Solingen Zeit der Sparkassen-Uhr ist abgelaufen

Solingen · Ein prägnantes Merkmal der Solinger Innenstadt ist verschwunden - aus wirtschaftlichen Gründen: "Die Kosten für eine Instandsetzung oder eine Neuanschaffung wären unangemessen gewesen", heißt es bei dem Finanzinstitut.

Nahezu unbemerkt schwebt die rund sechs Meter hohe Sparkassen-Uhr vom Dach der Hauptstelle an der Kölner Straße. Nur vereinzelt bleiben Passanten auf dem Graf-Wilhelm-Platz oder an der Graf-Engelbert-Straße stehen, um das Spektakel zu beobachten. Hauptsächlich sind es Mitarbeiter des Finanzinstitutes, die ihren Arbeitsplatz während der Aktion aus Sicherheitsgründen räumen mussten. Fast alle halten auf Video fest, wie nach dem Turmhotel ein weiteres prägnantes Merkmal der Solinger Innenstadt aus dem Stadtbild verschwindet.

In den vergangenen Monaten hat ohnehin kaum noch jemand nach oben geschaut. Warum auch ? Seitdem sich die Zeiger nicht mehr bewegt haben, war es immer kurz vor Zwölf, und gedreht hat sich die vier mal vier Meter große Uhr auch nicht mehr. Anderthalb Jahre lang. Eine Reparatur kam genauso wenig in Frage wie ein Ersatz - eine wirtschaftliche Entscheidung. "Eine Instandsetzung hätte einen hohen fünfstelligen Betrag bedeutet, eine Neuanschaffung hätte Kosten in einem höheren sechsstelligen Bereich verursacht", sagt Martin Idelberger, Marketing-Chef der Stadt-Sparkasse. "Beide Varianten halten wir für unangemessen, zumal die Uhr aufgrund ihres Alters ein Stromfresser gewesen ist."

Am 21. Februar 1974 war die frei drehbare Spezialkonstruktion mit ihren 2,10 Meter beziehungsweise 1,60 Meter langen Zeigern montiert worden. Über das exakte Gewicht herrschte bis gestern Vormittag großes Rätsel raten. Die Schätzungen lagen zwischen drei und sechs Tonnen. "Unsere größte Befürchtung war, dass die Uhr so schwer sein würde, dass wir sie hier oben auf dem Dach hätten zerlegen müssen", sagt Ingo Rauh, Fachkraft des Transport-Services der Firma Scalabrin. Der eingesetzte Spezialkran war für 5,5 Tonnen ausgelegt, zu dieser Höchstgrenze fehlten am Ende lediglich 100 Kilogramm.

Durchatmen bei dem vierköpfigen Team auf dem Sparkassen-Dach, das zuvor bei dem für sie nicht alltäglichen Spezialauftrag ins Schwitzen gekommen war. "So eine Höhe und so ein Gewicht sind auch für uns selten", gibt Rauh zu. Obwohl alle Halterungen mit der Flex entfernt worden sind, löst sich der Sockel beim Anheben nur einseitig von den beiden Stahlträgern. Ein weiteres Mal die Flex angesetzt und an den klebenden Stellen mit einem Hammer angesetzt, dann hebt der Uhren-Koloss ab und nimmt um 10.11 Uhr seinen dreiminütigen Weg 60 Meter nach unten. "Ein bisschen wehmütig wird man schon", sagt Martin Idelberger, während er das Sparkassen-Relikt davon schweben sieht. Anderen Kollegen geht es genauso.

Am Boden angekommen, wird die Uhr auf einer der Freiflächen an der Graf-Engelbert-Straße auf die Seite gelegt und so zerlegt, dass die Teile durch Solingen transportiert werden dürfen. Die komplette Demontage erfolgt später auf dem Scalabrin-Werksgelände.

(gra)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort