Tönisvorst Geheimnisvoller Kreisgraben freigelegt

Tönisvorst · Noch rätseln die Archäologen im Grabungsgebiet Vorst-Nord, was sie da genau gefunden haben. Vorerst handelt es sich nur um Bodenverfärbungen, die ein 40 Zentimeter breiter kreisrunder Graben dort hinterlassen hat.

 Archäologin Melanie Eigen vom Unternehmen Archbau Köln zeigt in ein Grabungsloch, in dem Verfärbungen im Boden auf einen Holzpfosten hinweisen.

Archäologin Melanie Eigen vom Unternehmen Archbau Köln zeigt in ein Grabungsloch, in dem Verfärbungen im Boden auf einen Holzpfosten hinweisen.

Foto: WOLFGANG KAISER

Bei den Ausgrabungen im künftigen Neubaugebiet Vorst-Nord haben die Archäologen jetzt einen "erstaunlichen Fund" gemacht: einen ungewöhnlich großen Kreisgraben mit einem hochgerechneten Durchmesser von 13 Metern. Der aktuelle Grabungsschnitt gibt bisher nur die Hälfte preis, mit Spannung warten die Archäologen des Kölner Unternehmens Archbau auf die nächste Woche, in der das angrenzende Feld aufgebaggert wird.

 Im rollierenden System wird das fünf Hektar große Neubaugebiet in langen Schnitten bis Fundhöhe aufgebaggert und von den Archäologen untersucht.

Im rollierenden System wird das fünf Hektar große Neubaugebiet in langen Schnitten bis Fundhöhe aufgebaggert und von den Archäologen untersucht.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Der Kreisgraben mit einer Breite von 40 Zentimetern war in der Fundsituation gut an seiner grauen Bodenverfärbung zu erkennen. Nachdem die Fundstelle mit Planen zugedeckt ist und es auch geregnet hat, wird es für einen Außenstehenden schwer, Unterschiede auszumachen - aus der Vogelsicht und mit Hilfe einer Foto-Drohne wäre es vielleicht etwas einfacher.

Die Kölner Archäologin Melanie Eigen leitet die aktuellen Grabungen. Noch muss sie spekulieren, um was es sich bei dieser für Archäologen spannenden Entdeckung handelt. Gehört der Ringgraben zu einem eisenzeitlichen Hügelgrab - das bei einem Durchmesser von 13 Metern dann schon stattliche Ausmaße gehabt hätte. Allerdings wurden bisher keine Grabbeigaben gefunden. Die Hügelgräberkultur ist auch mehr ein Phänomen der Bronzezeit, an die die Eisenzeit anschließt.

Oder wurde der Kreis vielmehr als Pferch benutzt, um dort das Vieh über Nacht zusammenzutreiben? Auch ein Schutzkreis mit Pallisade wäre denkbar, allerdings dann sehr klein und eng. Eine genauere Bestimmung erhoffen sich die Archäologen jetzt von der kompletten Offenlegung des Kreisgrabens nächste Woche.

Mehrere zumeist rund Bodenverfärbungen deuten auf ehemalige Tümpel, Teiche oder Wasserspeicher hin. Inzwischen sind auch römische Funde gemacht worden, vor allem Keramikscherben und Eisenteile wie Nägel und Beschläge. Während die Römer um die Zeitenwende zu datieren sind, umfasst die eisenzeitliche Besiedlung den Zeitraum 800 vor Christus bis 0. Aus dieser Epoche stammen die mehrfachen Pfostenfunde. Natürlich steckt kein Holz mehr in der Erde, aber durch Erdverfärbungen sind die Standorte noch heute nachvollziehbar. Durch Grabungslöcher sind dann die Grundrisse der Speicherhäuser oder Scheunen vorstellbar. Anscheinend wurden Vorräte aus Schutz vor Schädlingen oder Feuchtigkeit in Pfahlbauten gelagert.

Für die Archäologen ist interessant, ob die Pfosten zeitgleich, älter oder jünger als der Kreisgraben ist, lässt sich ein Zusammenhang erstellen oder nicht. Insgesamt ist die Fundlage mit römischen Relikten gegen Norden in Nachbarschaft zum Försterhof interessanter als am südlichen Rand.

Melanie Eigen findet es extrem spannend, dass bei den aktuellen Grabungen bisher sowohl Siedlungs- als auch Bestattungsspuren gefunden wurden. Damit ist man weiter gekommen, als die Sondagen der Vorgängergrabungen 2009 und 2010. Noch erhofft man sich, in Vorst die Siedlung zum Pendant des römisch-germanischen Gräberfeldes am Hinkes Weißhof (gegenüber Action Medeor) zu entdecken. Kleinere Pfostenfelder, die in Vorst-Nord entdeckt wurde, sind eher einer spätmittelalterlichen Bewirtschaftung im 15. Jahrhundert zuzurechnen.

Zahlreiche "Baumwürfe" im Wurzelbereich und bananenförmige Befunde für die verwitterten Stämme lassen vermuten, dass die Vorster Gegend in der Eisenzeit noch dicht bewaldet war. Insgesamt bezeichnet Archäologin Eigen die Fundlage als "umfangreicher als erwartet". Alles wird gezeichnet und ausgewertet. Funde werden ans Landesmuseum Bonn übergeben.

(RP)
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