Solingen Silberner Schuh für mutige Verfolgung

Solingen · Awa Gueye hat beobachtet, wie das E-Bike eines Gastes vor dem Solinger "Wirtshaus" gestohlen wurde. Die Kellnerin sprintete hinterher, bis der Dieb aufgab und das Rad abstellte. Für ihr beherztes Eingreifen wird sie am Sonntag geehrt.

Awa Gueye hat Tränen der Rührung in den Augen, als sie ansetzt, ihre Geschichte zu erzählen und sich erst einmal bedankt. Die Auszeichnung mit dem "Silbernen Schuh" betrachte sie als Ehre, weil "ich nie damit gerechnet hätte". Schließlich sei es für die 25-Jährige eine Selbstverständlichkeit gewesen, im März dieses Jahres den Dieb eines E-Bikes zu verfolgen und ihn schließlich nach mehr als einem Kilometer einer ungleichen Verfolgungsjagd durch die Solinger Innenstadt zur Aufgabe zu bewegen.

In jedem Jahr verleiht das Bündnis für Toleranz und Zivilcourage im Rahmen der Gedenkfeier zum Jahrestag des Brandanschlags vom 29. Mai 1993 den "Silbernen Schuh" an verdiente Bürger, Einzelpersonen oder Gruppen. Unter anderem steht der Preis für das Eintreten für Minderheiten in der Gesellschaft. "Durchaus hätten auch die vielfältigsten Initiativen eine Ehrung verdient gehabt, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren", sagt Oberbürgermeister Tim Kurzbach. Trotzdem habe sich die Jury entschieden, dieses Jahr keine für eine Organisation repräsentative Person auszuzeichnen, sondern "eine junge Frau, die als Mensch wunderbar menschlich gehandelt hat".

Awa Gueye war als Au-Pair-Mädchen nach Deutschland gekommen und lebt inzwischen bei ihrer Zwillingsschwester in Solingen. Um sich ihr Studium zu finanzieren, jobbt die Senegalesin auch als Kellnerin im "Wirtshaus" in der Solinger City. "Ich habe mich an jenem Tag mit einem Gast unterhalten, als dieser plötzlich sagte: Da klaut einer mein Rad." Immerhin ein E-Bike im Wert von 2500 Euro, das unverschlossen, aber ohne Bedienelement für den Motor an der Mummstraße abgestellt war. "Es war ein Reflex, dass ich einfach losgelaufen bin." Auch weil sie bis dahin gedacht habe, dass so etwas in Deutschland nie passieren könnte. Als Awa Gueye dem unbekannten Täter mit letzter Puste zurief, dass sie sein Gesicht gesehen habe, warf dieser das Rad ins Gebüsch und flüchtete. "Ich wollte einfach nur die Freude des Gastes sehen, wenn er sein Fahrrad zurückbekommt."

Sie hat ihr Ziel erreicht - wie auch in anderen Lebenslagen. "Wenn man etwas will, muss man durchhalten, um es zu erreichen", lautet ihr Prinzip. Awa Gueye spricht nach nur zwei Jahren in Deutschland perfekt Deutsch und hat mehrere Sprachprüfungen abgelegt, um in Bonn studieren zu können. "Ich mag keine Ungerechtigkeiten, Vielleicht studiere ich deswegen Jura."

Tim Kurzbach, der am Sonntagabend in der Caféteria des Mildred-Scheel-Berufskollegs die Laudatio bei der Preisverleihung halten wird, betont, dass er sich von allen Solingern wünsche, dass sie eingreifen statt wegzuschauen. "Egal, ob es um das persönlich Gut oder die körperliche Unversehrtheit der Mitmenschen geht."

(gra)
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