Tönisvorst Geldscheine erzählen viele Geschichten

Tönisvorst · Ganze Bildergeschichten auf Papiergeld, Notgeldmünzen aus Aluminium, teilbare Geldscheine - mit der Ausstellung "Mehr Schein als Sein" aus der Sammlung von Otto Merkelbach entführt der Heimatbund in die Welt des Geldes.

 Klaus Lenzen hat die Exponate zusammen mit Udo Beckmann aufgebaut.

Klaus Lenzen hat die Exponate zusammen mit Udo Beckmann aufgebaut.

Foto: Kaiser Wolfgang

Auf den ersten Blick sind es nur unterschiedliche Münzen, die in der Vitrine liegen. Wenn Klaus Lenzen aber die Türen öffnet und einige der Münzen in die Hand nimmt, dann wird Geschichte lebendig. "Das sind allesamt Notgeldmünzen. Die Edelmetalle wurden für den Krieg eingesammelt und standen nicht mehr zur Verfügung. Staatliches Notgeld entstand so zuerst aus Eisen, dann aus Zink und letztendlich aus Aluminium. Dabei durfte nicht nur der Staat prägen, sondern auch die Städte erhielten dazu die Erlaubnis. Jede Stadt hatte quasi ihr eigenes Notgeld", berichtet der Münzspezialist vom Heimatbund St. Tönis. Eine Münze mit gezahntem Rand war Krefelder Straßenbahngeld und diente dort entsprechend als Zahlungsmittel.

Aber nicht nur Münzen sind im Heimathaus des Heimatbundes zu sehen. Unter dem Titel "Mehr Schein als Sein" hat sich der hintere große Raum des Hauses in eine Ausstellungsfläche für Notgeldscheine verwandelt. Zum ersten Mal stellt der Verein Notgeld aus der Sammlung des verstorbenen Ehrenvorsitzenden des Heimatbundes, Otto Merkelbach, vor. "Wobei wir hier knapp die Hälfte seiner Sammlung zeigen. Die aktuelle Ausstellung befasst sich mit dem Zeitrahmen von 1916 bis 1922", sagt Lenzen, der zusammen mit Udo Beckmann alles aufbaute.

 In der Ausstellung sind auch Notgeldscheine aus St. Tönis zu sehen, die vom Niedergang der Heimweberein im Ort durch das Aufkommen der mechanischen Webstühle berichten.

In der Ausstellung sind auch Notgeldscheine aus St. Tönis zu sehen, die vom Niedergang der Heimweberein im Ort durch das Aufkommen der mechanischen Webstühle berichten.

Foto: W. KAISER

Zu sehen gibt es reichlich. Da ist der Gutschein über 100 Pfennige, der laut Aufdruck bis zum 31. Oktober 1921 gültig und im Innungshaus Krefeld einzulösen war. Den Schein ziert dabei der Aufdruck "Oktoberfest". Dazu sind das Bild einer Flasche Schwarzkloster Edellikörs sowie das von zwei lorbeerkranzumrankten Bierkrügen zu sehen. "Ob das Ganze in diesem Fall eine Art Vorläufer einer Wertmarke für eine bestimmte Veranstaltung war, kann nicht genau gesagt werden", berichtet Lenzen. Witzig ist das teilbare Geld. Der Eine-Mark-Schein konnte zu zwei 50 Pfennig Varianten geteilt werden.

Das Papiergeld erzählt sogar ganze Geschichten auf mehreren Scheinen. In St. Tönis ist es so der Untergang der Heimwebereien, der mit gemalten Bildern und entsprechenden kleinen Texten auf dem Papiergeld festgehalten wurde. Es gibt aber auch Scheine mit Sankt Antonius darauf, der, wie es auf Platt verkündet wird, der Schutzpatron des Ortes ist. Auf den Scheinen von Xanten ist der Heilige Georg beim Drachenkampf zu sehen, die Schönheiten von Rügen erscheinen, es gibt einen Einblick in die Höhlen von Attendorn, und Berlin präsentiert sich, Schein für Schein, mit all seinen Stadtteilen. Hüls erzählt die Geschichte eines stadtbekannten Fuhrmanns, der gerne tief ins Glas schaute, und aus Arnstadt grüßen historische Bauten. "Der Geldschein von Rhöndorf am Rhein ist auch etwas Besonderes. Man muss aber genau hingucken", sagt Lenzen und deutet auf den Schein, der den Drachenfels zeigt. Merkelbach schickte diesen Schein einst zu Konrad Adenauer, der in Rhöndorf lebte, und bat um eine Unterschrift. Und genau diese ziert den Schein. Die zu sehenden Notgeldscheine dienten dabei nicht alle nur dem Zahlungsmitteleinsatz. Durch die bunten Motive und Sprüche auf dem Notgeld, teilweise mit direkten lokalen Bezug, wurden sie schon früh zu Sammelobjekten, so dass die damaligen Städte und Gemeinden Scheine druckten, die Papnur als Sammelobjekte gehandelt wurden. Zu nahezu jedem Ausstellungsstück weiß Lenzen etwas zu berichten. Aber auch wenn man einfach so durch die Ausstellung geht, gibt es jede Menge zu entdecken.

(tref)
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