Bergischer HC Alex Hermann macht sein Meisterstück

Solingen · Der Halblinke ragt aus dem Team heraus und führt den BHC mit neun Toren zum 24:21-Heimsieg über Hannover.

In den Gängen hinter der Klingenhalle steht Sebastian Hinze auf der Treppe und applaudiert Alexander Hermann leise. Der Halblinke des Bergischen HC geht die Stufen empor, sein Trainer klatscht mit ihm ab, umarmt ihn kurz. Der Österreicher hat diese nahezu stumme Ehrbezeugung mehr als verdient, er hat gerade eines seiner besten Spiele im BHC-Trikot absolviert. Neun Tore hat er im Duell der Handball-Bundesliga gegen die TSV Hannover-Burgdorf erzielt und damit den Löwenanteil am 24:21 (9:7)-Sieg, der die Bergischen nicht nur in der Klingenhalle in dieser Saison weiter ungeschlagen lässt, sondern auch Big Points im Abstiegskampf bedeutet.

Der 24-Jährige hat gut begonnen, das 2:1 erzielt, das 4:3 durch Kreisläufer Moritz Preuss sehenswert vorbereitet - doch was er nach der Halbzeitpause abgeliefert hat, ist sein Meisterstück in der so oft als "stärksten Liga der Welt" bezeichneten Spielklasse. Sieben Tore nach dem Seitenwechsel, darunter die so wichtigen zum 16:16, 17:16, 19:16, die den BHC auf die Siegesstraße geführt haben - Alex Hermann hat in diesen zweiten 30 Minuten offensiv nahezu alles richtig gemacht und insgesamt öfter getroffen als je zuvor in dieser Liga. Hat der österreichische Nationalspieler vor der Partie irgendetwas Besonderes gemacht, das diese phänomenale Leistung auch nur im Aberglauben erklären könnte? "Nein, es war einfach alles wie immer", sagt er.

Abheben ist nicht seine Sache - das macht ihn trotz seiner relativ jungen Jahren bereits zu einem so wertvollen Spieler. "Das war ich ja nicht alleine", gibt er zu verstehen. "Wir sind alle mit der Zeit besser und besser geworden, sind besser in die Abschlüsse gekommen. In der ersten Halbzeit haben wir zu oft zu schnell die Abschlüsse gesucht, in der zweiten Halbzeit sind wir viel besser und schneller nach vorne. Das war entscheidend."

Bei aller Bescheidenheit - das war schon eine sensationelle individuelle Leistung. Und so stellte ihn sein Trainer auch ein wenig heraus aus der "kämpferischen Leistung", die er als Schlüssel gesehen hatte: "Wir hatten am Anfang Probleme, die 6:0-Abwehr von Hannover in Bewegung zu bringen. In der zweiten Halbzeit war das besser, gerade Alexander Hermann hat uns mit viel Schwung und sehr gutem Abschluss geholfen", analysierte Hinze, der neben der Offensivleistung seines Halblinken natürlich auch gesehen hatte, dass Torwart Björgvin Gustavsson erneut einen Sahnetag erwischt hatte: "Björgi hat uns immer geholfen, wenn wir rankommen mussten und wollten, und hat da viele freie Bälle, ob aus dem Rückraum oder vom Kreis, entschärft." Sein Gegenüber, Jens Bürkle, fand: "Wir hatten 23 Fehlwürfe - das hat uns schon das Genick gebrochen."

So gab es in dieser Saison ein Novum: Zum ersten Mal hat der BHC zwei Siege in Folge feiern können, nach dem Auswärtssieg beim TBV Lemgo gab es nun den Erfolg über Hannover. "Wir wussten, wir müssen einfach geduldig sein, und auf unsere Situation hoffen", meinte BHC-Vizekapitän Kristian Nippes. "Ich glaube, wir kommen langsam wieder an den Punkt wie letztes Jahr, wo wir regelmäßig gepunktet haben. Wir haben an allem gearbeitet, damit Selbstvertrauen und Automatismen wieder da sind."

Kreisläufer Preuss, der aufgrund des Ausfalls von Max Weiß (Grippe) durchspielen musste und offensiv wie defensiv eine Heidenarbeit verrichtet hatte, berichtete: "Wir waren positiv drauf. Wir haben uns über eine Woche super auf dieses Spiel vorbereitet. Wir wussten, wie wichtig das ist und haben einen unglaublichen Fokus darauf gelegt. Die Abwehr war über 60 Minuten klasse - das sieht man, wenn man gegen so eine Top-Mannschaft nur 21 Tore kassiert. Klar hatten die Ausfälle, aber wir haben auch gut gespielt." Den Gästen fehlten unter anderem die Europameister Kai Häfner - immerhin bester Feldtorschütze der Liga - und Erik Schmidt als Abwehrchef.

Der BHC wiederum musste auf Weiß, Jan Artmann (Knie) und Fabian Gutbrod, der sein Comeback nach Patellasehnenproblemen verschieben musste, verzichten. "Ich glaube, dass wir unsere Ausfälle besser kompensieren konnten", befand Linkshänder Nippes, "gerade in den Minuten 40 bis 50, die entscheidend waren." Das waren die, in denen er selbst zwei Mal traf und in denen Alex Hermann aufdrehte. Und als es danach, beim 22:20 vier Minuten vor dem Ende, noch ein Mal eng zu werden drohte, war es einmal mehr Viktor Szilágyi, der zuvor in der Spielsteuerung geglänzt hatte, der nun die Verantwortung übernahm und mit zwei Treffern in Folge auf 24:20 stellte. Der österreichische Kapitän ist wieder da, wenn es darauf ankommt. Sein Landsmann auf halblinks hat aber am Samstag gezeigt, dass auch er Spiele entscheiden kann. Nicht nur deshalb hat sich Alex Hermann Applaus verdient.

(ame)
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