Schwerpunkt Das Etwas Andere Heimspiel TSV Aufderhöhe holt drei Punkte auf Schalke

Solingen · Der Fußball-Bezirksligist aus Solingen spielte in der Veltins-Arena gegen Bayer Dormagen - und krönte das Erlebnis mit einem 2:0-Sieg.

TSV Aufderhöhe siegt gegen Bayer Dormagen
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Foto: Kempner Martin

Mit leuchtenden Augen passierten die Spieler mehr als zwei Stunden vor dem Anpfiff den stilisierten Bergbaustollen, der ins Innere der "Donnerhalle" führt, und betraten wenige Momente später den Rasen: "Das ist Wahnsinn", schwärmte Andreas Schäfer, Verteidiger beim TSV Aufderhöhe, während seine Fußballer-Kollegen vom Mittelkreis aus die ersten Handybilder von ihrer (vorübergehenden) Heimspielstätte knipsten. "Die Sessel sind ja gar nicht so luxuriös, keine Sitzheizung oder Massagefunktion", flachste unterdessen Spieler Nico Bleckmann beim Probesitzen auf der Auswechselbank.

Für einen Tag wurde gestern die Gelsenkirchener Veltins-Arena, sonst Heimat des FC Schalke 04, zum Wohnzimmer des Solinger Bezirksligisten. "In so einem Stadion spielen zu dürfen, ist ein Kindheitstraum", sagte der Aufderhöher Mittelfeldmann Marco Nyhof, selbst Fan der Königsblauen. Möglich gemacht hatte das eine Aktion der Brauerei Veltins gemeinsam mit dem Bundesliga-Traditionsclub und dem Amateurfußball-Portal Fupa.net: Bei der hatte sich der TSV mit Vorstellungstext und Bildmaterial beworben - und unter hunderten Konkurrenten den Zuschlag für ein Heimspiel seiner Meisterschaftssaison bekommen.

"Nicht wirklich, oder ?" So habe er auf das Glück des Vereins reagiert, erzählte Yorik Heiber, Sportlicher Leiter der Aufderhöher und Initiator der Bewerbung. Im vergangenen Jahr war der Kreisligist SC Hörstel aus dem Tecklenburger Land in den Genuss der Begegnung unter absoluten Profi-Bedingungen - vom Benutzen des Entmüdungsbeckens bis zur anschließenden Pressekonferenz - gekommen.

Doch bei aller Begeisterung über das spezielle Erlebnis stellte TSV-Trainer Daniel Redmer kurz vor der Abreise im Schalker Mannschaftsbus gestern Vormittag klar: "Der Fokus muss auf dem Spiel liegen". Denn schließlich ging es für die Mannschaft von der Höher Heide am neunten Spieltag der Bezirksligasaison um wichtige drei Punkte gegen einen Tabellennachbarn: Vor der Partie lag der TSV mit sechs Zählern auf dem vorletzten Platz, einen Punkt hinter Gegner Bayer Dormagen. "Entscheidend wird sein, wer mit dem Druck besser umgeht", betonte Yorik Heiber.

Nicht nur das Ambiente war für die Solinger Kicker ungewöhnlich, sondern auch die Resonanz: Sechs Fan-Busse mit über 300 Anhängern, dazu noch mehrere hundert weitere Fußballfans in ihren eigenen Autos machten sich gestern von der Klingenstadt und Dormagen auf ins Ruhrgebiet und besetzten bei freiem Eintritt die Haupttribüne. "Mein Enkel spielt in der Jugend beim TSV", verriet Rainer Hierl, der mit seiner Familie nach Gelsenkirchen gereist war, und schickte mit Blick auf den Tabellenstand des Aufsteigers hinterher: "Es wäre ganz wichtig, wenn die Aufderhöher drei Punkte holen würden."

Um kurz nach 13 Uhr trafen die Spieler am Stadion ein: "Die Busfahrt war erstaunlich ruhig", gab Andreas Schäfer zu Protokoll - und schwärmte gleich von der Heimkabine: "Die ist so groß wie alle Räume bei uns im Verein zusammen."

Dort, wo sonst Stars wie Leon Goretzka oder Nabil Bentaleb ihre Trikots überstreifen, machten sich kurz vor dem Spiel die Aufderhöher gegenseitig Mut für die besonderen 90 Minuten - und erhielten mentalen Beistand von einer Schalker Legende: "Eurofighter" Mike Büskens war als Mannschafts-Pate zu einer Ansprache in die Kabine gekommen und führte sogar Einzelgespräche. "Der Inhalt bleibt in der Kabine", schmunzelte er anschließend beim Plausch mit Stadionsprecher Dirk Oberschulte-Beckmann.

Im Innenraum ertönte unterdessen aus den Boxen, leidenschaftlich mitgesungen vom Solinger Anhang, die Hymne des Gastgebers: "Opda, Opda, Opdahüh" schallte es statt des gewohnten Steigerliedes durch die Arena.

Dann war es schließlich soweit: Schiedsrichter Uwe Schandri gab das Spiel frei. Und die erste Halbzeit bot zunächst aus Solinger Sicht durchaus Anlass für Sorgenfalten. Die rheinischen Gäste erspielten sich eine optische Überlegenheit, bei den Aufderhöhern hingegen lief eher wenig zusammen. Das änderte sich im zweiten Durchgang. "Wir haben uns reingekämpft und sind sicherer geworden", analysierte Dominic Vieth, zweiter Geschäftsführer beim TSV, nach Spielschluss.

Das zahlte sich aus: Der eingewechselte Malte Gregor schlenzte den Ball in der 72. Minute ins lange Eck. Kevin Engels machte sechs Minuten später per Kopf alles klar. "Hier spielen wir jetzt immer", scherzte Vieth nach Abpfiff. Zum Schluss gab es für beide Mannschaften noch eine Feier. "Das war ein einmaliges Erlebnis, das wir gründlich aufgesogen haben", schwärmte Vieth. Und die magische Zahl von 1000 Besuchern hat der TSV auch noch übertroffen - zumindest nach offizieller Lesart pilgerten gestern insgesamt 1204 Fans in die Arena.

Lokaler Sport Seite D 1

(ied)
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