Solingen Symphoniker mit grandiosem ungarischen Abend

Solingen · Ungarns Musik ist ein Kaleidoskop der Gefühle. "Ein Feuerwerk der Emotionen kommt auf Sie zu", versprach Astrid Kordak in ihrer Konzerteinführung. Beim Philharmonischen Konzert widmeten sich die Bergischen Symphoniker unter Leitung von GMD Peter Kuhn Werken von Liszt, Vavrinecz und Kodály - und stellten ein Instrument vor, das eher selten zu hören ist: das Zymbal.

Liszts Orchesterfassung seiner dritten Ungarischen Rhapsodie eröffnete den Abend. Doch die war mehr als ein Appetithappen für das konzertante Dinner, sondern eine kompakte, präzis intonierte, dramaturgisch überzeugend entwickelte sinfonische Leistung. Alle Teile des Werks verband Peter Kuhn zum grandiosen Wurf - vom feurig intonierten Csardas mit klar artikulierten Akzenten über den elegischen Teil mit seinen atmend phrasierten Streichern und sauberen Solostimmen bis zum fulminanten Finale. Das alles "saß" im Detail und machte in der Tat Appetit auf mehr.

Und so rückte man das Konzertzymbal nach vorn, das mit zwei Klöppeln geschlagene Hackbrett. Mit dem jungen Franzosen Cyril Dupuy präsentierte sich einer der weltweit besten Könner dieses selten gespielten Instruments - und dass ihn mit dem 2004 verstorbenen Béla Vavrinecz eine enge Freundschaft verband, sollte sich bei dessen Konzertvariationen als Segen erweisen. Denn die sind ihm ein Herzensanliegen, das war in jedem Takt zu spüren. Und er lebt in seinem Instrument. Was er aus diesem heraus zauberte an Melodik, Klangfülle, Ausdruckstiefe, Steigerungen und technischen Finessen, war gigantisch.

In den elfminütigen Variationen entspann sich ein vielschichtiger Dialog zwischen Solist und Orchester, das feinfühlig agierte und Dupuy Raum für solistische Präsenz ließ. Mit atmend phrasierten Melodien und der die Zigeunertonleiter adaptierenden Harmonik, den starken crescendi und einem furiosen, fast an das Finale eines Rachmaninoff-Klavierkonzerts erinnernden Schluss kredenzten Solist und Orchester einen Hörgenuss, in dem sie sich als gleichwertige, exzellent aufeinander eingespielte Partner erwiesen.

Für Riesenbeifall bedankte sich der Solist mit der brillanten Version einer ungarischen Volksweise. Beim Schlussstück kam ihm keine solistische, so doch wichtige Funktion zu - in Kodálys "Háry János-Suite", nämlich, jenem aus seiner gleichnamigen Oper entstandenen Opus, in welchem der Bauer Háry János im Wirtshaus seine Heldentaten im Napoleonischen Krieg preisgibt. Mit der Wahrheit nimmt er es nicht genau, und so spielte der Humor bei der Interpretation der sechs Stücke, die Generalmusikdirektor Peter Kuhn kurz und prägnant erläuterte, eine große Rolle.

Alle Stücke überzeugten durch stringente Stilistik und gute Herausarbeitung der Kontraste. Die Introduktion - eine straff durchgehaltene Steigerung mit voluminösen Streichern. Die Hofburg - mit Glockenspiel, Celeste, Zymbal und frickeligem Bläsersatz trotz Komplexität klar gestaltet.

Groteske Momente kulminierten im vierten Stück zum skurrilen Trauermarsch, nach dem man im elegischen Intermezzos schwelgen durfte und dann ein sattes Finale von Strawinskyscher Wucht erlebte. Das war großes Musik-Kino - rund serviert.

Die Zugabe musste sein.

(RP)
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