Solingen Vom Finanzbeamten zum Priester

Solingen · Große Aufgaben: Michael Mohr wird als Leitender Pfarrer der beiden katholischen Pfarrverbände Süd und Mitte-Nord eingeführt. Er will sich nun erstmal viel Zeit lassen, um die Gemeinden kennenzulernen.

Wenn man es genau nimmt, ist er nun "Superpfarrer" in Solingen. Sein Tätigkeitsgebiet umfasst rund zwei Drittel der Stadtfläche: von Gräfrath bis Burg, von der Innenstadt bis nach Kohlsberg. Seit dem 15. August ist Michael Mohr Leitender Pfarrer der katholischen Pfarrverbände Mitte-Nord und Süd. Acht Pfarreien hat der Geistliche nun zu betreuen. "Da werde ich erstmal viel herumreisen müssen. Meine Sorge und Hoffnung ist es, überall alles zu machen." Mohr will sich nun erstmal viel Zeit lassen, um die Gemeinden kennenzulernen. Wenn der Überblick da ist, werde er sich über Tätigkeitsschwerpunkte Gedanken machen. "Dabei soll es aber keinen Masterplan von außen geben."

Ein engeres Zusammenrücken wird nötig sein, daher ist das gegenseitige Kennenlernen für den Priester sehr wichtig. "Was gibt es alles in den einzelnen Gemeinden und wo sind die Baustellen?"

Wichtig ist es Mohr auch, gute Angebote für die anbieten zu können, die der Kirche fern stehen. Im Blick hat er dabei beispielsweise Taufeltern oder Jungverheiratete. Aber wirklich bange ist ihm nicht davor. Mit zwei Kaplanen, den Diakonen, Gastpriester sowie Ruheständern und natürlich den vielen Aktiven in den Gemeinden kann er auf eine breite Basis bauen.

Dass nun zwei Pfarrverbände einen gemeinsamen Leiter bekommen, liegt an den weiter sinkenden Priesterzahlen - und auch denen der Gläubigen. Ein Mittel mit dem das Bistum darauf reagiert, sind Kooperationsgemeinschaften der Verbände. Aber auch über diesen ganz großen Tellerrand blickt Mohr. So sieht er es als glückliche Fügung, dass fast zu Beginn seiner neuen Amtszeit ein ökumenisches Projekt stand: ein gemeinsames Konzert des Pfarrchores Cäcilia Weeg und der Ohligser Kantorei zugunsten der Orgelrenovierung in St. Suitbertus.

Geboren wurde Michael Mohr 1975 im Windecker Ländchen an der Sieg. "In diesem Sinne betrachte ich mich als Bergischen." Denn in alten Zeiten gehörte auch dieses Eckchen in den Herrschaftsbereich der Herren von Berg. "Ich komme da aus einer sehr aktiven Gemeinde, die mich ebenso geprägt hat, wie viele gute Begegnungen." Nach dem Abitur stand aber erstmal was "Vernünftiges" an: Von 1995 bis 1998 studierte er Finanzwirtschaft in Nordkirchen, bis 2001 war Mohr als Beamter im Finanzamt Siegburg tätig. "Mittlerweile bin ich der zweite Priester, der aus dem Siegburger Finanzamt kommt." Auch wenn ihm die Arbeit Spaß machte, blieben Zweifel. "Die Frage hat mich wachgehalten, ob da nicht noch mehr ist. Wäre ich dem nicht nachgegangen, hätte ich mir ewig Vorwürfe gemacht."

Die Frage nach der Berufung zielt für Mohr nicht zunächst auf das Priesteramt ab, sondern darauf, was es für einen persönlich bedeutet, Christ zu sein.

Mohrs Christsein ist aus seinen Erfahrungen gewachsen. "Ich hatte kein Damaskus-Erlebnis wie Paulus, nachdem alles anders wurde für ihn. Ich wollte wissen, ob Gott nicht mehr von mir wolle." Michael Mohr lässt sich zunächst für ein Jahr beurlauben, schließlich sagt er der Finanzverwaltung Adieu.

Es folgt Theologiestudium und Priesterseminar in Bonn. 2008 wird Mohr im Kölner Dom zum Priester geweiht. Als Kaplan geht es zunächst nach Wipperfürth und anschließend bis 2016 nach Grevenbroich. Eine Besonderheit bei Mohr ist sein Studienjahr im spanischen Salamanca. "Jeder Priesterkandidat ist im dritten Jahr frei, die Universität oder auch das Land zu wechseln." Dies diene auch der Selbstprüfung. "Spanien war da eher Zufall."

Diese Zeit hat nicht nur in Sachen Studium etwas gebracht. "Die Mentalität und auch die Einflüsse aus Südamerika waren für mich ein Aha-Erlebnis": Das Leben wird lockerer genommen und nicht wie so oft bei uns etwas zu verknöchert. Vielleicht wird diese Erfahrung nun auch ein wenig ins Solinger Gemeindeleben strahlen.

(crm)
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