Schwalmtal Amern bekommt einen neuen Pfarrer

Schwalmtal · Amerns Pfarrer Harald Ulland hat als stellvertretender Superintendent viel zu tun. Deshalb braucht er Unterstützung. Auf Pfarrerin Anne Förster folgt jetzt Horst-Ulrich Müller. Mit Jazz und Literatur will er Menschen in die Kirche locken

 Pfarrer Horst-Ulrich Müller gefällt seine neue Wirkungsstätte, die evangelische Kirche am Kockskamp in Amern. Der Kirchenraum sei "warm und einladend", sagt er, und offen für viele Gestaltungsmöglichkeiten — "auch für Gottesdienste, die etwas anders sind."

Pfarrer Horst-Ulrich Müller gefällt seine neue Wirkungsstätte, die evangelische Kirche am Kockskamp in Amern. Der Kirchenraum sei "warm und einladend", sagt er, und offen für viele Gestaltungsmöglichkeiten — "auch für Gottesdienste, die etwas anders sind."

Foto: Birgitta Ronge

In den vergangenen Wochen ist Horst-Ulrich Müller durch Schwalmtal gefahren. Er hat sich die beiden evangelischen Kirchen in Waldniel und Amern angesehen, kam an neuen Wohnhäusern und alten Kneipen vorbei. Auch den Waldnieler Marktplatz hat Müller schon erkundet. "Ich wollte wissen, wie die Leute sind, die hier leben", sagt er. Und was hat er bemerkt? "Ein modernes Landleben", sagt Müller. "Das Ländlich-Bürgerliche fiel mir ins Auge. Hier sind viele moderne Häuser. Die Bewohner leben hier, arbeiten in Mönchengladbach oder Düsseldorf." Sein Fazit nach der ersten Tour: "Das sind Menschen, die ich ansprechen kann, Menschen, die vielleicht sagen: ,Ja, wenn es Jazz in der Kirche gibt, dann gehe ich auch in die Kirche.'"

Müller ist neu in Schwalmtal. Als Pfarrer wird er künftig in Amern der erste Ansprechpartner für die Menschen in der evangelischen Kirchengemeinde sein, dafür sorgen, "dass man fröhlich und lebensfroh getauft und würdevoll bestattet wird", wie es Müller formuliert. Denn Amerns Pfarrer Harald Ulland ist durch andere Aufgaben gebunden: Er wurde Ende 2012 zum stellvertretenden Superintendenten des Kirchenkreises Gladbach-Neuss gewählt. Seither braucht Ulland Unterstützung "an der Basis". Die junge Pfarrerin Anne Förster, die 2013 nach Amern kam, hat zum 1. August die Pfarrgemeinden in Altwied und Feldkirchen in Rheinland-Pfalz übernommen. Müller ist ihr Nachfolger.

Der 55-Jährige wuchs in Düsseldorf auf. Zunächst wollte er Deutschlehrer werden, doch nach drei Semestern entwickelte sich ein Kontakt zu einer Kirchengemeinde. "Da habe ich festgestellt, was mir Kirche für mein Leben geben kann", sagt Müller. Er sattelte um, studierte Theologie in Bonn, Tübingen und Wuppertal, wurde Vikar in Aachen und absolvierte zwei Jahre als Pastor im Hilfsdienst in Gmünd. 23 Jahre war er in Heiligenhaus tätig, auch in Amern will er Wurzeln schlagen: "Ich denke, das wird eine schöne lange Zeit werden, die ich hier bin."

Müller wuchs in einer Familie auf, in der man nur zu Ostern und an Weihnachten in die Kirche ging. "Freundliche Kirchenferne" nennt Müller die Menschen, die der Kirche wohlgesonnen sind, mit ihr aber nicht viel anfangen können, "diejenigen, die sagen, der Gottesdienst am Sonntagmorgen ist mir zu fromm, zu steif, und die Lieder sind mir zu depressiv". Diese "freundlichen Kirchenfernen" will er für die Kirche gewinnen. Ideen, wie das gelingen kann, hat Müller viele: "Man kann neben dem normalen Sonntagsgottesdienst, in dem die klassischen Lieder aus dem evangelischen Gesangbuch gesungen werden, einen Gottesdienst am Freitag- oder Samstagabend installieren, in dem richtig coole Lieder gesungen werden", schwärmt er. In dem es Gospel-, Jazz- oder Klezmermusik gibt. In dem Texte gelesen werden, die auf moderne Weise die Menschen ansprechen. In dem auch mal Videoclips gezeigt werden.

Sofort neue Dinge aufbauen will Müller nicht. Das normale Programm eines Pfarrers sei schon viel Arbeit, betont er. Zunächst will er die Schwalmtaler kennenlernen, Kontakte knüpfen. Und so vielleicht "freundliche Kirchenferne" finden, die Lust haben, Kirche selbst so zu gestalten, wie sie es brauchen. "Wenn sie ihren Geschmack, ihre Texte, ihre Lieder einbringen, dann gibt es andere, denen es ebenso ergeht und denen gefällt, was da passiert." Bestenfalls, so hofft er, lernen Menschen die Kirche durch Veranstaltungen kennen, bei Konzerten oder Theaterabenden, "dann weiß ich, dass da etwas Verlässliches ist, wenn es mir gut geht, aber auch, wenn es mir schlecht geht."

Müller, der gern liest - Sten Nadolnys "Die Entdeckung der Langsamkeit" ist sein Lieblingsbuch - gern Jazz hört oder mit dem E-Bike die Gegend erkundet, ist "Rheinländer durch und durch, ich habe keine Angst vor Menschen, bin gern im Gespräch". Raus aus dem Haus, hin zu anderen Menschen, das mache ihn glücklich, sagt Müller, "und dieses Glück gibt es bei uns." Seine Glücksformel für die Kirche: "Da simmer dabei, dat is prima!"

(RP)
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