Solingen Wunder von Bern in der Jahnkampfbahn

Solingen · Mehr als 200 Komparsen jubelten gestern als Zuschauer Fritz Walter und seinem Team bei Dreharbeiten für den Film "Die Turnschuhgiganten" zu. In der ungarischen Mannschaft kickten sechs Spieler des BSC Union Solingen.

Als sich der Himmel gestern Vormittag zuzieht und die graue Wolkendecke die Sonne ablöst, ist die Erleichterung im Walder Stadion groß. Denn alles soll dort genau so sein, wie an jenem 4. Juli 1954, als die deutsche National-Mannschaft in Bern für das Fußball-Wunder sorgte, das auch im Film "Die Turnschuhgiganten", für den gestern im Walder Stadion gedreht wurde, eine Schlüssel-Szene ist.

Denn sowohl der Anfang als auch das Ende des Films, den die Kölner Produktionsfirma Zeitsprung Pictures GmbH für den Fernsehsender RTL dreht, und der das Leben und Wirken der Brüder Adi und Rudolf Dassler, die Gründer der weltbekannten Sportartikel-Marken Adidas und Puma, erzählt, spielen dort - immerhin war Adi Dassler 1954 Zeugwart der Deutschen Nationalmannschaft und soll ihr mit den von ihm entwickelten, damals neuartigen Schuhen mit Schraubstollen den entscheidenden Vorteil gegen Gegner Ungarn verschafft haben.

Und so wurde gestern die Jahnkampfbahn zum Berner Wankdorf-Stadion, inklusive Lattenzaun am Spielfeldrand, wurden 224 Komparsen zu Zuschauern auf der Tribüne, wurden sechs Spieler des BSC Union Solingen zu Nationalkickern der gegnerischen ungarischen Mannschaft. Und wurde Schauspieler Ken Duken, bekannt aus Filmen wie "Inglorious Basterds" oder "Frau Müller muss weg", auf dem Walder Rasen zu Adi Dassler.

Schon um kurz vor sieben am Morgen waren die ersten Komparsen da, um in der Turnhalle des WMTV eingekleidet, frisiert und geschminkt zu werden und schließlich auf ihren ersten Einsatz zu warten. Wie Caren Stühler: Im violetten Kleid und langem Mantel wird sie später auf der Tribüne sitzen und den Mannschaften zujubeln. "Ich arbeite im Kino und wollte einfach mal schauen, wie es hinter den Kulissen eines solchen Films so abläuft", so die Walderin. "Bisher finde ich es sehr spannend."

Auch der Höhscheider Jonas Dalitz ist schon ausgerüstet - einzig die Kamera fehlt ihm noch: Als Fotograf, mit einer weißen Armbinde gekennzeichnet, wird er später vor dem Lattenzaun am Spielfeld stehen. Es ist für den Studenten bereits der zweite Drehtag: "Am Mittwoch war ich bereits für Dreharbeiten für den Film in Remscheid, dort habe ich allerdings eine andere Rolle gespielt."

Sophie Geerken hat gerade auf einem der vier Drehstühle vor den großen Spiegeln Platz genommen, und während links von ihr rasiert, geschnitten und gelegt wird, zwirbelt die Friseurin ihren Pony zu einer großen Welle, auch ihr Kostüm - ein langes Kleid mit großen Blumen darauf und einen schweren Wachsmantel - trägt die 18-Jährige bereits. Auch sie wird später von der Tribüne aus den Kickern zujubeln. "Ich habe vor einigen Wochen schon einmal bei Dreharbeiten zu einem anderen Film mitgemacht, aber das hier ist deutlich größer", sagt sie beeindruckt.

Indes haben auf dem Rasen des Stadions die Dreharbeiten begonnen: In seiner Rolle als Adi Dassler wirft Ken Duken einen besorgten Blick in den Himmel, weiß, dass Regen seiner Mannschaft einen Vorteil bringen könnte. Damit es beim Dreh der Final-Szenen angemessen nass wird, ist die Feuerwehr vor Ort, um für zusätzliches Wasser von oben zu sorgen, das über Regenverteiler das optimale Fritz-Walter-Wetter erzeugt - und dafür sorgt, dass alle Komparsen im Laufe des Drehtages ordentlich nass werden.

Wenige Meter weiter erhalten gerade Carlo Farella und fünf Mannschafts-Kollegen vom BSC Union Solingen letzte Instruktionen: Sie spielen Spieler der ungarischen Mannschaft, jeder Spielzug ist besprochen, Farella selbst wird in einer Szene in den Ball hineingrätschen. "Das ist eine ganz neue Erfahrung für jeden von uns, eine einmalige Sache. Wir schauen, was auf uns zukommt und haben einfach Spaß", sagt der Ohligser.

(mxh)
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