Tönisvorst Zweisamkeit gelingt auch in der Kunst

Tönisvorst · Die neue Ausstellung im Trauzimmer des St. Töniser Standesamtes bringt die Künstler Christoph Sattler und Fritz Ingensiep zusammen. Neben ihren eigenen Werken zeigen sie auch gemeinsam erarbeitete Exponate.

 Fritz Ingensiep und Radierer Christoph Sattler in ihrer gemeinsamen Ausstellung im Trauzimmer des Standesamtes, die dort bis Weihnachten zu sehen sein wird.

Fritz Ingensiep und Radierer Christoph Sattler in ihrer gemeinsamen Ausstellung im Trauzimmer des Standesamtes, die dort bis Weihnachten zu sehen sein wird.

Foto: WOLFGANG KAISER

Verbindungen mit einem optimistischen Vertrauen in die Zukunft sind im Standesamt alltäglich. Bei den Künstlern Christoph Sattler und Fritz Ingensiep hat sich die Zusammenarbeit bewährt, ohne dass der eine vom anderen vereinnahmt wurde. Mit der aktuellen Ausstellung im Trauzimmer des Standesamtes von St. Tönis beweisen die beiden Tönisvorster, dass sie in ihrer Kunst Persönlichkeiten sind, die sich bei aller Verschiedenheit in der künstlerischen Sprache in der Mitte zum gemeinschaftlichen Tun treffen. Jeder zeigt Beispiele seiner Arbeit: Bei Sattler sind es Druckgrafiken, bei Ingensiep Metallreliefs. Eine kleine dritte Serie besteht aus Prägedrucken, die Sattler mit den von Ingensiep gearbeiteten Eisenplatten gedruckt hat. Das Ergebnis sind Prägedrucke von ausdrucksstarker Tiefe, dezent belebt mit behutsam eingebrachten Farben.

Fast könnte ihre Kunst in dieser Symbiose von Individualität und Gemeinschaftlichkeit an diesem speziellen Ort als Symbol für das Gelingen von Zweisamkeit gelesen werden. "Als wir uns trafen ..." ist die Präsentation in schöner Zweideutigkeit überschrieben. Der Titel ist bewusst so gehalten, dass sich Paare angesprochen fühlen können. Doch im Motto liegt zugleich eine Anspielung auf die entscheidende Begegnung der beiden Herren.

Sattler erzählt gerne davon: Auf einer Benefizausstellung im Rathaus von St. Tönis sei er auf Ingensieps Arbeit aufmerksam geworden. "Dessen Metallreliefs haben mich damals höchst fasziniert. Das müsste man mal drucken, hatte ich damals gedacht und ihn angesprochen. Aber er war erst einmal nicht so begeistert. Doch ein Jahr später stand Fritz vor meiner Tür - mit einer Platte. Wir haben es versucht, und das Ergebnis war toll", begeistert sich der 83-Jährige immer noch. Mit gewissem Stolz erzählt er, dass beide bei diesem Neuanfang bereits das achte Lebensjahrzehnt überschritten hatten. Für die Prägedrucke werden sowohl Platten verwendet, die Ingensiep frei nach seinen Vorstellungen bearbeitet, wie auch Metallreliefs, für die er Zeichnungen des anderen aufgreift.

Im solistischen Part der Ausstellung zeigt Sattler Farbradierungen zum Thema Schöpfungsgeschichte. "Ich wollte die Bilder eigentlich abstrakt halten. Doch ich bin empfänglich für Sprache, und da der Text der Genesis so sprachgewaltig ist, sind auch erkennbare Motive eingeflossen", erzählt der Künstler. Verbindendes Element dieser ausgewählten Blätter ist die Grundform von einem jeweils oben und unten angedeuteten Kreis für Himmel und Erde. Das Bild von der Erschaffung der Pflanzen wurde auch für das Stammbuch der Paare, die sich während der Ausstellungsdauer trauen lassen, ausgewählt. "Es ist ein Andenken, wie auch im Rahmen der Trauungen auf die Arbeiten eingegangen wird", erzählt Fachbereichsleiter Wilhelm Schouten.

Ingensiep zeigt Platten, die über ihre Strukturen faszinieren und auch eine feine Farbgebung ausstrahlen. "Meine Mutter sagte schon, wenn du etwas machst, dann machst du alles aus Eisen. Da habe ich einmal eine Platte ausprobiert und mache dies nun seit 45 Jahren", erzählt der 85-Jährige. Er arbeitet ohne Vorzeichnung und verzichtet auf Titel. Auf einem Metallrelief ist ein Klostereingang zu erahnen, meist erschafft er ein Spiel aus Strukturen und Farben, wie etwa bei der geheimnisvollen Arbeit mit Rot gegen Dunkel. Immer wieder entfaltet Rost eine ganz eigene Ästhetik. Dabei gesteht Ingensiep, dass er anfangs immer alles ganz glatt und einfach haben wollte. Doch jetzt nutze er bewusst den Rost. Dieser natürliche Prozess, der die Optik variiere, sei faszinierend.

(anw)
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