Bergischer Hc Das Comeback

Solingen · 112 Tage nach seiner schweren Verletzung kommt Viktor Szilágyi zurück und führt den BHC zum 30:28 über Lübbecke.

 Gemeinsamer Jubel: BHC-Kapitän Viktor Szilágyi (links) und der elffache Torschütze Alexander Oelze.

Gemeinsamer Jubel: BHC-Kapitän Viktor Szilágyi (links) und der elffache Torschütze Alexander Oelze.

Foto: Imago

Es ist kurz vor 19 Uhr, die Klingenhalle ist verdunkelt, die Fans klatschen, alle warten auf das Einlaufen der Handball-Profis vom Bergischen HC. Doch die lassen sich vor der Partie gegen den Bundesliga-Tabellenletzten TuS Nettelstedt-Lübbecke ungewöhnlich lange Zeit, der Hallensprecher verkündet schon die Namen, ohne dass Spieler zu sehen wären. Dann öffnet sich die Tür des Kabinengangs und ein Mann führt den BHC aufs Feld, der genau weiß, was von ihm verlangt wird: Viktor Szilágyi peitscht die Fans mit einem Schrei und einer Handbewegung auf, die Menge tobt, und als der Hallensprecher mit überschlagender Stimme seinen Namen brüllt, wird sie noch lauter. 112 Tage nach seiner schweren Verletzung, dem Riss der "Plantarfaszie" genannten Sehnenplatte unter dem linken Fuß, die er Ende Mai im Heimspiel gegen Melsungen erlitten hatte, ist der Kapitän erstmals wieder dabei. Gänsehaut in der Klingenhalle.

Und die gibt es nicht zum letzten Mal an diesem Abend. Denn die Partie, die der BHC viel früher hätte entscheiden müssen, kippt plötzlich (siehe Spielfilm zur Partie). 53 Minuten und 26 Sekunden sind gespielt, als Szilágyi das Feld betritt. Wieder tobt die Menge. Und der Österreicher hält sich nicht lange mit Geplänkel auf, er geht direkt Eins-gegen-eins und holt in der dritten Aktion einen Siebenmeter heraus. Den verwirft aber Spielmacher Alexander Oelze, der insgesamt der überragende Akteur des Abends war und neben seinen elf eigenen Toren etliche weitere vorbereitet hat.

 BHC-Trainer Sebastian Hinze lebt die Abwehrarbeit vor, Moritz Preuss (links) und Betreuer Siggi Knapik sind hier gerade etwas ruhiger.

BHC-Trainer Sebastian Hinze lebt die Abwehrarbeit vor, Moritz Preuss (links) und Betreuer Siggi Knapik sind hier gerade etwas ruhiger.

Foto: Stephan Köhlen

Im nächsten Angriff trifft Szilágyi, es ist das 28:27. Einen Angriff später nimmt sich der 37-Jährige einen seiner gefürchteten Schlagwürfe, der zu diesem Zeitpunkt herausragende Lübbecker Torwart Nikola Blazicko wehrt ihn ab, aber Kreisläufer Max Weiß verwertet den Abpraller zum 29:27 - die Partie ist gewonnen.

Der BHC weiß, bei wem er sich zu bedanken hat: Die Handballprofis, die vier Spiele in elf Tagen bestritten haben, klatschen den jubelnden Fans zu. Und Szilágyi betont: "Der Empfang war unglaublich. Dafür muss ich mich beim Publikum bedanken. Auch wenn sich das nach einem platten Spruch anhört: Da sieht man, dass es sich lohnt, so hart zu arbeiten. Mit dieser Atmosphäre waren wir heute nicht zu schlagen." Der Kapitän vergisst auch nicht, Dr. Dietrich von der Heyde, Physiotherapeut Carsten Walonka und Athletiktrainer David Gröger "mit denen ich zuletzt so viel Zeit verbracht habe" zu danken.

Über den Moment, als sein Trainer Sebastian Hinze ihm signalisiert hatte, er solle sich aufwärmen, muss Szilágyi gar nicht viele Worte verlieren: "Wir standen die ganze Zeit in Kontakt. Und dann hat er entschieden, dass der Moment gekommen ist." Hinze erklärt: "Wir hatten in dieser Phase große Probleme im Positionsangriff und wollten das dann im Kleinen lösen. Ich wollte eine kleine Unbekannte reinbringen, auch wenn man Viktor natürlich kennt. Aber es hat die Mannschaft getragen, als die Halle dann auch noch mal kam."

Das Comeback hatte nicht nur die Fans gefreut, sondern auch die BHC-Akteure. So fand stellvertretend Oelze, der Szilágyi in der ganzen Zeit mehr als würdig auf der Spielmacherposition vertreten hatte: "Schön, dass Viktor wieder da ist." Der Kapitän selber hatte keine Zweifel, dass es für ihn reichen würde: "Sonst hätte ich mich gar nicht erst mit warm gemacht. Und wenn es dann so weit ist, muss man mit Überzeugung und 100 Prozent drauf gehen, dann kann man sich nichts vorwerfen." Denn: "Ich habe schon so viele Spiele erlebt, wo es nicht geklappt hat. Da gab es dann immer etwas, das man sich vorzuwerfen hatte. Daraus lernt man." Spiele zu entscheiden, kann man allerdings nicht lernen - Szilágyi ist einfach dazu geboren.

(ame)
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