Bergischer Hc BHC fasst sich an die eigene Nase

Solingen · Bei ihrem Final-Four-Debüt überzeugen die Bergischen auf und neben dem Platz. Eigene Fehler stehen im Fokus.

 "Oh nein!" - die BHC-Spieler Ace Jonovski und Kristian Nippes können das 27:26 von Magdeburgs Jacob Bagersted nicht verhindern.

"Oh nein!" - die BHC-Spieler Ace Jonovski und Kristian Nippes können das 27:26 von Magdeburgs Jacob Bagersted nicht verhindern.

Foto: Lukas Schulze

Die siebenköpfige Reisegruppe aus dem Schwabenländle ist sich einig: "Der Bergische HC hat positiv überrascht. Das war richtig stark,", heißt es in der Hotel-Lobby am Samstagabend unisono. Die neutralen Zuschauer hatten ihre helle Freude am Auftritt des Außenseiters beim "Final Four", der bei diesem Finalturnier des nationalen Handball-Pokals so ganz nebenbei Geschichte geschrieben hat: Da er den Bundesliga-Konkurrenten SC Magdeburg in die Verlängerung zwang, gab es bei der 25. Auflage der Traditionsveranstaltung eine Premiere: Beide Halbfinals wurden erst in der Verlängerung entschieden, weil sich zuvor auch die deutschen Top-Teams SG Flensburg-Handewitt und Rhein-Neckar Löwen die Overtime gegönnt hatten. Nach dem 31:30 aus dem ersten Halbfinale trafen die Nord- am Sonntag auf die Ostdeutschen, die den BHC nach hartem Kampf mit 36:33 niedergerungen hatten. Mit 32:30 (14:12) ging der Titel an BHC-Bezwinger Magdeburg.

Dieses Endspiel hatten die Bergischen Finalturnier-Debütanten äußerst knapp verpasst. Eine komfortable 12:9-Führung brachten sie nicht in vollem Umfang bis zur Pause, und nach dem Seitenwechsel wurde aus dem 15:14-Vorsprung blitzschnell ein 15:19-Rückstand. Es wurde zum ersten Moment, der die neutralen Zuschauer wie die erwähnten aus Schwaben begeisterte: Der BHC kam zurück, ging angetrieben vom wurfgewaltigen Fabian Gutbrod zwei Minuten vor dem Ende durch Linksaußen Christian Hoße mit 29:28 in Führung. Es folgte der nächste begeisternde Moment, als der überragende Torwart Björgvin Gustavsson 32 Sekunden vor Schluss beim Stand von 29:29 den Siebenmeter von Robert Weber parierte. Mit etwas Glück hätte Arnor Gunnarsson sein Team kurz vor Abpfiff ins Finale werfen können, doch sein Dreher rutschte am Tor vorbei.

Dass Yves Grafenhorst den Isländer dabei im Sprung geschubst hatte, wollte Gunnarsson nicht überbewerten: "Klar ist die Regel, dass es da Siebenmeter gibt. Aber wenn ich Schiedsrichter bin, pfeife ich das auch nicht. Irgendwas war nass, die Hand oder der Ball, sonst geht der Dreher wohl rein. Es war aber auch unglaublich heiß in der Halle." So ging es in die historische Verlängerung, und auch da stand der BHC mit dem Rücken zur Wand, kämpfte sich aber zurück - bis ihm der zweite Wechselfehler des Spiels unterlief, der letztendlich das Aus bereitete.

Doch auch nach der verpassten Finalteilnahme begeisterten die Bergischen - als faire Verlierer und ehrliche Analysten ihrer Leistung, auf die sie zu Recht stolz sein durften. So sagte Gustavsson etwa: "Zufrieden sind wir nicht, aber sehr stolz. Es war ein heißer Kampf, mit unglücklichen letzten Minuten für uns. Das Gute daran ist, dass wir es selber Schuld sind. Nicht die Schiedsrichter oder irgendetwas sonst. Magdeburg war einfach zwei Spieler besser." Weber mit zwölf und Michael Damgaard mit acht Treffern waren da gemeint.

