Tönisvorst Eine unwiderstehliche Frucht

Tönisvorst · Unsere Serie entführt an besondere Orte und stellt Menschen, Hobbys und Berufe in den Mittelpunkt, die sonst nicht in der Öffentlichkeit stehen. Heute: ein Besuch auf einer Apfelplantage.

 Vor knapp vier Wochen hat sie begonnen, die Apfelsaison am Niederrhein. Unsere Mitarbeiterin Stephanie Wickerath hat auf dem Obsthof von Karl Panzer mitgearbeitet.

Vor knapp vier Wochen hat sie begonnen, die Apfelsaison am Niederrhein. Unsere Mitarbeiterin Stephanie Wickerath hat auf dem Obsthof von Karl Panzer mitgearbeitet.

Foto: Wolfgang Kaiser

Eigentlich ist es noch zu früh für meinen Lieblingsapfel, aber als er jetzt so vor mir hängt, zum Greifen nah, kann ich nicht widerstehen. Behutsam nehme ich den Elstar zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger, so wie Obstbauer Karl Panzer es mir gezeigt hat. Ich breche die Frucht nach oben hin vom Baum ab, damit der Stil dran bleibt. Das ist wichtig, denn ist der Apfel versehrt, kann Wasser eindringen, und die Frucht würde faulen. Dann sehe ich sie, die rote, von der Sonne verwöhnte Seite. Der Morgentau glitzert noch auf ihr. Beherzt beiße ich zu und kann nachempfinden, warum Adam dieser paradiesischen Frucht nicht widerstehen konnte.

Anders als der biblische Urvater werde ich nach meinem Biss in den Apfel aber nicht vertrieben, sondern darf noch ein bisschen mitpflücken auf der Obstplantage des Obsthofs Unterweiden. Mein Elstar ist noch etwas säuerlich, aber er lässt schon erahnen, wie seine Nachbarn bald schmecken werden. Außerdem ist er der definitiv frischeste Apfel, den ich seit Langem gegessen habe. "Noch eine Woche kalte Nächte und warme Tage, dann ist er perfekt", sagt Fachmann Karl Panzer, der ebenfalls eine Geschmacksprobe genommen hat.

 Der 20-jährige Philipp Panzer ist der Junior-Chef des Obsthofs.

Der 20-jährige Philipp Panzer ist der Junior-Chef des Obsthofs.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Vor knapp vier Wochen hat sie begonnen, die Apfelsaison am Niederrhein. Seitdem sind zahlreiche Pflücker, die meisten kommen als Saisonarbeiter aus Polen, auf den Tönisvorster Obstplantagen zu sehen. Die frühen Sorten Galmac und Delbar liegen bereits in den Hofläden. Als nächstes kommen die bekannten Sorten: Elstar, Boskoop, Wellant und Janagold. "Das sind die Sorten, die man vielseitig verwenden kann und die sich gut lagern lassen", weiß Philipp Panzer, der 20-jährige Junior-Chef des Obsthofs. Bis Ende Oktober wird in den Apfelplantagen gepflückt. Wer Braeburn oder Fuji mag, muss sich noch gedulden, denn das sind die späten Sorten.

25 Erntehelfer sind zurzeit in den vier Anbauflächen der Familie Panzer tätig. Sie bücken und strecken sich, klettern auf die Arbeitsbühne und prüfen mit geübtem Griff jeden Apfel, bevor sie ihn abknicken und in eine der Kisten legen, die ein kleiner Traktor zwischen den Baumreihen durchzieht. Die Arbeit ist so anstrengend, dass sie, laut Karl Panzer, kein Deutscher machen will. Tatsächlich geht das Apfelpflücken bei aller Idylle, die man damit verbindet, auf Dauer ziemlich in den Rücken. Wenn ich mir vorstelle, dass die Saisonarbeiter noch fast 80 000 Bäume vor sich haben - so viele gehören zum Obsthof Unterweiden -, wächst mein Respekt vor der Leistung dieser Männer und Frauen.

Aber nicht nur die Pflücker arbeiten hart, auch die Obstbauern haben das ganze Jahr über viel zu tun. Und das meiste ist Handarbeit. Bäume müssen zurückgeschnitten und ausgetauscht werden, die Blüten werden mit Frostschutz eingesprüht, der Boden wird gedüngt, der Fruchtbestand im Anfangsstadion ausgedünnt, damit die Äpfel sich später nicht gegenseitig beschatten.

"Wir haben außerdem in einen Hagelschutz investiert", erzählt Karl Panzer und deutet auf die hellen Netze, die über einige der Baumreihen gespannt sind. Zu oft habe ein Sommerhagel das Obst kurz vor der Ernte verdorben. Überhaupt, das Wetter: Wie alle Bauern sind auch die Obstbauern abhängig vom Wetter. "Und wir spüren den Klimawandel", sagt Panzer Senior. Die Sommer seien trockener, sodass viel mehr beregnet werden müsse, Unwetter würden häufiger. Aber wenn er dann geerntet ist, und mit seiner ganzen Frische und Schönheit im Hofladen liegt, dann weiß Familie Panzer, dass die Mühe sich gelohnt hat und dass sie auch im nächsten Jahr wieder alles daran setzen werden, dass die Apfelbäume die bestmögliche Frucht hervorbringen.

(RP)
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