Solingen Sorge um das Windfelner Bachtal

Solingen · Jahrzehntelang hat sich Elsa Böhm um das Windfelner Bachtal gekümmert, heute beklagt sie die Verwahrlosung.

Die Geschichte des Windfelner Bachtals ist, wie so viele Geschichten, eine, die aus zwei Perspektiven erzählt werden muss. Die eine Perspektive ist die von Elsa Böhm, 79 Jahre alt, ein "Solinger Original", bekannt als Betreiberin der Minigolfanlage unter der Müngstener Brücke, Naturschützerin. Den Weg hinab, von ihrem Haus über die Wiese und einen kleinen Trampelpfad bis ins Windfelner Bachtal, schafft Elsa Böhm schon lange nicht mehr.

Von ihrem Sohn jedoch weiß sie, dass dort heute nichts mehr so ist, wie es einmal war - damals, als sie selbst das Areal noch pflegen konnte: Die Teiche, eigentlich aus der kleinen Quelle gleich daneben gespeist, seien zugewuchert, die Fichten drumherum gefällt worden, der Windfelner Bach, einst durch einen Ölunfall kontaminiert, sei umgelegt worden und fließe nun auch in die Teiche, zudem sei ein Maschendrahtzaun gezogen worden. Auch die Hütte, in der Elsa Böhm den Kindern aus der Umgebung von Natur und Naturschutz erzählte, und die kleine Brücke sind schon lange fort. "Das Lebenswerk meiner Mutter ist zerstört worden", sagt Eberhard Böhm. Was ihr geblieben ist, sind die Erinnerungen in ihrem Kopf - und die Erinnerungen in dem dicken Album, in dem die 79-Jährige alles zum Windfelner Bachtal archiviert hat.

Vom Anfang im Jahr 1970, als Elsa Böhm das Gelände in der Hofschaft Windfeln von der Stadt pachtete, um zu verhindern, dass hier eine Mülldeponie und eine Schnellstraße gebaut werden konnten. Über all die Jahre, in denen sie, alleine und mit ihrer Bürgerinitiative, für den Erhalt der Windfelner Teiche kämpfte, das Tal von Müll befreite und für ihre Arbeit nicht nur mit dem Umweltpreis der Stadt, sondern auch mit dem europäischen Umweltpreis ausgezeichnet wurde. Bis hin zum Jahr 1998, als die Stadt den Pachtvertrag kündigte - und Elsa Böhm von ihrem Traum vom Windfelner Bachtal Abschied nehmen musste. "Ich wünsche mir einfach, dass die Stadt das Grundstück wieder in Ordnung bringt. Ich hab doch nicht all die Jahre umsonst malocht", sagt Elsa Böhm.

Die zweite Perspektive ist die von Dr. Klaus Strehlau, Leiter des Stadtdienstes Natur und Umwelt. Die Stadt, sagt er, habe eine klare Entscheidung für ihr Grundstück getroffen. "Wir haben entschlossen, daraus ein wirkliches Biotop zu machen, weswegen es nach bürgerlichem Gutdünken verwahrlost und zugewuchert wirken kann. Es ist jetzt der Natur überlassen und wir wollen diesen naturnahen Zustand erhalten." Der Zaun, der von einem Privatmann um einen Teil des Areals gezogen worden sei, störe dabei nicht. "Wir sind da so wenig Verwaltung, dass wir ihn jetzt nicht aus reiner Prinzipienreiterei weghaben wollen." Einzig eingewanderte Pflanzen, die hier nicht hingehören, wie die Herkulesstaude oder das japanische Springkraut, würden beseitigt, die Kontrolle übernähmen die Forstwirte.

"Über viele Jahre wurden für Frau Böhm für ihre Aktivitäten im Landschaftsschutzgebiet alle Augen zugedrückt. Wir haben seinerzeit eineinhalb Tonnen Müll, beispielsweise Verrohrungen, aus dem sogenannten Biotop geholt, auch die Bauten waren unzulässig", sagt Strelau. Der kleine Bach indes sei nicht umgelegt worden, sondern habe sich dem natürlichen Gefälle folgend sein altes Bett wieder gesucht. "Er ist nach dem Ölunfall in den 90er Jahren vollständig saniert worden. Bei unseren letzten Wasserproben haben wir keine Öl-Rückstände mehr vorgefunden. Sollte hier wirklich etwas sein, kann man sich gerne an uns wenden und wir sehen uns das nochmal an."

(RP)
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