Tönisvorst Ortspolitik hinter verschlossenen Türen

Tönisvorst · Der sogenannte Initiativkreis sieben führender Ratsmitglieder beim Bürgermeister hat in den Fraktionen für Unmut gesorgt. Die Weitergabe von Informationen läuft unterschiedlich gut, mit dem UWT-Protest eskalierte dieses Projekt.

 Im Kommunalwahlkampf 2015 warb der SPD-Bürgermeisterkandidat Uwe Leuchtenberg für mehr Transparenz. Dafür steht er heute noch. Das Wahlkampfplakat von damals hängt heute noch im SPD-Büro an der Willicher Straße 6.

Im Kommunalwahlkampf 2015 warb der SPD-Bürgermeisterkandidat Uwe Leuchtenberg für mehr Transparenz. Dafür steht er heute noch. Das Wahlkampfplakat von damals hängt heute noch im SPD-Büro an der Willicher Straße 6.

Foto: W. KAISER

Bisheriger Tiefpunkt der Entwicklung war die merkwürdige Sitzung des Hauptausschusses am 28. Januar. Einziges Thema war der Haushalt 2016 mit dem Maßnahmenkatalog zur Konsolidierung samt Zeitschiene. Diskutiert wurde kaum, das einzige greifbare Ergebnis war die Verabschiedung eines Zeitplanes, in dem die einzelnen Sparvorschläge bis 2018 geprüft werden sollen. Die Fraktionsvorsitzenden der beiden großen Fraktionen sitzen sich gegenüber. Helmut Drüggen (CDU) und Dr. Michael Horst (SPD) schauten sich an und nickten unmerklich, schwiegen eisern. Fast wäre die Sitzung nach zehn Minuten wieder zu Ende gewesen, hätte es nicht weitere Wortmeldungen gegeben. So dauerte die Sitzung eine halbe Stunde.

Bei der Ratssitzung im Dezember stand eine beträchtliche Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuern an. Alternativlos, wie die Mehrheit meinte. Außer den drei Gegenstimmen der UWT votierten auch fünf CDU-Stadtverordnete mit nein. Der Dissens in der CDU-Fraktion ist offensichtlich. Manche Beobachter aus den Reihen der anderen Fraktionen sehen die Fortsetzung dieses Streits jetzt in der Krise des CDU-Ortsverbandes, dessen Vorstand nach drei Rücktritten neu gewählt werden muss. Fühlten sich die Nein-Sager nicht mitgenommen oder informiert, vertreten sie eine andere Politik als die alte Garde? Ein wichtiger Streitpunkt ist der sogenannte Initiativkreis, der in kleiner Runde das Vorgehen für die Haushaltsberatungen vorberät - hinter verschlossenen Türen und in einem Graubereich. Denn weder die Gemeindeordnung NRW noch die Hauptsatzung der Stadt Tönisvorst sehen ein solches Gremium vor. Es gab bisher lediglich den Ältestenrat und Dringlichkeitsentscheidungen.

Der Initiativkreis ging wohl aus einer Anregung der Vorsitzenden der beiden großen Fraktionen hervor. Der Bürgermeister nahm diesen Wunsch, im kleinen Kreis schwierige Themen vorzubesprechen, gerne auf. Der Initiativkreis hat eine lange Vorgeschichte: Der Erhalt und der damit einhergehende Trägerwechsel beim bisher städtischen Krankenhaus war eine komplizierte Thematik. Als alles in trockenen Tüchern war, erklärten beteiligte Politiker mehrmals und überaus zufrieden, alles "geheim" im kleinen Kreis vorbereitet zu haben - ohne störendes öffentliches Diskutieren. Dieses "Erfolgsmodell" wurde neu belebt, als die Unterbringung von immer mehr Flüchtlingen dringlicher wurde. Auch die Daihatsu-Anmietung wurde so vorbereitet. Auch das war für die meisten Ratsmitglieder noch wohlbegründet.

Beim Haushalt wählte die Stadt ein "neues Format", eine nicht-öffentlicher Klausur des Stadtrates zum Haushalt an einem Samstag. Und auch das Vorgehen, Steuererhöhung vorziehen und Sparvorschläge später beraten, wurde im Initiativkreis vorbesprochen. Besonders die kleinen Fraktionen hatten dabei Probleme, ihrem Profil treu zu bleiben und dem Handlungsdruck nachzugeben. Die UWT reagierte erbost auf eine abgesagte Ratssitzung - und wurde im alternativ angesetzten Hauptausschuss vorgeführt. Der stellvertretende Bürgermeister Uwe Leuchtenberg (SPD) verließ vorzeitig den nichtöffentlichen Teil der Hauptausschusssitzung. Er hält den Initiativkreis für unglücklich, glaubt aber auch, dass jetzt sein Ende gekommen sei. Im Wahlkampf hatte Leuchtenberg für mehr Transparenz in der Politik geworben. Das "Mitreden der Bürger" hat für ihn auch heute oberste Priorität. Das war Vorbedingung für die Kandidatur und gelte heute noch.

(RP)
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