Ansichtssache Wir schütten uns nach wie vor Sand in die Augen

Meinung | Solingen · Die Integration von Flüchtlingen kommt nicht richtig voran. Das liegt auch daran, dass man aus Angst vor falschem Applaus nicht offen über Probleme redet.

Wirft man einen Blick auf die Flüchtlingspolitik seit 2015, dann kommt man an einem kaum vorbei. Oftmals bestimmten die Wünsche, wie es eigentlich sein sollte, die politischen Einschätzungen - was zur Folge hatte, dass bis zum heutigen Tag manches schön geredet wird. Auch in Solingen, das - wie andere Kommunen - den Zustrom von Flüchtlingen zwar nicht zu verantworten hat. Und das von der Bundesregierung noch dazu weiter im Unklaren gelassen wird, wie denn die ganze Integration bezahlt werden soll. Gleichzeitig schütten sich die Verantwortlichen aber auch hier Sand in die Augen, wenn sie es jetzt beispielsweise als Erfolg verkaufen, schon 153 Flüchtlinge in Lohn und Brot gebracht zu haben. Wohlgemerkt 153 von rund 2000 anerkannten Flüchtlingen.

Noch einmal: Die Stadt hat es nicht zu verantworten, wenn sie vor Ort die Hauptlast der Arbeit zu schultern hat. Und ferner bleibt festzuhalten, dass die fehlende dauerhafte Finanzierung durch den Bund einfach nur verantwortungslos ist. Parallel führt aber auch kein Weg daran vorbei, dass die Verwaltung und viele ehrenamtliche Flüchtlingshelfer ihrerseits lange Zeit davor zurückschreckten, die längst ersichtlichen Probleme beim Namen zu nennen. Dies geschah häufig, weil man Angst vor Applaus von der falschen Seite hatte - und weil man (bei CDU sowie SPD) die Auseinandersetzung mit den eigenen Parteioberen in Berlin scheute. Wie weit eine solche Strategie trug, ließ sich bereits am Solinger Bundestagsergebnis ablesen. Sollte wirklich jemand gedacht haben, man könne die AfD auf diese Weise in Schach halten, hätte dieses Vorhaben spätestens im September mit den fast zehn Prozent Zweitstimmen für die AfD erledigt sein müssen.

War es aber nicht, weswegen die Wahrheit immer noch nicht ehrlich ausgesprochen wird. Soll es mit der Integration jedoch etwas werden, gehört zu dieser Wahrheit unter anderem, dass die Vermittlung in Jobs (die überdies nicht ausreichend vorhanden sind) nur ein erster Schritt wäre. Mindestens genauso wichtig sind kulturelle und soziale Integration. So hat etwa die Ditib-Gemeinde schon vor geraumer Zeit Flüchtlinge zum Freitagsgebet in ihre Moschee eingeladen. Weiß eigentlich irgendwer, welches Bild dort von unserer Gesellschaft vermittelt wird ? Wenn nein, wird es höchste Zeit.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort