sagt er. Besonders schwer hätten es Mode-Boutiquen und Geschenkartikel-Läden. "Die meisten Kunden kommen und gucken und kaufen die Sachen dann ein paar Euro günstiger im Internet", sagt Mangels.

Nach Angaben der Stadt soll der Antrag im Ausschuss für Wirtschaftsförderung besprochen werden. Dessen nächste Sitzung ist für Dienstag, 27. Juni, angesetzt.

(RP)
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