Tönisvorst/Willich Polizei zählt immer mehr Unfallfluchten

Tönisvorst/Willich · Immer häufiger fahren Unfallverursacher von einer Unfallstelle weg, ohne sich weiter um den Schaden zu kümmern. In der vergangenen Woche zählte die Kreispolizei 40 Unfallfluchten. Das sind noch verhältnismäßig wenig.

 Ein Kempener prallte Anfang des Monats zwischen Grefrath und Mülhausen gegen einen Baum und ließ das Auto zurück. Zeugenhinweise führten zu einer schnellen Festnahme.

Ein Kempener prallte Anfang des Monats zwischen Grefrath und Mülhausen gegen einen Baum und ließ das Auto zurück. Zeugenhinweise führten zu einer schnellen Festnahme.

Foto: gju

Ein älterer Herr touchiert auf dem Kirchplatz in St. Tönis zweimal ein parkendes Auto - und entfernt sich von der Unfallstelle. So hat es eine Zeugin kürzlich beobachtet. Und sie erinnert sich weiter: Kurze Zeit später kam der Mann zur Unfallstelle zurück, stieg aus, schaute sich den Schaden am anderen Fahrzeug an - und entfernte sich wieder. Die Zeugin hinterließ daraufhin einen Zettel mit ihrem Namen und dem Kennzeichen des Unfallflüchtigen an der Windschutzscheibe des beschädigten Fahrzeugs. Ermittlungen der Polizei ergaben, dass es sich bei dem Fahrer um einen 75-Jährigen aus Krefeld handelt. Mit dem Vorwurf konfrontiert, gibt er zwar zu, am Unfallort gewesen zu sein, einen Unfall will er jedoch nicht verursacht haben. Auch bestreitet er, ausgestiegen zu sein und sich den Schaden angeschaut zu haben.

Vielen Autofahrern ist offenbar nicht bewusst, dass sie sich strafbar machen, wenn sie einfach von einer Unfallstelle wegfahren, ohne sich um den Schaden zu kümmern. "Die Verkehrsunfallflucht, also das sogenannte unerlaubte Entfernen vom Unfallort, ist beileibe kein Kavaliersdelikt, sondern eine ernstzunehmende Straftat, auch wenn das von vielen Verkehrsteilnehmern so nicht registriert wird", sagt Peter Opdensteinen, Leiter der Direktion Verkehr. "Immer mehr Verkehrsteilnehmer entziehen sich nach Unfällen ihrer Verantwortung und lassen die Geschädigten auf einem oft nicht unerheblichen Schaden sitzen." Unfallflucht sei "nicht nur kein Kavaliersdelikt, sondern inzwischen schon ein regelrechtes Massendelikt". Bis Ende Mai dieses Jahres registrierte die Polizei 744 Verkehrsunfallfluchten - 6,44 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, in dem sie 699 Unfallfluchten zählte. Allein in der vergangenen Woche registrierte die Kreispolizei 30 Unfallfluchten, bei zwei davon wurden sogar Menschen verletzt. Selbst wenn Menschen verletzt werden, fährt also mancher Unfallverursacher noch davon - zum Beispiel nach Zusammenstößen zwischen Auto und Fußgänger oder Auto und Radfahrer. In solchen Fällen muss der flüchtige Unfallverursacher, der sich nicht um die verletzte Person kümmert, zusätzlich mit einem Strafverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung rechnen.

Mitunter melden sich Zeugen, die das Kennzeichen des flüchtenden Wagens notiert oder fotografiert haben - wie beim eingangs geschilderten Fall aus St. Tönis. Wird die Polizei zum Unfallort gerufen, von dem der Unfallverursacher geflohen ist, sichert sie Spuren und befragt Zeugen und Anwohner. Manchmal fahren die Beamten auch zur gleichen Zeit an einem anderen Tag wieder dorthin, um zu gucken, wer diese Strecke täglich nutzt - unter den Vorbeifahrenden könnte der Unfallverursacher sein.

So gelingt es der Polizei in vielen Fällen, den Verursacher eines Schadens zu finden. Von den 30 Unfallfluchten in der vergangenen Woche konnte die Polizei bisher 13 Fälle klären, die Ermittlungen laufen weiter.

Häufig gibt es Unfälle beim Ein- oder Ausparken. Da kommt jemand beispielsweise nach dem Einkauf zurück zum Auto, stellt Kratzer an der Tür fest oder entdeckt eine Beule an der Stoßstange. Oder er kommt morgens aus dem Haus und sieht, dass sein Wagen beschädigt wurde. Ein Unfallverursacher, der sich den verursachten Schaden ansieht und vielleicht denkt, der Kratzer sei schon nicht so schlimm, kann irren: "Dass Unfallflucht auch bei Sachschadensfällen keine Bagatelle ist, zeigt allein schon die Schadenshöhe, die heutzutage recht schnell einen hohen drei- oder vierstelligen Eurobereich erreicht", so die Polizei. Manch einer bemerkt auch, dass er einen anderen Wagen beschädigt hat, und versucht, den Vorfall zu vertuschen - zum Beispiel, indem er sein Auto auf einen anderen Platz stellt. Wer so handelt, werde bei einem Strafverfahren nicht wegen Fahrlässigkeit, sondern wegen vorsätzlichen Handelns be-straft, erläutert Opdensteinen.

(RP)
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