Tönisvorst Inklusion sorgt für lange Wartelisten

Tönisvorst · Der neu gegründete Förderverein HPZ Kindertagesstätte übergab gestern bei einem Spielefest offiziell das gespendete Krabbelgerüst "Zwergenwerkstatt" an das HPZ im Hochbend. Dort werden 88 Kinder mit Förderbedarf betreut.

 Alexander Schmanke, HPZ (links) und Leiter Roland Büschgens (hinten rechts) mit Yvonne Lygan und Conchy Vega Bravo de Mancilla vom Vorstand des Fördervereins freuen sich mit den ersten Kindern über das neue Spielgerät.

Alexander Schmanke, HPZ (links) und Leiter Roland Büschgens (hinten rechts) mit Yvonne Lygan und Conchy Vega Bravo de Mancilla vom Vorstand des Fördervereins freuen sich mit den ersten Kindern über das neue Spielgerät.

Foto: ACHIM HÜSKES

Der Wetterbericht mahnte zur Vorsicht. Kurzerhand wurde das Spielefest beim Heilpädagogischen Kindergarten nach drinnen verlegt. Doch am Nachmittag gab's Sonnenschein und blauen Himmel. Und so konnten die Kinder sofort nach Herzenslust das neue Spielgerät im angrenzenden Waldstück erobern. Das Krabbelgerüst "Zwergenwerkstatt" ist die erste Spende des im vergangenen Jahr gegründeten Fördervereins. Mit vielen kleinen und drei Großspenden kamen 4600 Euro zusammen, um die Zwergenwerkstatt zu finanzieren. Das Spielgerät, stabil mit Aluminiumstützen und poppig bunten Teilen aus recycelten Kunststoff, ersetzt ein 18 Jahre altes Spielgerät aus Holz, das im Laufe der Jahre verrottet war und abgebaut werden musste.

Der erste Teil des neuen Spielgerätes steht, jetzt wird weiter gesammelt. Für die Ergänzung des Spielgerätes um ein weiteres größeres Element werden noch einmal 7000 Euro benötigt. Solche Anschaffungen sind im Etat der Kindertagesstätte nicht mehr drin. Roland Büschgens, Leiter der Heilpädagogischen Kindertagesstätte, und Alexander Schmanke, Geschäftsleiter Rehabilitation, weisen nüchtern darauf hin, dass die öffentlichen Mittel für Kindertagesstätten immer weniger Handlungsspielräume zulassen, um eigene Ideen und Wünsche zum Wohle der Kinder sowie ihrer Eltern zu realisieren. Die öffentlichen Mittel stellen den Betrieb sicher. Büschges schränkt aber ein, dass die Pauschalbeträge nicht mehr die Kosten decken. So seien die Personalkosten um 4 Prozent gestiegen, die Erstattung aber nur um 1,2 Prozent.

Da in Zukunft die Mittel im Sozialbereich weiter schrumpfen, haben sich motivierte Eltern und Fachkräfte des HPZ im vergangenen Jahr zusammengetan, um einen Förderverein zu gründen. Zum ersten Vorsitzenden wurde Theo Berger, ein ehemaliger HPZ-Mitarbeiter im Ruhestand, gewählt. Zweite Vorsitzende ist Mutter eines Kindes der HPZ-Kindertagesstätte, Conchy Vega Bravo de Mancilla, ebenso Kassiererin Yvonne Lygan. Sie stellten gestern auf dem Spielefest, zu dem die Kinder ihre Eltern, Geschwister und Großeltern mitbringen können, den Förderverein vor und warben neue Mitglieder.

Maximal 88 Kinder besuchen die elf Gruppen der Heilpädagogischen Kindertagesstätte und werden von jeweils zwei Fachkräften betreut. Es handelt sich um Kinder mit einem besonderen Förderbedarf. Therapeuten aus den Bereichen Ergo-, Physio-, Sprachtherapie und Motopädie stehen allen Gruppen zur Verfügung. Für Kinder, die eine Diagnose für eine festgestellte oder drohende Behinderung haben, können die Eltern bei den Sozialämtern im Kreis Viersen oder in der Stadt Krefeld einen Antrag stellen. Die Kinder werden dann durch das Gesundheitsamt untersucht. Das HPZ hat 88 geförderte Plätze für solche Kinder eingerichtet. Reichte das Platzangebot früher gut aus, so gibt es heute eine lange Warteliste. Durch die Inklusion wurden viele integrative Gruppen aufgelöst. Doch viele Eltern hätten inzwischen festgestellt, dass ihr behindertes Kind trotz Inklusion in einer normalen Kita nicht optimal gefördert werden könne. Jeden Tag klingelt das Telefon bei der HPZ-Kindertagesstätte. Politisch sei eine Einrichtung wie die seine, so Roland Büschges, nicht mehr erwünscht. Unter dem Strich sei man trotzdem froh, dass es sie gebe.

Der Altbau mit dem Fachwerkgiebel und dem umgebenden Waldgelände kann auf eine 100-jährige Tradition zurückblicken. Als "Walderholungsstätte" beherbergte sie nach 1908 Tagesausflügler aus Krefeld und später unterernährte Kinder aus dem Ruhrgebiet.

(RP)
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