Solingen Seit 60 Jahren verheiratet

Solingen · Heute feiern die Eheleute Ingeborg und Werner Deichmann ihre Diamantene Hochzeit. Sie blicken zurück auf ein langes gemeinsames Leben, das geprägt war von großem Engagement und jeder Menge Politik.

Es war ein ganz kleiner Satz, mit dem damals, 1952, in Burg bei einer Tanzveranstaltung in einem Hotel alles begann. "Wenn Du jetzt gehst, dann kannst Du mich ja mitnehmen", hatte die junge Frau, noch keine 18 Jahre alt, die dort mit einer Freundin Spenden für das Rote Kreuz sammelte, zu Werner Deichmann gesagt. Daraus wurde eine große Liebe - und eine Liebesgeschichte, die bis heute andauert: Am heutigen Donnerstag feiern Ingeborg und Werner Deichmann ihre Diamantene Hochzeit. Am 3. Dezember 1955 haben sie sich das Ja-Wort gegeben.

Es ist ein spannendes, von Politik und Engagement geprägtes, für ihre Zeit immer fortschrittliches, aktives gemeinsames Leben, auf das Ingeborg und Werner Deichmann zurückblicken. Eines, in dem sie stets an ihren gemeinsamen Werten - Freiheit, Brüderlichkeit und Solidarität - festgehalten haben. Und eines, in dem beide ihren eigenen Weg gehen konnten, ohne den gemeinsamen Weg aus dem Blick zu verlieren. "Wahrscheinlich hat unsere Ehe auch so lange gehalten, weil wir uns so selten gesehen haben", sagt der 84-jährige Werner Deichmann und schmunzelt.

Beide sind ihr Leben lang berufstätig: Er in seinem Traumberuf als Vertreter für Propangasanlagen, in dem er ganz Deutschland bereist. Sie als kaufmännische Angestellte bei der Sparkasse. Auch nach der Geburt der beiden Töchter geht die heute 81-jährige Ingeborg Deichmann wieder arbeiten - untypisch für die Zeit, die späten 1960er Jahre, typisch für Ingeborg Deichmann. "Ich wollte einfach nicht zu lange raus sein, wolle nicht den Anschluss verlieren", sagt sie.

Am 1. Januar 1972 treten die Eheleute gemeinsam in die SPD ein. Von 1975 bis 1985 sitzt Ingeborg Deichmann für ihre Partei in der Bezirksvertretung Mitte, ihr Mann von 1975 bis 1995 im Stadtrat. Meckern, sagt Werner Deichmann, kann jeder. "Es geht darum, den Nerv zu haben, selbst anzupacken, Dinge anzumahnen, zu seiner Meinung zu stehen, sich auch mal unbeliebt zu machen." Und darum, mutig genug zu sein, für die Schwächeren aufzustehen, ergänzt seine Frau. "Wir wollten immer einfach menschlich sein, dann geht vieles. Ich bin sehr froh, dass wir uns das bis heute erhalten haben."

Zum politischen Engagement, das beide als Arbeit für die Menschen verstehen, die sie gewählt haben, und zugleich auch als Verpflichtung gegenüber zukünftigen Generationen, kommt immer auch das soziale: Beide setzen sich stark für die Hasseldelle, das Quartier in dem sie seit 1971 leben, ein, sind Mitbegründer einer ersten Bürgerinitiative, aus dem später der Nachbarschaftsverein "Wir in der Hasseldelle" hervorgeht. Bis heute sind die Deichmanns dort und in der Beroma-Genossenschaft engagiert. Über viele Jahre ist Werner Deichmann für den Spar- und Bauverein Solingen aktiv, zuletzt auch im Vorstand der Genossenschaft, diese Aktivitäten beendete er im Alter von 69 Jahren.

Und doch: Beide wollen nicht nur Politik machen, sich nicht nur, wie Werner Deichmann sagt, wie ein Hamster im Rad drehen. Als Ingeborg Deichmann ihr Amt mit der Geburt des ersten Enkelkindes abgibt, dann, um sich voll und ganz auf die Familie zu konzentrieren. Und sie erfüllen sich einen Wunschtraum: Ein kleines Boot, mit dem die ganze Familie fortan auf große Touren geht, die Eltern ihren Töchtern und den vier Enkelkindern die Welt zeigen. "Das waren die schönsten 20 Jahre unseres Lebens", blickt Ingeborg Deichmann zurück. Dass sie ihre Enkelkinder und mittlerweile auch ihr erstes Urenkelchen ein ganzes Stück begleiten durften, sei die schönste Errungenschaft.

"Wir hatten keine langweilige Ehe", sagt Werner Deichmann, wenn er über das Geheimnis ihrer langen Liebe nachdenkt. "Es gab Höhen und Tiefen und wir streiten auch heute noch. Die Frage ist immer nur, wie dialogfähig man ist. Viele Leute haben heute einfach keine Streitkultur mehr, denken, dass sich alles lösen lässt, wenn man die Brocken hinwirft. Doch das ist nicht so."

Ihren 60. Hochzeitstag feiern die Deichmanns mit denen, die ihnen lieb und teuer sind - mit der ganzen Familie werden sie eine Nikolausfahrt auf dem Rhein unternehmen - und, ganz selbstverständlich, auch mit Menschen, die Hilfe brauchen: Statt einer großen Feier wollen die Eheleute ein Willkommensfrühstück für 15 Flüchtlingsfamilien ausrichten, die in die Hasseldelle ziehen.

(mxh)
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