Viersen Das abenteuerliche Leben eines Eier-Jägers

Viersen · Vor mehr als 40 Jahren stieß Norbert Optenplatz aus Alst in der Türkei auf zwei Ton-Eier. Seither hat er sich der Eier-Jagd verschrieben — bei Reisen, auf Trödelmärkten, bei Ausstellungen. Mehr als 1200 Stück besitzt der 65-Jährige jetzt. Besonderes Schmuckstück: Sein Gartenhaus im Ei-Format

 3,30 Meter Durchmesser, fünf Meter hoch - vor zehn Jahren installierte Optenplatz ein Gartenhaus in Ei-Form in seinem Garten. Die Decke ist dem Apfelblüten-Ei von Fabergé nachempfunden.

3,30 Meter Durchmesser, fünf Meter hoch - vor zehn Jahren installierte Optenplatz ein Gartenhaus in Ei-Form in seinem Garten. Die Decke ist dem Apfelblüten-Ei von Fabergé nachempfunden.

Foto: Busch

Norbert Optenplatz hat Eier mit Koransuren aus der Türkei, mit Marien-Darstellungen aus Russland, mit geschnitzten Elefanten aus Indien und Imitationen von Fabergé-Eiern. Er hat sie aus Holz, Ton, Porzellan, Silber, Lava und versteinerter Koralle, Alabaster, Onyx, Malachit und Basalt. Ganz zu schweigen von den echten Vogeleiern vom Nandu bis zum Zebrafinken, kunstvoll bemalt, beklebt, geschnitzt. Einige Eier waren früher nützlich: als Bonbonniere, Spieluhr, Spardose, Kühlschrank oder als Flohfalle in den hochaufgetürmten Damenfrisuren der vergangenen Jahrhunderte. Gut 1200 Eier hat der 65-jährige Rentner aus Alst in den vergangenen Jahrzehnten gesammelt.

Wen wundert es, dass Optenplatz für seine Sammlung einen eigenen Raum eingerichtet. Mit einem eiförmigen Fenster in der Tür und einem Türknauf - natürlich in Ei-Form. Wer das Zimmer betritt, sieht schnell: Das Ei ist ein universeller Kunstgegenstand, der in vielen Kulturen zu Hause ist.

Zu jedem der Eier kann Optenplatz eine Geschichte erzählen. "Das Ei aus Speckstein hier hat meine Schwester mir aus Indien mitgebracht. Durch die Löcher der Außenhülle haben die indischen Frauen im Inneren einen Elefanten geschnitzt. Über eine Woche, zwölf Stunden am Tag, haben die Frauen daran gearbeitet. Damit verdienten sie ihren Lebensunterhalt", erzählt der Brüggener, der bereits im Bürgerhaus und in der Brachter Mühle ausgestellt hat.

Manche Sammelobjekte haben christliche Motive: russisch-orthodoxe Madonnen, Heilige, Krippen, Engel und ein Ensemble aus sieben Hühnereiern, auf denen die Schöpfungsgeschichte vom ersten bis siebten Tagwerk abgebildet ist.

Eine Tafel in dem Zimmer informiert: "Ob Mensch, ob Tier, es bleibt dabei, der Ursprung ist ein kleines Ei." Wer Optenplatz die Frage nach dem Huhn und dem Ei stellt, bekommt ebenfalls eine klare Antwort: "Das Ei war zuerst da, vor etwa 30 Millionen Jahren. Es gab eine Art Urhuhn, das allerdings nicht zur Gattung der Vögel zählte."

Vor mehr als 40 Jahren ist Optenplatz selbst eher zufällig auf das Ei gekommen. Während eines Türkei-Urlaubs kaufte er einer hartnäckigen Markthändlerin zwei Toneier ab. "Ich habe sie zunächst achtlos irgendwo hingestellt. Erst Jahre später kam ich auf die Idee: Ach, da könnte man etwas draus machen", erzählt der 65-Jährige. Von da an hielt er auf Reisen, auf Ausstellungen und Trödelmärkten Ausschau nach Eiern.

Inzwischen sammelt der gelernte Tischler nicht nur, sondern entwirft selbst Eier vorzugsweise aus Holz. Spardosen für die Enkel etwa, kleine Tresore mit Schubladen und Flügeltürchen. Auf ein Ei hat er alle Münzen der D-Mark-Zeit gelötet, vom Pfennig bis zum Fünf-Mark-Stück. Drei größere Holzeier stehen im Wohnzimmer: Eines zeigt das Brachter Wahrzeichen, die Dohle in Ebenholz, ein anderes ein abstraktes Gesicht in Anlehnung an den Künstler Alexej Jawlensky und das dritte Holzei birgt in seinem Inneren eine Krippe - ganz sparsam: Maria, Josef und Jesus unter einem Sternenhimmel. "Das braucht seine Zeit, an manchen Stücken arbeite ich ein Jahr", erzählt Optenplatz. Sein größtes und wohl bekanntestes Ei steht in seinem Garten: 3,30 Meter Durchmesser und fünf Meter hoch, sein Gartenhaus. Den Betonsockel hat der Kunsthandwerker als Eierbecher gegossen. Die Haube ist aus Kupfer. Der Boden im Inneren zeigt das Mosaik einer Friedenstaube aus Marmor und 14.000 Granitsteinchen. Die Decke ist dem Apfelblüten-Ei von Fabergé nachempfunden. "Statt der Diamanten habe ich kleine Lämpchen eingesetzt", sagt der Tischler. "Das ist das Schönste, was ich gemacht habe."

Die Kunst am Ei verlangt handwerkliche Präzision. "Bei einer Kugel sind alle Seiten und Flächen gleich. Bei einem Ei aber laufen beispielsweise die gekrümmten Scheiben konisch nach oben zu. Alle Maße müssen genau berechnet werden", erklärt Optenplatz.

Eine neue Skulptur hat er gerade im Garten aufgestellt. Das über zwei Meter hohe Ei aus Basalt, Akazien- und Eichenholz zeigt an den Seiten vier Kreuze: Über ihnen steht Christi Geburt, Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt geschrieben.

Ein neues Objekt liegt bereits fertig zur Installation: das Gerippe eines Kirschbaums. "Das muss noch lackiert werden und dann hänge ich dort selbstgemachte Nistkästen auf", sagt Optenplatz. Die Kästen sind natürlich oval und haben abstrakte Gesichter. "Für dieses Jahr ist es zu spät, aber im nächsten Jahr werden die Vögel darin brüten", sagt der Rentner. Dann liegen echte Vogeleier in den Kunsteiern.

Sabine Janssen

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort