Tönisvorst Im neuen Jahr viele Weichen neu stellen

Tönisvorst · Das Tönisvorster Rathaus muss neues Spitzenpersonal suchen, gleich zwei Fachbereiche sind betroffen. Auch die Pläne für einen zentralen Verwaltungsneubau werden konkreter. Zudem hat ein Anbau im Schulzentrum gute Chancen.

 In diesem Jahr will der Stadtrat grundsätzlich die Frage eines neuen zentralen Verwaltungsstandortes angehen. Das bisherige Rathaus an der Bahnstraße/Wilhelmsplatz könnte dafür aufgegeben werden.

In diesem Jahr will der Stadtrat grundsätzlich die Frage eines neuen zentralen Verwaltungsstandortes angehen. Das bisherige Rathaus an der Bahnstraße/Wilhelmsplatz könnte dafür aufgegeben werden.

Foto: WOLFGANG KAISER

Das neue Jahr wird Tönisvorst viele Veränderungen bringen. Dazu braucht man weder Prophet zu sein, noch eine Glaskugel zu befragen. Denn bereits jetzt ist klar, dass es in der Verwaltung hektisch wird. Denn gleich für zwei Fachbereichsleiter müssen neue Kräfte gefunden werden: Im Planungsbereich verlässt Marcus Beyer das Vorster Rathaus in Richtung Kempen, wo er ab April Technischer Beigeordneter wird. Im Mai geht Wolfgang Schouten, als Fachbereichsleiter für Ordnung und Personal zuständig, in den Ruhestand. Während Schoutens Ausscheiden lange bekannt ist, kam Beyers Weggang eher überraschend. Und als ob das nicht schon reichen würde, steht im Mai auch noch die Wiederwahl der Beigeordneten und Kämmerin Nicole Waßen an. Vor einem Jahr hat sie ihre Bereitschaft erklärt, sich der Wiederwahl zu stellen - für Tönisvorst ein Glücksfall. Vor einem Jahr hätte man das auch als Formsache angesehen, die versierte Fachfrau hat in allen Fraktionen einen breiten Rückhalt. Doch der Dauerstreit um die Bilanzierung der Krankenhaus-Übertragung und die Kritik am Jahresabschluss 2014 fällt in ihren Verantwortungsbereich, ebenso wie den des Bürgermeisters. Da hilft es wenig, die Verantwortung auf den Landrat zu schieben, der den Jahresabschluss abgenickt hat. Trotzdem darf ihre Wiederwahl nicht in Gefahr geraten.

Beim Bürgermeister halten sich hartnäckig Vermutungen, er sei amtsmüde und wolle 2020 nicht mehr kandidieren. Das facht natürlich die Spekulationen an und das Schaulaufen möglicher Kandidaten. Bevor mit Andreas Coenen in Viersen ein neuer Landrat gewählt wurde, hieß es, Goßen ginge zum Kreis - was dann doch nicht passierte. Jetzt heißt es, er geht nach Düsseldorf, vielleicht Bezirksregierung oder Ministerium? Manchmal klingen solche Mutmaßungen wie ein schlechtes Wegloben.

 Das ehemalige Cray-Valley-Gelände an der Mühlenstraße gehört dem Total-Konzern. Dieser hält die Stadt weiter hin.

Das ehemalige Cray-Valley-Gelände an der Mühlenstraße gehört dem Total-Konzern. Dieser hält die Stadt weiter hin.

Foto: Wolfgang Kaiser

Auf jeden Fall ist Bürgermeister Thomas Goßen vor Ort stark gefordert: Er muss die Verwaltung an der Spitze umbauen, vor allem neue, gute Kräfte suchen. Er muss dies in Verbindung mit den Fraktionsvorsitzenden tun, gerade im Binnenverhältnis von Rathaus und CDU-Fraktionsvorstand herrschte nicht immer eitel Sonnenschein. Zumindest wirkte das nach außen hin so.

Aber es geht nicht nur um ein Personalkarussell, sondern auch um konkrete Vorhaben. Die Neubaugebiete Vorst-Nord und Schäferstraße in St. Tönis werden in die Tat umgesetzt. Bei den Gewerbegebieten sieht die Situation nicht so rosig aus. Es fehlt an Platz für Neuansiedlungen, die Stadt hat keine Flächen mehr, neue Gewerbegebiete dürfen nicht ausgewiesen werden. Die Flächen an der Mühlenstraße, das ehemalige Cray-Valley-Gelände, könnten vermarktet werden, Interessenten waren da (und sind vielleicht bereits wieder abgesprungen, weil sie sich umorientiert haben. Auch Hefe van Haag hat in Tönisvorst nichts gefunden und baut jetzt in Kempen neu). Der Eigentümer, die Total AG Berlin, will das Gelände nicht verkaufen, aber selbst vermarkten. Für einen Weltkonzern wie Total, in dem die Entscheidungen letztendlich nicht in Berlin, sondern in Paris getroffen werden, ist das Gelände in St. Tönis zu klein, um wirklich Interesse zu wecken. So hält der Mineralölkonzern die Stadt weiter hin, mit 2017 ist wieder ein Jahr ergebnislos verstrichen, für 2018 sind keine Veränderungen zu erkennen.

Was dagegen schnell gehen könnte, sind zwei Projekte, die zum Teil bereits seit Jahren diskutiert werden: Gemeint ist in erster Linie der Verwaltungsneubau, aber auch für einen Anbau im Schulzentrum Corneliusfeld scheint sich eine Mehrheit anzubahnen. Die Haushaltsreden von CDU und SPD in der Dezember-Ratssitzung waren eindeutige Plädoyers, die Frage des Verwaltungssitzes endlich anzugehen. Bisher ist die Verwaltung auf mehrere Gebäude verteilt. Neben dem historischen Rathaus an der Hochstraße mit dem Ratssaal gibt es noch das Rathaus an der Bahnstraße, das energetisch dringend erneuert werden müsste. Die Kämmerei residiert neben dem Krankenhaus in einem Gebäude an der Hospitalstraße, und die technische Abteilung ist im historischen Rathaus in Vorst zu finden, das ebenfalls dringend saniert werden müsste. Angedacht ist der Verkauf des über 100 Jahre alten Gebäudes, der Erlös flösse in die Finanzierung eines Neubaues. Ebenso wäre das Gelände an der Bahnstraße ein lukratives Grundstück in direkter Nähe zur Innenstadt. Das Rathaus an der Hochstraße bliebe als erste Anlaufstelle erhalten. Für dieses Jahr dürfte eine interessante Diskussion zu erwarten sein. Und auch, wenn noch nicht direkt investiert und gebaut wird, müssten in den nächsten zwölf Monaten die Weichen dazu gestellt werden.

Vieles kann man natürlich auch nicht vorausahnen. Der Austritt von Michael Schütte aus der CDU-Fraktion bringt neue Überlegungen ins Spiel. Er kann natürlich als fraktionsloses Ratsmitglied weiter machen oder sich einer anderen Fraktion anschließen. Wäre er bei der UWT willkommen oder störte dies das harmonische Miteinander mit der CDU? In der nächsten Ratssitzung wird Schütte ein neuer Platz zugewiesen, neben Herbert Derksen, als GUT-Ratsherr ebenfalls fraktionslos. Wenn sich beide zur GUT-Fraktion zusammentun, hätte das Auswirkungen auf die Besetzung der Ausschüsse. Doch Schütte bleibt zurückhaltend und sondiert erst einmal das Feld.

Während sich in Willich CDU und Grüne auf eine strategische Partnerschaft einlassen, um stabile Mehrheiten für die Beigeordnetenwahl zu haben, ist das in Tönisvorst nicht so eindeutig geklärt. Vom Abstimmungsverhältnis ziehen CDU meistens mit FDP und UWT an einem Strang, während sich SPD und Grüne neu gefunden haben, zumindest um gemeinsame Anträge zu stellen. Bei der Haushalts-Diskussion gab es aber auch eine neue Nähe der SPD zur CDU. Was da Taktik und echt ist, bleibt noch vage. Wie es weitergeht, hängt auch von der Frage ab, wie die SPD weiter mit dem CDU-Ratsherrn Georg Körwer und seiner Kritik am Jahresabschluss umgeht.

Völlig offen erscheint das Verhältnis zwischen Sport und Stadtspitze. Nach der Auflösung des Stadtsportbundes gab und gibt es keine Sportlerehrung mehr in Tönisvorst. Die Stadt rechnet vor, wie viel sie in die Sportstätten investiert, die Sportvereine fühlen sich trotzdem nicht ernst genommen. Ein Kommunikationsproblem kann man lösen, anderes wird schwieriger.

Der Ruhestand von Pfarrer Ludwig Kamm und sein Wegzug aus Vorst hat auch dem letzten klargemacht, dass sich bei den katholischen Gemeinden viel verändert. Die neue Struktur in der Gemeinschaft der Gemeinden Kempen-Tönisvorst wird sich in diesem Jahr erstmals bewähren müssen, vielleicht wächst zusammen, was bisher nicht zusammengehörte.

(RP)
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