Solingen Stadt peilt erste Schwarze Null seit 1987 an

Solingen · 2018 soll die Zeit der Roten Zahlen vorbei sein. OB Kurzbach und Kämmerer Weeke legten nun den Etatentwurf vor. Der sieht noch mal Einsparungen von 25 Millionen vor. Bund und Land sind für die Stadt dringender denn je in der Pflicht.

 Kämmerer Ralf Weeke (l.) und Oberbürgermeister Tim Kurzbach präsentierten gestern ihren Etatentwurf, der erstmals seit 31 Jahren keine Erhöhung der Schulden mehr vorsieht.

Kämmerer Ralf Weeke (l.) und Oberbürgermeister Tim Kurzbach präsentierten gestern ihren Etatentwurf, der erstmals seit 31 Jahren keine Erhöhung der Schulden mehr vorsieht.

Foto: or

In Berlin stand noch die Mauer, ein gewisser Helmut Kohl regierte als Bundeskanzler, im Solinger Rathaus war Gerd Kaimer Oberbürgermeister, und die Union spielte in der Zweiten Fußball-Bundesliga - so lange ist es mittlerweile her, dass die Klingenstadt letztmals keine neuen Schulden machte. Doch jetzt soll nach 31 Jahren Schluss sein mit den Roten Zahlen. Denn ab dem kommenden Jahr ist Solingen verpflichtet, zum ersten Mal seit 1987 wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

Ein Ziel, das Oberbürgermeister Tim Kurzbach und Stadtkämmerer Ralf Weeke (beide SPD) bei der Sitzung des Stadtrates gestern im Theater und Konzerthaus unisono bekräftigten. "Ab jetzt ist alles anders", sagte der Kämmerer bei seiner Rede zur Einbringung des Etats für 2018, der im Vergleich zum Vorjahreshaushalt Einsparungen von weiteren 25 Millionen Euro zum Gegenstand haben soll.

Wobei es den Verantwortlichen in der Verwaltung nach eigenem Bekunden darum geht, die Stadt "nicht kaputtzusparen", wie der Oberbürgermeister am Donnerstag bekräftigte. Vielmehr, so Kurzbach, sei es geboten, notwendige Investitionen (2018: 31 Millionen Euro), etwa im Bereich der Schulen und der Digitalisierung, zu tätigen, um auf diese Weise aus der Abwärtsspirale einer ständigen Flickschusterei herauszukommen.

"Ich bin stolz, dass wir einen Entwurf vorlegen können, der für 2018 den Haushaltsausgleich vorsieht", unterstrich der OB, der den Etat 2018 als "historisch" bezeichnete und in diesem Zusammenhang daran erinnerte, dass hinter Solingen und seinen Bürgern schwere Jahre lägen.

Gleichwohl geht es auch diesmal nicht ohne einen "Kraftakt" (Kurzbach). Zwar dürften sich die Erträge aus Gewerbesteuer und Einkommenssteuer sowie die Schlüsselzuweisungen des Landes 2018 erneut positiv entwickeln. Und zudem wird angesichts des Jahresergebnisses 2017, das besser als erwartet ausfällt, einer Auszahlung der Stärkungspaktmittel von fast 22 Millionen Euro im Oktober nichts im Wege stehen.

Doch parallel ist klar, dass die Hilfen vom Land ab dem kommenden Jahr spärlicher fließen. Über 13,6 Millionen Euro (2019) geht es bis 2021 schrittweise auf 0 Euro. Bei gleichzeitig steigenden Kosten zum Beispiel im Sozialbereich, der 2018 mit knapp 187 Millionen Euro um rund 60 Millionen Euro höher zu Buche schlägt, als etwa vor sechs Jahren - und der für 2021 sogar auf über 200 Millionen Euro geschätzt wird.

Deshalb ist neben der schon beschlossenen Erhöhung der Grundsteuer B ab Januar 2018, die 5,5 Millionen Euro bringen soll, eine Anhebung der Spielautomatensteuer vorgesehen, die 600.000 Euro zusätzlich in die Stadtkasse spülen könnte. Und darüber hinaus sind in der Verwaltung weitere Einsparungen geplant, mit denen unter anderem die Personal- sowie Versorgungskosten (2018: 148,4 Millionen Euro) für die nächsten Jahre stabilisiert werden.

Ziel sei es, Abläufe im Rathaus zu optimieren und auf Digitalisierung zu setzen, um 100 Stellen einzusparen, konkretisierte OB Kurzbach, der klarstellte, es werde keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Wohl aber ist vorgesehen, mit dem Personalrat in Kürze Verhandlungen über ein Altersteilzeitmodell zu beginnen.

Indes sehen sowohl der Oberbürgermeister, als auch der Kämmerer nach wie vor das Land und vor allem den Bund in der Pflicht, dauerhaft einen Beitrag zu leisten. "Seit 2000 hat der Bund allein Solingen Lasten in der Größe von 40 Millionen Euro jährlich aufgebürdet", sagte Ralf Weeke, der wie Tim Kurzbach diesbezüglich noch einmal an die Kosten für die Integration von Flüchtlingen sowie an die geplante Erhöhung der Krankenhausumlage, die Solingen knapp eine Million Euro kosten würde, erinnerte.

Offene Fragen, die mit anderen Unwägbarkeiten - wie zum Beispiel der Konjunktur und den Zinsen - sowie Kassenkrediten von augenblicklich 560 Millionen Euro einer nachhaltigen Konsolidierung der Stadtfinanzen im Weg stehen. Zumal ein positives Eigenkapital noch in weiter Ferne liege, wie der OB verdeutlichte. Er fürchtet, dass ohne Hilfe von Bund und Land Städte wie Solingen dauerhaft abgehängt werden.

(or)
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