Tönisvorst Vom Computernerd zum Naturfreund

Tönisvorst · Als Kind baute Daniel Martens in St. Tönis Baumhäuser, heute ist er Geschäftsführer einer Agentur für digitale Medien. Von Cola und Gummibärchen ist er auf vegane Ernährung umgestiegen. Jetzt plant er einen Naturgarten für alle.

 Daniel Martens, Experte für digitale Kommunikation und Gründer eines Naturgartens, steht im Garten in St. Tönis vor einem Quittenbaum. Die Früchte hat er geerntet und kurzerhand zu Wein "verarbeitet".

Daniel Martens, Experte für digitale Kommunikation und Gründer eines Naturgartens, steht im Garten in St. Tönis vor einem Quittenbaum. Die Früchte hat er geerntet und kurzerhand zu Wein "verarbeitet".

Foto: HERIBERT BRINKMANN

Angefangen hat es mit Solarthermie auf dem Dach seines Studios in Rumeln-Kaldenhausen. Die konnte sich im Sommer auf 240 Grad aufheizen. Wohin also mit der überschüssigen Wärme? "Eine Wäscherei eröffnen, wollte ich nicht", sagt Daniel Martens. Also baute er vor das Gebäude in L-Form einen "Wintergarten" für allerlei frisches Gemüse. Und da die Nachbarn alle damit einverstanden waren, begann er einen kleinen Hang hinter dem Haus bis zu einer nahen Tankstelle als Naturgarten umzubauen. Für die Rumelner, die an der Tankstelle ihre Zigaretten holen, ist der kleine grüne Streifen ein ständige Kommunikationsquelle.

Das ist ganz im Sinne des 47-jährigen Kommunikationsdesigner, der in St. Tönis groß geworden ist und dort seine ersten Baumhäuser gebaut hat. Zusammen mit Pierre Naels leitet er "digi 3", eine Agentur für digitale Medien. digi 3 deshalb, weil die 15 Mitarbeiter auf drei Standorte verteilt sind. Neben dem Hauptsitz in Essen-Stadtwald arbeiten die Programmierer auch in Mettmann, die Grafiker erst in Krefeld-Oppum und jetzt in Rumeln-Kaldenhausen.

In Rumeln-Kaldenhausen ist ein richtiges Studio entstanden. Die vier Meter hohen Räume waren vorher ein galvanischer Betrieb und eine Autowerkstatt. Jetzt lädt die Agentur ab und zu zu Konzerten auf einer kleinen Bühne ein. Im Mai war die Songwriterin Sarah Lesch aus Leipzig da. Zur Gitarre singt Lesch gegen das Angepasstsein, gegen Konsum und staatliche Gleichmacherei. Ein Freigeist, das gefiel Daniel Martens.

Früher sei er ein richtiger Computernerd gewesen und habe täglich vier Flaschen Cola getrunken. Heute lebt er vegan - nur das Rauchen hat er noch nicht aufgegeben. Jetzt ist er ein wandelndes Lexikon zu Löwenzahn (basisch, gut gegen Sodbrennen) und Bärenklau, vom Joggen und Fahrradfahren bringt er neue Wildkräuter für den kleinen Naturgarten mit. Der kleine Naturgarten soll jetzt einen großen Bruder bekommen. Der Naturgarten an der Liebigstraße in Rumeln-Kaldenhausen ist ein Brachland im Besitz der Stadt Duisburg. Zusammen mit dem Amt für Umwelt und Grün, einer Bürgerstiftung und Martens Büro "Lillies n'birds" soll auf 2000 qm ein gemeinschaftlicher Naturgarten entstehen, in dem jedermann Garten-Parzellen bewirtschaften kann, Kräuter aus der Kräuterspirale oder essbare Wildpflanzen von Naturwiesen ernten kann. Nach den Leitsätzen Natur wiederentdecken, Eigenverantwortung lernen, Engagement fördern will das Projekt Leben und Gestaltung im Einklang mit der Natur im Viertel fördern. Und natürlich soll es auch ein Ort der Begegnung werden, des sozialen Miteinanders. Der Computer-Mensch kommt wieder ins Spiel, wenn Martens die Wildkräuter über QR-Codes leicht erklärbar machen will. Ein dunkelgrüner "Peter-Lustig-Bauwagen" existiert bereits. Der geplante große Naturgarten soll in unmittelbarer Nähe des Bayer-Werkes und der Krefelder Müllverbrennungsanlage Mut machen. Am Freitag soll bereits ein Brunnen gebohrt werden. Finanziert wird alles bisher durch Spenden.

Und spätestens jetzt kommt Daniel Mertens auf die globale Welt zu sprechen. Die Art und Weise, wie wir uns ernährten, führe in Afrika zu Hunger und Dürre. In unserer "ungesunden Kultur" plädiert er dafür, wieder die die lokalen Dinge zu entdecken und auch alte Fertigkeiten und Handwerke zu erhalten. Wir müssten wieder selber kreativ werden.

Und da muss man vielleicht bei Daniels Eltern anfangen. Seine Eltern Gisela und Wolfgang Martens sind beide Künstler, waren Kunsterzieher am Gymnasium Horkesgath. Vor 25 Jahren haben sie in der Eifel ein 300 Jahre altes Fachwerkhaus mit Scheune gekauft und gründlich renoviert, mit Lehm, hergestellt wie vor Jahrhunderten. Dort haben sie regelmäßig im "Kunststall" in Kronenburg Ausstellungen veranstaltet. Und im elterlichen Garten steht ein Quittenbaum. Die harten Früchte werden im Tiefkühler weich gemacht und dann zu Quittenwein vergoren. Man erahnt, was Daniel Martens mit der Schatztruhe Natur meint. Aber er wird gleich wieder ernst: Er glaubt, dass der Wohlstandsrausch irgendwann aufhören wird. Wir sollten auf ein gesundes Leben vorbereitet sein.

(RP)
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