Tönisvorst Kein Platz für Tom und Hannah-Sophie

Tönisvorst · In Vorst gibt es zu wenige Plätze an der Offenen Ganztagsgrundschule. Für Familien, in denen beide Eltern berufstätig sind, ist das ein Problem. Der Förderverein bietet jetzt eine dritte Betreuungsgruppe an.

 An der Offenen Ganztagsgrundschule am Amselweg in Vorst gibt es nicht genügend Plätze.

An der Offenen Ganztagsgrundschule am Amselweg in Vorst gibt es nicht genügend Plätze.

Foto: Wolfgang Kaiser

Eigentlich wollte Kathrin Fontain nach den Sommerferien wieder zurück auf ihre 25-Stunden-Stelle als Erzieherin in Krefeld. "Mein älterer Sohn kommt in die Schule, der Kleine bekommt einen Ganztagsplatz im Kindergarten und ich dachte, ich kann wieder arbeiten", sagt die Vorsterin. Daraus wird nun aber wohl nichts, denn an der Vorster Grundschule gibt es für das nächste Schuljahr nicht genug Plätze im offenen Ganztag (OGS).

Die Stadt spricht von zwölf Kindern, die auf der Warteliste stehen, laut Familie Fontain sind es 14 Kinder. "Ob es zwölf sind oder 14, ist auch egal, auf jeden Fall gibt es hier ein Problem", sagt Kathrin Fontain. Ihr Mann, der in Wechselschicht bei einer Werkfeuerwehr arbeitet, macht der Stadt Vorwürfe: "Die Stadtverwaltung kannte den Bedarf frühzeitig und hat vollkommen versagt. Der Bürgermeister redet sich mit fadenscheinigen Ausreden aus der Verantwortung."

Bürgermeister Thomas Goßen sieht das anders. "Wir haben gesehen, dass der Betreuungsbedarf da ist und einen realistischen Weg gesucht, um schnell reagieren zu können", sagt Goßen. Gemeinsam mit dem Förderverein der Grundschule, der eine Übermittagsbetreuung bis 14 Uhr anbietet, habe die Stadt beschlossen, eine dritte Gruppe zu öffnen. 23 Kinder mehr als bisher können bis 14 Uhr in der Schule bleiben. Insgesamt gibt es in der Vorster Grundschule dann 75 Plätze in der OGS und 75 Plätze in der Betreuung bis 14 Uhr.

Familie Fontain ist damit aber nicht geholfen. "In der Gruppe gibt es kein Mittagessen, keine Hausaufgabenbetreuung, keine Betreuung in den Ferien und 14 Uhr ist für uns zu früh", sagt Kathrin Fontain. Das Angebot vom Bürgermeister, das Kind an der Katholischen Grundschule in St. Tönis einzuschulen, wo noch zehn OGS-Plätze frei sind, ist für die Fontains wegen der Fahrerei ebenfalls keine Option. "Die Stadt muss handeln, auch, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Die Nachfrage steigt, und der Bedarf wird durch das Neubaugebiet Vorst-Nord noch größer", ist Kathrin Fontain sicher.

Auch Familie Sirtl sieht das so. Ihre Tochter steht ebenfalls auf der Warteliste. "Ich bin selbstständig und habe mich ab August in ein Ladenlokal miteingemietet", sagt Kristina Sirtl, deren Mann im Schichtdienst arbeitet. "Die Miete muss ich zahlen, aber wenn wir keine Betreuung für Hannah-Sophie finden, kann ich das Geld nicht erwirtschaften. Das ist für unsere Familie existenzgefährdend." Auch Kristina Sirtl wirft der Stadt vor, die Entwicklung verschlafen zu haben. "Man sieht doch, wie viele Kindergartenkinder einen Ganztagsplatz haben, da weiß man doch auch, wie viele später einen OGS-Platz brauchen."

Allerdings gibt es keinen Anspruch auf eine Betreuung nach dem Unterricht und in den Schulferien, vielmehr handelt es sich um eine freiwillige soziale Leistung. Tönisvorst bietet derzeit 385 OGS-Plätze an, die über den Elternbeitrag und aus dem allgemeinen Haushalt finanziert werden. Ein OGS-Platz kostet den Steuerzahler 2370 Euro pro Jahr, insgesamt schlagen die OGS also mit 912.450 Euro zu Buche. "Grundsätzlich ist es das Ziel, allen Kindern einen OGS-Platz zu ermöglichen, deren Eltern Bedarf haben", sagt Bürgermeister Goßen. Die Sache müsse aber finanzierbar bleiben.

Im Tönisvorster Schulausschuss, wo das Thema bei der vorigen Sitzung schon auf der Tagesordnung stand, haben die Politiker beschlossen, dass die Eltern ab dem Schuljahr 2018/19 jährlich neu belegen müssen, dass sie den OGS-Platz für ihr Kind auch wirklich brauchen.

(WS03)
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