Solingen Sparend in den Untergang ?

Solingen · analyse Wuppertal ist trotz Sparanstrengungen wohl doch 2011 bankrott. Solingens Kämmerer Ralf Weeke rechnet im Mai mit Zahlen zum Steueraufkommen. Derweil will der Märkische Kreis das Land verklagen.

Inzwischen ist die Zahl der Nutzer der Internet-Plattform www.solingen-spart.de auf über 3000 gestiegen. Kommenden Donnerstag gegen Mitternacht wird die Seite inaktiv geschaltet. Auf ihr sind Einsparmaßnahmen in Höhe von 70 Millionen Euro aufgeführt. 45 Millionen davon in der von der Stadtspitze empfohlenen Sparliste, die anderen 25 Millionen sind Maßnahmen, die diese explizit nicht empfiehlt, unter anderem die Schließung des Klingenmuseums.

Der bislang ermittelte Sparwillen aller Internet-Teilnehmer liegt bei rund 32 Millionen Euro. Die gesetzte Zielmarke lautet allerdings 45 Millionen Euro ab 2013, um dann wenigstens nach derzeitiger Rechnung 18,2 Millionen Euro Eigenkapital übrig zu haben und sich damit den Sparkommissar noch ein bisschen vom Leib zu halten.

In der Nachbarstadt Wuppertal hat der Stadtrat Anfang dieser Woche erste Sparmaßnahmen in Höhe von 45 Millionen Euro beschlossen; das Spar-Ziel liegt bei 80 Millionen Euro. Doch trotzdem kann Solingens Nachbarstadt damit nichts reißen: Stadtkämmerer Johannes Slawig informierte am Montag die Öffentlichkeit über ein weit größeres Defizit als angenommen. Damit wäre Wuppertal trotz Sparanstrengungen bereits kommendes Jahr bankrott.

Im Mai rechnet Solingens Stadtkämmerer Ralf Weeke mit der Steuerschätzung für die Klingenstadt. Ob es dann Solingen auch noch härter treffen wird? Dabei hat Weeke im Nachtragshaushalt schon jetzt die erwarteten Einnahmen nach unten und die Ausgaben für Sozialleistungen nach oben korrigiert. Wenn es noch dicker kommen sollte, könnte es am Ende gar passieren, dass die Politik sich vom Sparwillen verabschiedet – wie es in Remscheid schon passiert. Deren Sparpaket löst sich immer mehr in ein nicht gewolltes Wolkenkuckucksheim auf. Ein kleiner Silberstreif am dunklen Finanz-Horizont: Die Europäische Zentralbank hat vor kurzem entschieden, den Leitzins bis auf weiteres bei 1,0 Prozent zu belassen. Damit bleibt die Aufnahme von Kassenkrediten für die Stadt noch finanzierbar. Die braucht sie dringen fürs laufende Geschäft.

Ob tatsächlich Hilfe vom Land kommt ? Nicht wenige glauben, dass diese Mitte April und damit noch vor der Landtagswahl kommen wird – in welcher Form auch immer. NRW-Finanzminister Dr. Helmut Linssen hat sich vor der konstituierenden Sitzung der Gemeindefinanzkommission von Bund, Land und Kommunen gegenüber der Presse so geäußert, dass die Landesregierung bereit sei, einen Beitrag zu leisten. Allerdings sieht Linssen den Bund in der Pflicht, die Kommunen bei den Sozialausgaben zu entlasten.

Im Märkischen Kreis will man auf ein Hilfsangebot nicht mehr warten. Dort plant man eine Klage gegen das Land vor dem Landesverfassungsgericht. Der Prozess könnte sich über Jahre hinziehen. Städte, wie Solingen, Remscheid und Wuppertal können so lange nicht warten. Bis zu einer Entscheidung werden alle drei bergischen Großstädte bereits aller Handlungsfähigkeit beraubt sein – es sei denn, es kommt die rettende Hilfe von Land oder Bund.

(RP)
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