Bernd Reinzhagen "Werden die Nacht zum Tage machen"

Solingen · Das Freibad Ittertal feiert am kommenden Samstag sein 100-jähriges Bestehen mit einem großen Fest. Pfarrer Bernd Reinzhagen, der Vorsitzende des Fördervereins, ist schon einmal Probe geschwommen.

 Pfarrer Bernd Reinzhagen ist Vorsitzender des Fördervereins Ittertal.

Pfarrer Bernd Reinzhagen ist Vorsitzender des Fördervereins Ittertal.

Foto: Melchior

"Wir werden die Nacht zum Tage machen", haben Sie das nächtliche Schwimmen für den 17. Juni angekündigt. Bleibt es dabei, dass man bis zwei Uhr morgens ins Becken kann?

REINZHAGEN Thomas Czeckay, der Leiter der Freizeitbetriebe, und ich klären gerade, wie wir das Becken ausleuchten. Auf unserer Facebook-Seite hat die Aktion schon viel Beachtung gefunden.

Außerdem gibt es zur Feier des 100-jährigen Bestehens noch einen Auftritt der Düsseldorfer Band "The Jolly Jazz Orchestra" am Sonntag. Hätten Sie sich zu einem derart eindrucksvollen Geburtstag nicht noch weitere Veranstaltungen gewünscht?

REINZHAGEN Das Freibad hätte es sicher verdient: Als das Strandbad am 22. Mai 1917 offiziell eröffnet wurde, war es das einzige weit und breit. Schon im Jahr davor sollen mehr als 100.000 Besucher hier gewesen sein. Die Leute kamen selbst aus dem Ruhrgebiet. Aber mehr als die beiden Veranstaltungen anzubieten, würde unsere Kräfte und finanziellen Mittel übersteigen. Auch beim Empfang für geladene Gäste wird es keinen Lachs geben.

Wie sicher ist es dann, dass es zumindest noch einen 125. Geburtstag geben wird?

REINZHAGEN Der Förderverein hat die Anlage bis 2019 von der Stadt gepachtet. Bei der Mitgliederversammlung im Mai haben wir gerade beschlossen, auch eine Option auf weitere fünf Jahre wahrzunehmen. Also gibt es zumindest bis 2024 eine gewisse Sicherheit.

Die aber durch fehlende Mittel brüchig werden könnte?

REINZHAGEN Uns wäre geholfen, wenn die Stadt 50.000 bis 80.000 Euro zuschießen würde. Dann könnten wir ruhig schlafen. Unser Vorgänger hat bis 2007 jährlich 127.000 Euro bekommen. Das ergibt eine runde Million Euro, die wir nicht erhalten haben. Wenn man sieht, was die Stadt das Heidebad kostet . . .

Auf welche Mittel können Sie bauen?

REINZHAGEN Sicher sind nur die Beiträge unserer fast 100 Mitglieder. Sie zahlen jeweils 40 Euro oder mehr. Dazu kommt der Eintritt, den wir erheben. Was da zusammenkommt, ist sehr wetterabhängig. Mit gut 32.000 zahlenden Besuchern hatten wir 2016/17 die beste Eislauf-Saison bisher. Das hat uns entspannt in den Sommer gehen lassen. Zum Schwimmen kamen 2016 mehr als 25.000 Gäste. Wegen der schönen Tage im Mai sind es in diesem Jahr bisher etwa 5000. Zu den Einnahmen aus Beiträgen und dem Verkauf von Eintrittskarten kommt die Unterstützung durch Sponsoren. Aber die ist in Solingen immer schwerer zu erhalten.

Gleichzeitig wird das Bad immer älter. Sie haben einmal von einem Investitionsstau in Höhe von 5,5 Millionen Euro gesprochen.

REINZHAGEN Wir freuen uns über jedes Jahr, in dem wir die Anlage noch betreiben können. Denn schon bei der Übergabe hat uns die Stadt eine Liste mit allen Baustellen gegeben. Wir wussten, was auf uns zukam, und haben bisher rund 400.000 Euro aufgebracht, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Als nächstes müssten eigentlich die Becken neu ausgekleidet werden. Dabei könnte man beispielsweise an Kacheln oder Edelstahl statt der bisher verwendeten Folie denken.

Und wie wollen Sie das stemmen? Gibt es bei all den verschiedenen Fördermitteln nicht einige, die auch für Sie in Frage kommen?

REINZHAGEN Da wir nicht Eigentümer, sondern nur Pächter sind, können wir keine Anträge stellen. Praktikabler wäre es, wenn jedes Vereinsmitglied noch zwei, drei neue mitbringen würde - nicht nur wegen der Einnahmen, sondern auch wegen der Chance, die Arbeit des Vorstands auf eine breitere Basis zu stellen.

Mit den von der Stadt-Sparkasse Solingen geförderten Beachvolleyball-Feldern haben Sie schon eine Art Nebenerwerbsquelle. Geht da noch mehr?

REINZHAGEN Es stimmt: Wir profitieren von der Beachvolleyball-Begeisterung. Vier Wochen, nachdem Jonas Reckermann und Julius Brink uns im Ittertal besucht haben, sind sie Olympiasieger geworden. Bei schönem Wetter sind unsere vier bis fünf Volleyballfelder voll. Man kann auch Soccer und Handball spielen; die Plätze kosten ab zehn Euro pro Stunde, plus dem Eintritt pro Person. Wir bieten auch Grillplätze an und hatten immer wieder neue Ideen, etwa für Modellauto-Rennen. Die Betonfläche der abgetauten Eisbahn ist aber nicht ganz eben. Wir sind offen für Vorschläge.

Die Schaustellerfamilie Schmelter sucht für den benachbarten Freizeitpark Ittertal weiter einen Käufer. Wäre das nicht eine schöne Ergänzung zu Ihrem Angebot?

REINZHAGEN Ohne uns. Wir sind doch froh, wenn wir mit dem Freibad über die Runden kommen. Wir machen das schließlich alles ehrenamtlich.

Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hat gerade beklagt, dass nur 40 Prozent der Grundschüler ein Jugendschwimmabzeichen haben. Bietet sich Ihr Freibad da nicht für Kurse im Sommer an?

REINZHAGEN Wenn Lehrer den regulären Unterricht im Ittertal abhalten wollen, würden wir die Kinder kostenlos auf das Gelände lassen. Lehrer Jörg Lambertz von der Grundschule Am Rosenkamp hat es mit seiner Klasse im Winter vorgemacht: Sie kamen jede Woche im Sportunterricht zum Schlittschuhlaufen. Natürlich stellt sich immer die Frage, wie die Klassen ins Ittertal finden.

FRED LOTHAR MELCHIOR FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(flm)
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