Helmut Drüggen Stadtrat steht ein heißer Herbst bevor

Willich · Beim Sommerinterview sieht der Tönisvorster CDU-Kommunalpolitiker Helmut Drüggen "schwarze Wolken" heraufziehen.

 Im April 2012 wählte die CDU-Fraktion Helmut Drüggen zu ihrem Vorsitzenden. Drüggen, in Krefeld aufgewachsen, lebt seit 1980 in St. Tönis. 46 Jahre lang hat der zweifache Vater in der Krefelder Stadtverwaltung gearbeitet.

Im April 2012 wählte die CDU-Fraktion Helmut Drüggen zu ihrem Vorsitzenden. Drüggen, in Krefeld aufgewachsen, lebt seit 1980 in St. Tönis. 46 Jahre lang hat der zweifache Vater in der Krefelder Stadtverwaltung gearbeitet.

Foto: WOLFGANG KAISER

Seit der Kommunalwahl im Mai 2014 ist über ein Jahr vergangen. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Helmut Drüggen Das erste Jahr im Stadtrat ist ganz gut angelaufen. Unsere Fraktion hat sechs neue Mitglieder, die sich einarbeiten mussten. Der Haushalt wurde relativ ruhig verabschiedet, obwohl das Thema Konsolidierung nicht einfach ist. Alle Fraktionen bis auf die SPD haben zugestimmt. Der Landrat als Kommunalaufsicht hatte die Konsolidierung zu Recht angemahnt. Ich bin gespannt, ob es für 2016 neue Auflagen gibt.

Aber es gab im Rat auch kritische Entscheidungen und nicht bloß Harmonie unter den Fraktionen.

Drüggen Richtig, die Themen Blumenstraße, Mensa, Schulraumprogramm, OGS-Elternbeiträge und Unterbringung der Flüchtlinge waren durchaus kontrovers diskutiert, letztlich aber dennoch mit breiter Mehrheit verabschiedet worden. Mir sind einvernehmliche Lösungen lieber. Lokalpolitik ist dann am stärksten, wenn die Fraktionen gemeinsam eine Lösung finden. Bestes Beispiel ist für mich das Krankenhaus, für das ein neuer Träger und kompetenter Partner gefunden werden konnte. In der Krankenhausfrage haben alle Fraktionen eng zusammengearbeitet. Auch aktuell bei der Frage, ob wir die ehemalige Daihatsu-Zentrale für die Unterbringung von Flüchtlingen anmieten sollen, haben die Fraktionen bis auf die UWT alle an einem Strang gezogen.

Die CDU kann nicht alleine bestimmen. Wo suchen Sie Ihre Mehrheiten?

Drüggen Die CDU-Fraktion hat sich um einen Sitz reduziert, von 18 auf 17. Die Stimmen der CDU-Fraktion, des Bürgermeisters und die der FDP könnten schon ausreichen, um für Entscheidungen eine Mehrheit zu erhalten. Ich allerdings strebe einen größeren Konsens an. Es wäre auch ungerecht, bei FDP, Grünen und UWT nur von den drei "kleinen Fraktionen" zu sprechen. Diese drei kommen zusammen auf neun Stimmen, die ganze SPD auf elf. Also stellen die "kleinen Fraktionen" für mich eine deutliche politische Kraft dar. Aber im Tönisvorster Stadtrat gibt es sowieso keine festen Koalitionen. Mehrheiten müssen von Fall zu Fall gefunden werden.

Gehen Sie dabei auch auf die SPD zu?

Drüggen Selbstverständlich, auch mit der SPD gibt es gemeinsame Abstimmungen, etwa bei der Mensafrage. Auch beim Thema Planungskapazitäten in der Verwaltung sind wir gesprächsbereit. Die CDU ist da gesprächsbereit.

Bei den Flüchtlingen wälzt der Bund einen Großteil der Kosten auf die Kommunen ab.

Drüggen Ja, die Kommunen werden regelrecht im Regen stehen gelassen. Die Lasten der Unterbringung von Flüchtlingen müssen weitgehend die Kommunen aufbringen. So hat die Stadt Tönisvorst die ehemalige Daihatsu-Zentrale für zehn Jahre angemietet, um dort Flüchtlinge unterzubringen. Ich bin pessimistisch, ich glaube nicht, dass die zehn Jahre reichen werden.

Mit der Demo in Vorst hat es eine überzeugende Kundgebung für Integration und gegen Fremdenfeindlichkeit gegeben. Wird die Kostendiskussion diesen Aufbruch übertönen?

Drüggen Ich hoffe nicht. Natürlich stellt nicht nur die Unterbringung der Flüchtlinge, sondern auch der Lebensunterhalt und die Krankenkosten eine größere finanzielle Belastung der Kommunen dar. Aber wenn man das ausspricht, gilt man vielen direkt als ausländerfeindlich. Die Vorster Demo war ein Riesenerfolg und hat der "braunen Soße" eine deutliche Absage beschert. Auf dem Weg müssen wir weitermachen. Man muss alle Probleme aber komplex betrachten. So werden viele Flüchtlinge vom Balkan nach dem Asylgesetz nicht anerkannt, aber vom Land nicht konsequent zurückgeführt. Diese Flüchtlinge bleiben dann in den Kommunen.

Diese Kosten werden aber den Haushalt neu bestimmen.

Drüggen Diese Kosten müssen wir tragen, weil sie der Bund nicht übernimmt. Überhaupt ist der Haushalt einer Kommune durch viele Vorgaben fremdbestimmt. Bei uns hat sich aktuell ein Arbeitskreis mit dieser Frage beschäftigt. Herausgekommen ist, dass im Ergebnis kaum noch etwas übrig bleibt, über das ein Stadtrat frei bestimmen könne.

Das gilt bei einem Konsolidierungskonzept doch sowieso schon.

Drüggen Auch wenn die Haushaltabschlüsse noch ausstehen. Tönisvorst hat ein Defizit von 5 Millionen Euro. Das wird ein heißer Herbst. Ich habe ja schon in meiner Haushaltsrede von dunklen Wolken gesprochen.

Also stehen Steuererhöhungen an: Grundsteuer und Gewerbesteuer.

Drüggen Wir müssen die negativen Entwicklungen auffangen. Wie der Haushalt 2016 aussehen wird, kann zu einer Mutprobe für den Rat geraten. Es gibt noch einige Unwägbarkeiten. Wir wissen nicht, wie viel Geld beim Fínanzausgleich des Landes nach Tönisvorst fließen wird.

Die Stadt hatte doch einen Großteil der Schulden abgebaut.

Drüggen Ja, die langfristigen Schulden sind weitgehend abgebaut worden. Aber mir bereitet die dramatische Zunahme der Kassenkredite, kurzfristige Geldaufnahmen, um liquide zu bleiben, Bauchschmerzen. Sie liegen bei etwa 15 Millionen Euro. Wie lange geht das gut?

Sind denn bei der CDU die dunklen Wolken abgezogen?

Drüggen Das hoffe ich. Der Vorstand der CDU Tönisvorst sucht nach einem neuen Vorsitzenden. In die Suche bin ich miteingebunden. Der neue Vorsitzende sollte jünger als ich sein. Dass Michael Schütte sein Amt zur Verfügung stellte, hat nichts mit Maik Giesen zu tun. Da Schütte nicht zurückgetreten ist, sondern nur sein Amt zur Verfügung gestellt hat und so bis zur Wahl eines Nachfolgers im Amt bleibt, müssen wir nichts über Knie brechen. Noch hat aber niemand seinen Hut in den Ring geworfen.

(RP)
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