Tönisvorst Flüchtlinge ziehen ins Marienheim

Tönisvorst · Im Marienheim an der Friedensstraße in St. Tönis wird fleißig gearbeitet. Wo einst die Schwestern des Ordens Unserer Lieben Frau wohnten, entstehen sechs Sozialwohnungen für Flüchtlinge.

 Die Umbaumaßnahmen sind bereits weit fortgeschritten. Anne Becker, Verwalterin des Marienheims, und Christoph Theißen vom Architekturbüro Hagdorn in Tönisvorst, schauen sich die Baustelle im Obergeschoss an.

Die Umbaumaßnahmen sind bereits weit fortgeschritten. Anne Becker, Verwalterin des Marienheims, und Christoph Theißen vom Architekturbüro Hagdorn in Tönisvorst, schauen sich die Baustelle im Obergeschoss an.

Foto: STEPHANIE WICKERATH

Immer wieder ruft Papst Franziskus dazu auf, Flüchtlinge aufzunehmen. Die katholische Pfarrgemeinde St. Cornelius in St. Tönis kommt diesem Aufruf jetzt nach. Sie stellt das Marienheim an der Friedenstraße für Flüchtlinge zur Verfügung. In der ersten und zweiten Etage entstehen zurzeit sechs Wohnungen in der Größe zwischen 52 und 70 Quadratmetern. "Dieses Haus war immer offen für alle Menschen", sagt Verwalterin Anne Becker, "ich freue mich, dass hier bald wieder gelebt und hoffentlich gelacht wird."

Hundert Jahre lang war das Marienheim das Zuhause für Generationen von Kindergartenkindern. Geleitet wurde der Kindergarten, damals noch "Kinderbewahrschule" genannt, von Nonnen, die dem Orden Unserer Lieben Frau angehörten. Während die Kleinen im Erdgeschoss untergebracht waren, hatten die Nonnen ihre Wohnungen in der ersten und zweiten Etage des großen Hauses. Auch eine Kapelle und ein sogenanntes Bischofszimmer für Besuch gab es in der ersten Etage. Seit 2008, als die letzte Nonne das Haus verließ, blieben die Wohnungen ungenutzt.

Fast 400 Quadratmeter sind es, die Christoph Theißen vom Architekturbüro Hagdorn, jetzt neu geplant hat. Wände wurden gezogen, Leitungen und Rohre verlegt, Bäder eingebaut, Isolierverglasung in die Fensterrahmen gesetzt. Entstanden sind sechs lichtdurchflutete Wohnungen, die sich durch hohe Decken und große Fenster auszeichnen. Die Raumzuschnitte sind optimiert, jede Wohnung hat eine Küchenzeile und ein Bad. Außerdem gibt es in der oberen Etage eine Hausmeisterwohnung. "Der Umbau ist mit Fördergeld vom Land und vom Bistum finanziert worden", sagt Anne Becker. Bis zum Jahresanfang sollen die Wohnungen bezugsfertig sein. Gemietet werden sie von der Stadt, die händeringend nach Unterkünften für Flüchtlinge sucht.

Auch in den großen Saal im Erdgeschoss hat die Kirchengemeinde investiert. Neue Toiletten, eine neue Garderobe und ein neuer Eingang vom Hof aus gehören zur Modernisierung. "Der Saal wird oft für Familienfeste, für Karnevalsveranstaltungen und für die Lebensmittelausgebe der Tönisvorster Hilfe genutzt", weiß Anne Becker. Auch die Erdgeschossräume des Marienheims sind hoch frequentiert. Nach dem Auszug des Kindergartens in den angrenzenden Neubau 2013 haben sich in den Gruppenräumen Näh- und Sprachkurse, Rückbildungsgymnastik, eine Wiegestube und ähnliches etabliert. Auch ein Flüchtlingscafé und eine Suppenküche gibt es dort.

1912 wurde das Marienheim auf dem Grundstück der katholischen Pfarrgemeinde auf der Ecke Friedensstraße/Rue de Sees gebaut. 1929 wurde der Gebäudetrakt an der Friedensstraße aufgestockt. Während des Krieges, nachdem die Pfarrkirche 1942 wegen starker Bombenschäden nicht genutzt werden konnte, diente das Marienheim als Notkirche, bis es in der Nacht vom 21. zum 22. Juni 1943 selber durch einen alliierten Bombenangriff zerstört wurde. In den 1950er Jahren wurde an gleicher Stelle das neue Marienheim errichtet.

(WS03)
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