Das Duell der Pianisten

Viersen · So sehr Stimmkarten in Parlamenten zur Routine gehören, so ungewöhnlich sind sie bei Klavierabenden. Eine Ausnahme gab es in der Festhalle.

Das Duell der Pianisten
Foto: Busch, Franz-Heinrich sen. (bsen)

"Piano Battle", also Klavierschlacht, nannte sich eine Konzertshow mit Andreas Kern und Paul Cibis. Viersen Die können beide ausgezeichnet Klavier spielen, beherrschen das traditionelle Repertoire und verstehen sich aufs Improvisieren. Und weil sie über Sinn für Humor und Komik verfügen, haben sie für ihre Auftritte eine ganz andere, witzige Form gefunden. Mit der gelingen ihnen weltweit große Erfolge. Auch das Publikum in der ausverkauften Viersener Festhalle hatte viel Spaß an den unkonventionellen Darbietungen der beiden.

Das Duell der Pianisten
Foto: Busch, Franz-Heinrich sen. (bsen)

Von Mozarts türkischem Marsch über Chopins Revolutionsetüde kam bis zu Schubert, Debussy und Gershwin so ziemlich alles vor, was man an Klavierliteratur üblicherweise kennt. Es fehlte aber auch nicht die pianistische Avantgarde. Paul Cibis wartete mit Ligeti auf, und Andreas Kern ließ es sich nicht nehmen, eine Komposition des 1965 in Heidelberg geborenen Moritz Eggert vorzustellen, bei der die Tasten nicht nur mit den Fingern, sondern auch mit dem Kinn und der Ferse des linken Fußes anzuschlagen waren. Das alles ging, wie Kern versicherte, streng nach Anweisung des Komponisten.

Improvisieren konnten die beiden aber auch. Publikumswünsche wurden spontan zu einem bunten Strauß bekannter Themen geflochten, ob sie nun von Chopin, Liszt oder Tschaikowski stammten. Und dazu gab es noch einen Ausflug zu Boogie Woogie und Elvis Presleys Rock 'n' Roll.

Und wozu wurde zu Beginn jedem Zuhörer eine Stimmkarte in die Hand gedrückt? Weil nach jedem der sechs Blöcke darüber abgestimmt wurde, ob der in Schwarz auftretende Paul Cibis oder der Weiß gekleidete Andreas Kern sich stärker in die Gunst des Publikums gespielt hatte. Natürlich war allen Zuhörern klar, dass hier kein ernsthafter Wettbewerb stattfand. Nach welchen Kriterien hätte man überhaupt beurteilen sollen? Und auch nach genauer Überlegung wäre wohl sechsmal ein Unentschieden zu vertreten gewesen. So dienten die Abstimmungen wohl kaum der strengen Beurteilung, sondern vielmehr der Auflockerung und der Dramaturgie des Abends. Zu der gehörten auch zwei Plädoyers in eigener Sache. Andreas Kern, der Mann am rechten Klavier, ließ durchblicken, dass er als Jugendlicher sich schon früh zum Klassenclown entwickelte, weil er damit unter seinen Mitschülern eher Sympathien fand als mit seiner tiefen Liebe zum Klavier und zur klassischen Musik.

Dass er bei der Schlussabstimmung als Sieger vom Platz ging, ist nebensächlich. Das Publikum feierte beide Pianisten, die sich für den begeisterten Beifall mit drei Zugaben bedankten.

(-tr)
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