Viersen Babys lernen die Gebärdensprache

Viersen · Lange bevor ein Baby das erste Wort spricht, kann es sich bereits mit seiner Umwelt verständigen. Möglich macht es die Baby-Gebärdensprache. Kurse gibt es auch in Viersen

 Ute Boverkamp, freiberufliche Referentin für Familie, erklärt die Baby-Gebärdensprache.

Ute Boverkamp, freiberufliche Referentin für Familie, erklärt die Baby-Gebärdensprache.

Foto: Busch

Die Hände von Ute Boverkamp formen einen Kreis in der Luft. Das Zeichen für Ball. Danach führt sie die rechte Hand streichelnd an die rechte Wange, um dann mit den Fingern auf das Kinn zu tippen. "Ersteres bedeutet Mama, die zweite Bewegung steht für Papa", erklärt Boverkamp. Mit der rechten Hand den Bauch streicheln steht für Hunger und mit der rechten Hand auf die linke Handinnenfläche klopfen, steht für mehr. Was die freiberufliche Referentin für Familie zeigt, ist dabei keine normale Gebärdensprache, sondern die Baby-Gebärdensprache mit ZuV-Zeichen. ZuV steht für Zeigen und Verstehen. Sie helfen dem Baby, sich mitzuteilen, bevor es sprechen kann.

Die ZuV-Zeichen, die Boverkamp benutzt, sind von ihrer Viersener Kollegin Ute Elayne Rath entwickelt worden. Sie umfassen rund 200 Zeichen. "Ich habe diese Gebärdensprache schon bei meinen eigenen Kindern benutzt, aber erst vor gut anderthalb Jahren die offizielle Ausbildung für den Einsatz von ZuV gemacht", berichtet die Viersenerin, die eng mit Rath zusammenarbeitet.

Die Baby-Gebärdensprache an sich ist in den USA schon seit Jahrzehnten bekannt und erforscht. In Deutschland dagegen hat die Baby-Gebärdensprache noch keinen so großen Bekanntheitsgrad erreicht. Tatsache ist, dass ein Baby viel versteht, aber noch nicht sprechen kann. Der inaktive Wortschatz ist größer als der aktive. Babys können entwicklungsbedingt mit den Händen eher agieren als mit der Sprache. Mit den ZuV-Zeichen ist es in der Lage sein Sozialverhalten zu praktizieren und seiner Umwelt seine Wünsche mitzuteilen.

Zwischen dem sechsten und neunten Monat kann mit der Zeichensprache begonnen werden. Dies ist nämlich der Zeitpunkt, an dem Babys die notwendigen motorischen Fähigkeiten entwickeln, um die Hände koordiniert zu benutzen. Wenn ein Baby einen Gegenstand fallenlässt und diesem nachsieht, auf Dinge zeigt, Zeichen wie "Winke-Winke" macht und beginnt Gesten nachzuahmen, ist es auch in der Lage die Zeichensprache aufzunehmen. Am Anfang sollten Eltern Zeichen wählen, die die Grundbedürfnisse eines Kindes abdecken. Dazu gehören unter anderem "Milch", "Essen" und "Mehr". "Jedes Zeichen steht für eine bestimmte Handlung. Die Kinder können zwar noch nicht sprechen, aber sie lernen, was die Zeichen bedeuten und setzen sie ab einer gewissen Zeit für ihre eigenen Bedürfnisse ein", erklärt Boverkamp.

Ganz wichtig ist es, dass Zeichen immer mit dem gesprochenen Wort zu verbinden und das kontinuierlich. Neben der Kommunikation, die dadurch in einem gewissen Rahmen möglich ist und durch die sich die Babys ausdrücken können, schult das Ganze zudem die Feinmotorik und regt das Sprachzentrum an. Dazu fördern ZuV-Zeichen die Mund-Auge-Hand-Koordination, da die Babys lernen, sich gezielter zu bewegen. Durch die Zeichen lernen die Kinder schneller sprechen. Die allgemeine Denk- und Lernfähigkeit wird unterstützt, denn die Zeichen fördern die Gehirnentwicklung. Es bilden sich mehr Synapsen, da die linke Gehirnhälfte über die akustischen Reize und die rechte Hälfte über die visuellen Reize angesprochen wird. In einem mehrstündigen Kurs lernen die Eltern die Zeichen von den beiden Fachfrauen, wobei diese direkt in der Praxis mit den Kindern geübt werden. "Meine Kinder benutzen die Zeichen heute noch als eine Art Geheimsprache innerhalb der Familie. Jede Familie kann weitere Zeichen dazunehmen oder auch persönliche Zeichen einsetzen. Alles ist möglich", sagt Boverkamp.

(tref)
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