Auch Viktor Szilágyi legte den Fokus auf die eigenen Fehler: "Was nicht passieren darf, ist der Wechselfehler", befand der BHC-Kapitän mit Blick auf dieses zweite Malheur in der Verlängerung. "Ohne da irgendwem Schuld zu geben: Dafür haben wir Leute auf der Bank, die darauf achten sollen." Er selbst war nach einer abgepfiffen Aktion zum Wechsel gelaufen, zwei Mitspieler betraten das Feld - das bedeutete die nächste zweiminütige Unterzahl, nachdem sein Team die Verlängerung bereits mit einem Mann weniger begonnen hatte. "Ich habe mich von den Schiedsrichtern da ungerecht behandelt gefühlt und kann deshalb zu der Situation nichts sagen", beteuerte Szilágyi. "Aber wir gehen in Unterzahl in die Verlängerung und dann wieder am Ende. Da spielst du zehn Minuten Verlängerung und davon vier in Unterzahl - das darf nicht passieren."

Sein Trainer, Sebastian Hinze, sah es ebenso, schob das aber auf die Aufregung in dieser heißen Phase der Partie: "Zwei sind reingelaufen. Das ist heute Abend bitter. Aber es war eine der ersten Verlängerunen in der Geschichte des BHC, und wir müssen daraus lernen - für wann auch immer."

Zunächst einmal geht es nach diesem Vereins-Highlight im Pokal nun im Abstiegskampf der Liga weiter - und da wartet am Samstag ausgerechnet derselbe Gegner wie nun im Final-Four-Halbfinale. Gustavsson richtete bereits seinen Blick darauf: "Das heute war ein schönes Handball-Spiel", sagte er am vergangenen Samstag. "Das konnten wir genießen. Aber jetzt müssen wir gucken, was wir daraus mitnehmen können für den Kampf um den Klassenerhalt. Das hier hat uns viel Schub gegeben, wir müssen alles mitnehmen, was gut war und wieder die Emotionen finden. Es geht jetzt wieder gegen den SCM. Wir haben gesehen, dass wir das gewinnen können, gerade zu Hause." Der Torwart überlegte einen Moment. "Aber ich hätte gerne beide Spiele gewonnen."

Im Gegensatz dazu hatte sich Gutbrod noch nicht mit dem Ligaspiel gegen Magdeburg befasst. Der Halblinke war in Hamburg erstmals nach monatelanger Verletzungspause ab der 35. Minute wieder auf die Platte gekommen und hatte mit fünf Toren und ein paar Anspielen voll überzeugt. "Klar, es gibt sicher schlechtere Orte, wo man ein Comeback feiern kann", sagte der 27-Jährige. "Aber ich muss das Spiel erstmal verdauen, und dann bereiten wir uns auf das nächste vor. Mit ein bisschen Abstand können wir auch stolz sein, aber jetzt fühlt es sich nur mega-bitter an."

Zu seinem Einsatz sagte Gutbrod: "Ich hätte nicht gespielt, wenn es ein medizinisches Risiko gewesen wäre. Aber ich bin schon weit entfernt von meiner körperlich besten Verfassung. Nach sieben, acht Minuten im Angriff war ich kaputt. Das ist nur wegen des Adrenalins im Körper nicht so zum Tragen gekommen." Dass er kurz vor dem Ende einen Pass auf den völlig freien Kreisläufer Moritz Preuss nicht anbringen konnte und so einen Gegenstoß einläutete, war ein Beispiel für die verständlicherweise fehlende Fitness. "In einem Halbfinale ist jeder Fehler 30 Sekunden vor Schluss schlimm", sagte Gutbrod wie sein ganzes Team sehr selbstkritisch. Der BHC hat sich gut verkauft - auf und neben der Platte des Final Four. Das wissen nicht nur sieben Schwaben.

(ame)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort