Viersen Archivfrage: Stadt stellt Forderungen

Viersen · Ob Viersen das Stadtarchiv mit dem Kreisarchiv zusammenführen will, ist weiterhin unklar. Der Kulturausschuss beschloss gestern, zunächst in den Fraktionen über strittige Punkte zu diskutieren

Hoch her ging es gestern Abend im Kulturausschuss der Stadt. Thema der Sondersitzung war die Archivfrage: Soll die Stadt Viersen ihr Archiv mit dem Archiv des Kreises Viersen zusammenführen oder nicht? Viele Bedenken begleiten die aktuelle Diskussion: Gibt die Stadt Viersen damit nicht die Kontrolle über ihr eigenes Archiv aus den Händen? Wird die gute Kultur- und Bildungsarbeit des Stadtarchivs in einem neuen Kreisarchiv fortgesetzt? Und: Wie kann die Stadt beschließen, einen Neubau mitzufinanzieren, dessen Kosten sie nicht kennt?

Die Stadtverwaltung hatte sich im Vorfeld klar positioniert und in ihrer Vorlage dem Kulturausschuss davon abgeraten, das Stadtarchiv mit dem Kreisarchiv zusammenzuführen - zu viele Fragen seien noch offen. Landrat Andreas Coenen (CDU), der die Archivfrage Anfang des Jahres aufgebracht hatte, schickte nun am Montag noch ein Schreiben an Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD), das gestern Abend dem Kulturausschuss vorgelegt wurde, ebenso wie eine Stellungnahme von Viersens Kulturdezernent Paul Schrömbges dazu. Coenen regt in seinem Schreiben an, Stadt und Kreis sollten über noch offene Punkte sprechen. Der Landrat bietet der Stadt auch an, dass das Personal aus dem jetzigen Stadtarchiv auch im neuen Kreisarchiv wie bisher für städtische Belange zur Verfügung stehen soll.

Schrömbges zufolge bedürfe das Schreiben des Landrats einer vertragsrechtlichen Nacharbeit. In seiner Stellungnahme zählt er acht Punkte auf, die für eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung wesentlich seien - darunter auch, dass das künftige Kreisarchiv seinen Sitz in der Stadt Viersen erhält, der Kreis die Mietkosten für das heutige Stadtarchiv-Gebäude trägt. Den acht Punkten fügten die Ausschussmitglieder zwei weitere Punkte hinzu: Zum einen soll ein Kostendeckel vereinbart werden (über dessen Höhe gestern Abend niemand zu sprechen vermochte), zum anderen soll ein Konzept für die Arbeit im neuen Archiv erstellt werden.

Über diese zehn Punkte wollen die Fraktionen nun bis zur Ratssitzung am Dienstag diskutieren. Dafür sprach sich der Ausschuss mit den Stimmen von CDU, FDP und Grünen aus, SPD und Linke hielten dagegen. Ebenso votierten die Ausschussmitglieder mehrheitlich dafür, dass die Stadtverwaltung eine Vorlage erarbeitet, die dem Rat zum Beschluss vorgelegt wird.

Dem Beschluss vorausgegangen war ein Für und Wider der Argumente. Das gestaltete sich zeitweilen recht chaotisch, bis einzelne Ausschussmitglieder, die Vorsitzende Anne Bieler (CDU) oder Schrömbges versuchten, Ruhe in die Diskussion zu bringen. Manuel García Limia hatte für die SPD dargestellt, warum sich seine Fraktion weiterhin gegen die Zusammenführung von Stadt- und Kreisarchiv aussprechen werde. Seine Argumente: Die Stadt habe mit dem Archiv ein Instrument der Bildung in der Hand, das sei bei Kreismusikschule und Kreisvolkshochschule anders. Ob die anderen Kommunen so glücklich damit seien, wenn Viersen im neuen Kreisarchiv eine Sonderrolle bekomme? Er kritisierte den Landrat, der mehrere Monate Zeit gehabt, aber nichts geliefert habe "außer ein paar netten Worten in der Rheinischen Post". Und er warnte: Wenn man nun einen Beschluss fasse, komme man aus der Nummer nicht mehr raus.

Laura Mavrides (CDU) und Werner Jungbluth (FürVie) schlugen versöhnlichere Töne an, kritisierten aber die Stadtverwaltung. Sie hätte sich die Inhalte der Vorlage, die gestern Abend auf den Tisch kamen, in der Verwaltungsvorlage gewünscht, erklärte Mavrides, die auch feststellte, dass sich die Stadtverwaltung fragen lassen müsse, warum man jetzt nicht klüger sei als vor vier Monaten? Noch seien Punkte zu besprechen, "aber die Signale sind da, dass man uns goldene Brücken baut". So empfand auch Jungbluth: Seine Fraktion hätte sich mehr Details gewünscht, "aber wir würden uns eine dicke Chance entgehen lassen, wenn wir jetzt schon Nein sagen". Frank a Campo (FDP) verlangte eine verlässliche Kostenschätzung und empfahl, nicht abzustimmen, sondern die Verwaltung eine Vorlage für die nächste Ratssitzung erarbeiten zu lassen.

Ozan Atakani (SPD) riet: "Bei der finanziellen Lage der Stadt Viersen fasse ich keinen Beschluss mit unklarem finanziellen Ausgang." Jungbluth erinnerte daran, dass der Landrat erklärt habe, die Kosten nicht nennen zu können, weil man noch nicht wisse, wer mitmache. Norbert Dohmen (Grüne) empfahl, man solle die Zustimmung an Bedingungen knüpfen, nannte unter anderem einen Kostendeckel.

Schließlich fragte Schrömbges, ob der Ausschuss den acht von ihm genannten Punkten weitere hinzufügen oder welche verändern wolle.So fügte der Ausschuss nach einer für gestern vergleichsweise kurzen Diskussion schließlich als Punkt 9 "Kostendeckel" und als Punkt 10 "Arbeitskonzept" hinzu.

(RP)
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