Solingen Warnstreik führte zu Kita-Schließungen

Solingen · Über 100 Mitarbeiter der städtischen Kitas und Jugendeinrichtungen folgten dem Verdi-Aufruf.

Für einen kurzen Moment herrschte im Vorzimmer von Oberbürgermeister Norbert Feith (CDU) ein Geräuschpegel wie sonst nur auf dem Hof einer Kindertagesstätte. Den Gästen im Rathaus dürfte das bekannt vorgekommen sein: Mehr als 100 Erzieherinnen und Erzieher sowie Sozialarbeiter und Pädagogen - darunter 80 aus Einrichtungen der Stadt Solingen - hinterlegten dem Chef der Verwaltung einen Brief mit der Forderung, er solle sich für die finanzielle Aufwertung ihrer Berufsgruppen einsetzen.

Um diese ging es gestern in Münster in der zweiten Runde der Tarifverhandlungen zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA): Nach dem Willen der Gewerkschaft sollen die Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst durch eine verbesserte Eingruppierung im Durchschnitt zehn Prozent mehr Geld verdienen. Das derzeitige Bruttoentgelt für eine in Vollzeit arbeitende Erzieherin beziffert Verdi nach vierjähriger Tätigkeit auf 2768 Euro, das einer Kinderpflegerin mit staatlicher Anerkennung nach der gleichen Dienstzeit auf 2433 Euro. Zugleich weist die Gewerkschaft allerdings daraufhin, dass 40 Prozent der Beschäftigten an Kindertagesstätten sehr oft nur in Teilzeit arbeiteten.

An den meisten der 13 städtischen Kitas in Solingen lief der Betrieb in kleinerer personeller Besetzung weiter. Die Einrichtungen Altenberger Weg, Vorspel und Fuhr blieben dagegen geschlossen. Mit Trillerpfeifen, Sprechchören wie "Aufwerten jetzt - richtig gut" und auf Plakaten gebannte Botschaften wie "Wir erziehen Eure Zukunft" warben die Streikenden in Solingen für ihre Ziele. "Ihr seid nicht nur Betreuer, sondern echte Fachkräfte, die die Kinder schulreif machen", rief Gewerkschaftssekretär Lothar Reitzer den Mitarbeitern zu und hob dabei die bis zu fünf Jahre dauernde Ausbildungszeit hervor.

Auch Eltern und ihre Kinder schlossen sich den Streikenden an, die von der Verdi-Geschäftsstelle an der Gasstraße zum Rathaus gezogen waren. "Mir liegt es sehr am Herzen, dabei zu sein", sagte Emine Cicek, dreifache Mutter und Mitglied im Elternrat der Kita Lummerland. "Denn Bildung fängt nicht erst in der Schule an." Dabei verwies sie auf die gestiegenen Anforderungen, etwa im Hinblick auf die U 3-Betreuung und die frühkindliche Sprachförderung. "Eine höhere Bezahlung würde sicher einen Anreiz setzen, um diesen wichtigen Beruf zu erlernen". Das gelte auch für Männer, die weiter klar unterrepräsentiert sind.

Lothar Reitzer äußerte sich zufrieden mit der Beteiligung an der Kundgebung. "Die hat unsere Erwartung sogar übertroffen." Das angestrebte Gespräch mit Norbert Feith fand indes wegen terminlicher Überschneidungen nicht statt - und hätte wohl auch wenig bewirkt: Schließlich gehöre der Oberbürgermeister nicht dem Verhandlungsausschuss an und sei zudem in das solidarische Gefüge der Kommunen eingebunden, stellte Stadtsprecher Lutz Peters klar.

(RP)
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