Bergische Museumsbahnen Von der Ehre, Straßenbahnführer zu sein

Solingen · Bergische Museumsbahnen verkehrten erstmals wieder auf der Strecke durchs Kaltenbachtal. Bald auch Fahrten mit Anhänger.

 Alte Straßenbahn-Schätzchen, frisch poliert: Der "Elberfelder" (rechts) ...

Alte Straßenbahn-Schätzchen, frisch poliert: Der "Elberfelder" (rechts) ...

Foto: Guido Radtke

Zwei Jahre lang war Michael Schmerenbeck Schaffner bei den Bergischen Museumsbahnen und diente sich hoch. Vor fünf Jahren stand der Solinger zum ersten Mal im Führerstand. Gestern nahm er beim Saisonauftakt von "Deutschlands kleinstem Straßenbahnbetrieb" die Kurbel eines Triebwagens von 1927 in die Hand. "Der Elberfelder" war früher auch auf Solinger Schienen unterwegs. "Für mich ist das eine Ehre", sagt der gelernte Kunststoffmechaniker und Straßenbahnfan.

Für die Besucher ist es ein Vergnügen: Sie genießen das Ruckeln und Quietschen bei der Fahrt von der Kohlfurther Brücke nach Greuel und zurück. Oder sie steigen am Naturfreundehaus aus und wandern zurück durchs Bachtal. "Bei dem schönen Wetter wollen wir zu Fuß zurück", waren sich Dagmar und Eberhard Schulze einig. Das Remscheider Ehepaar wollte auch einen Stopp am Manuelskotten einlegen, wo der Schleifer seine Arbeit erklärte und die Anfang September 2017 eröffnete Werkzeugausstellung zu sehen war.

Am Ausgangspunkt der Fahrt konnte unter anderem die Mitte der 80er Jahre entstandene Wagenhalle und der vor der Halle "geparkte" Schleifwagen der Solinger Straßenbahnen besichtigt werden. "Das ist der letzte Solinger Schleifwagen, der einzige, der noch existiert", erklärte Vorstandsmitglied Michael Schumann. Mit seiner Hilfe werden die Oberflächen der Schienen bearbeitet. Nach seiner Zeit in der Klingenstadt war der Wagen bei den Vestischen Straßenbahnen und in Mülheim im Einsatz.

 ... und die "Nummer 7". Der Triebwagen 337 fuhr früher auch Boele-Kabel in Hagen an.

... und die "Nummer 7". Der Triebwagen 337 fuhr früher auch Boele-Kabel in Hagen an.

Foto: Guido Radtke (3)

In der Wagenhalle restaurieren die aktiven Vereinsmitglieder gerade einen Beiwagen, der zum Triebwagen "Der Hagener" von 1957 passt. "Wir brauchen eigentlich immer Leute, die handwerklich etwas können", wünscht sich Schumann weitere Mitglieder. 280 hat der Verein bereits; in den letzten beiden Jahren kamen rund 30 hinzu. Mit 22 Mitgliedern ist die Solinger Fraktion noch klein, der Anteil der Älteren generell hoch. Deshalb wurde vor einiger Zeit auch eine Jugendgruppe gegründet.

Junge Leuten wie Sven Ekert (24), der gestern als Schaffner im Einsatz war, und Alexander Sommers (20) tragen ihren Teil zu den 10.000 bis 12.000 Stunden bei, die Vereinsmitglieder jedes Jahr für ihre Passion aufwenden. Sommers kam über seine Ausbildung zum Mechatroniker bei Knipex zu den Bergischen Museumsbahnen. "Der Beruf hat zu 75 Prozent mit Elektrizität zu tun", erläutert der Wuppertaler. Und die ist bei den Straßenbahnen speziell: Die Motoren werden mit 600 Volt Gleichstrom gespeist. Sommers: "Der Trafo kann ein paar Tausend Ampere liefern." Um auch diese Aspekte kennenzulernen, schickt der Werkzeughersteller einige seine Lehrlinge zu den Bergischen Museumsbahnen.

"Wir selbst haben alle als 15-jährige Schüler angefangen", erinnert sich Mitglied Michael Malicke an die ersten Arbeiten in Nähe der Kohlfurther Brücke. Und Jürgen Eidam, der 1969 als 22-Jähriger das jüngste Gründungsmitglied war, betrachtet im Rückblick den Bau der Wagenhalle als Durchbruch. Dass die alte Schienenverbindung nach Solingen unterbrochen ist, sei dagegen bedauerlich: "Das mit der Wupperbrücke ist ein Trauerspiel."

Viele Fachgespräche können Besucher auch wieder zu Pfingsten führen und den Spaß am Fahren mit den alten Bahnen erleben. Das Bergische Straßenbahnfest, diesmal am 20. und 21. Mai, zieht traditionell tausende Besucher an - auch aus dem Ausland.

(RP)
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