Schwalmtal Das Bethanien-Kinderdorf in Waldniel wird 60 Jahre alt

Schwalmtal · Aktuelle und ehemaligen Kinderdorfeltern feiern heute den Geburtstag. Sie freuen sich auf viele "Weißt Du noch damals"-Geschichten

 Sie blicken auf 60 Jahre Kinderdorf-Geschichte: Schwester Veronika (v.l.), Kinderdorfmutter Ida Dunkel und Kinderdorfleiter Klaus Esser. Im Hintergrund ein Bild von Kinderdorf-Kindern in den 1960er-Jahren.

Sie blicken auf 60 Jahre Kinderdorf-Geschichte: Schwester Veronika (v.l.), Kinderdorfmutter Ida Dunkel und Kinderdorfleiter Klaus Esser. Im Hintergrund ein Bild von Kinderdorf-Kindern in den 1960er-Jahren.

Foto: Ahlen Heike

60 Jahre Kinderdorf Bethanien - das sind nicht nur sechs Jahrzehnte, sondern auch unzählige Kinder, die dort ein paar Wochen, ein paar Monate, ein paar Jahre oder sogar ihre gesamte Kindheit verbracht haben. Und die ersten, die 1956 als Kinder kamen, sind längst selbst Großeltern.

Was hat sich in diesen 60 Jahren verändert? Und was ist noch so, wie es war?

"Die Hilfsbereitschaft ist ungebrochen", sagt Schwester Veronika (76). Sie war von 1960 bis 1978 Kinderdorfmutter. Sechs Mal ist sie mit ihrer Familie im Kinderdorf umgezogen. "Zuerst fanden die Kinder das lustig, hinterher nicht mehr." Bei ihrem Start 1960 mussten aus dem Gartenhaus morgens noch Briketts und Kartoffeln aus den Souterrainzimmern geholt und dort gekälkt werden, nachmittags kamen neun Kinder an. Die Hilfsbereitschaft, das gemeinsame Anpacken: Es habe dafür gesorgt, dass alles klappt.

"Wir als Erwachsene wollen den Kindern immer noch das Beste mitgeben", sagt Ida Dunkel (62). "Die Ausgestaltung ist nur heute eine andere." Sie ist seit 1977 Kinderdorfmutter und lebt heute mit ihrer kleiner werdenden Familie nicht mehr im Kinderdorf, sondern in einer Siedlung in Waldniel.

Auch bei ihr waren es neun Kinder, Geschwister, die von heute auf morgen in ihr Leben traten. "Die erste Woche war die schlimmste, aber auch die schönste", sagt Ida Dunkel. Die Kinder mussten von Läusen, Krätze und Geschwüren befreit werden.

Der Beginn, das Leben miteinander zu teilen, kannte keine Arbeitszeiten. "Wir haben einfach gesagt: Ja gut, ich mach das", erinnert sich Schwester Veronika. "Aber wir sind manchmal auch unbedarft an Dinge herangegangen." Seit Mitte der 1990-er Jahre gibt es nicht mehr nur Kinderdorf-Familien, sondern auch Gruppen, die von Pädagogen im Schichtdienst betreut werden. Von den inzwischen 19 Gruppen sind noch sechs Familien. Es gibt Dienstpläne, es gibt Anfang und Ende - und die Sorge dafür, dass sich auch die Mitarbeiter nicht übernehmen. Wenn in den ersten Jahren auch mal zwölf oder 15 Kinder in einer Familie waren, sind es heute acht. Was nicht heiße, dass man nicht für einen absoluten Notfall alle Hebel in Bewegung setzen würde, um ihn doch noch aufnehmen zu können, sagt Kinderdorfleiter Klaus Esser. Er ist auch schon 24 Jahre in Bethanien. Nach einem Praktikum im Sonnenhaus während des Studiums der Heilpädagogik zog es ihn wieder dorthin zurück.

Zur Feier heute haben sich etwa 300 Ehemalige angesagt. Viele haben noch guten Kontakt zu ihren Kinderdorffamilien. Ida Dunkel hat 19 Enkel und ein Urenkelkind, die sie regelmäßig besuchen. "Es ist immer schön, zu erleben, wenn die Kinder groß geworden sind und ihren Weg gehen", sagt Schwester Veronika.

(hah)
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