Solingen Schellbergtal: Schafe statt Schwimmer

Solingen · Die Renaturierung des Bades im Schellbergtal ist jetzt abgeschlossen. Entstanden ist eine Auen-Landschaft. Die Stadt sucht inzwischen einen Schäfer, der mit seiner Herde das Areal in Schuss hält. Über die Nutzung der Gebäude laufen Verhandlungen.

Solingen: Schellbergtal: Schafe statt Schwimmer
Foto: Biologische Station

Die alten Umkleidekabinen stehen wie einst. Ein in die Jahre gekommenes Reklameschild wirbt nach wie vor für eine Eissorte, die an heißen Tagen Abkühlung verspricht. Und direkt an der Kasse stehen an einer Schautafel auch noch die Eintrittspreise, die zuletzt galten: Erwachsene zahlten drei Euro, Kinder sowie Jugendliche waren mit 1,50 Euro mit von der Partie.

Doch ansonsten erinnert an diesem schönen Sommernachmittag im Juli 2016 nicht mehr sehr viel an den Betrieb, der hier bei hohen Temperaturen früher einmal geherrscht hat. Fast neun Jahre sind inzwischen vergangen, seitdem das ehemalige Freibad im Schellbergtal für immer seine Tore schloss. Im August 2007 tummelten sich zum letzten Mal Badegäste in dem Becken des Bades im Solinger Süden, das zu diesem Zeitpunkt bereits auf eine über 80-jährige Geschichte zurückblickte.

Aus und vorbei - im Schellbergtal wird niemals wieder irgend ein Schwimmer ins Wasser springen. Denn nachdem die Anlage nach dem vorläufigen Ende noch einige Jahre in einer Art Dornröschenschlaf gelegen ist, sind nun auch die Hoffnungen all jener Bad-Enthusiasten zerstoben, die lange Zeit nicht wahrhaben wollten, dass die Tage des alten Freibades unwiederbringlich vorbei sind.

Seit diesem Sommer ist nämlich die Natur im Schellbergtal zurück. Erst vor wenigen Wochen wurden die Arbeiten an der Renaturierung des rund ein Hektar großen Areals abgeschlossen, das nach dem Willen der Stadt sowie der Technischen Betriebe Solingen (TBS) fortan als Auen-Landschaft zur Heimat für diverse Pflanzen- und Tierarten werden soll.

Dabei sind die "Hauptmieter", die in Zukunft vor allem die Aufgabe übernehmen werden, das neu geschaffene Biotop zu erhalten, im Augenblick noch gar nicht im Schellbergtal eingezogen. "Der Plan ist es, auf dem Gelände des ehemaligen Freibades eine Schafherde anzusiedeln", sagte jetzt eine Sprecherin der Stadt auf Anfrage unserer Redaktion.

Denn durch diese vierbeinigen "Rasenmäher" wäre gewährleistet, dass die renaturierten Flächen des Bades dauerhaft ihr augenblickliches Aussehen behielten. Zurzeit, so, die Rathaus-Sprecherin, befinde sich die Stadt Solingen deshalb auf der Suche nach einem geeigneten Schäfer, der gemeinsam mit seinen Tieren zu so etwas wie einem "Hausmeister" des Schellbergtals werden würde.

Tatsächlich liegt hinter den TBS, die für das Grundstück verantwortlich zeichnen, ein wahrer Kraftakt, der in den zurückliegenden Monaten bei der Umwandlung des einstigen Freibades bewältigt werden musste. So wurde beispielsweise im vergangenen Herbst das alte Schwimmbecken im Schellbergtal zugeschüttet, wobei es im Rahmen dieser Arbeiten allerdings zunächst noch zu Verzögerungen gekommen war.

Der Grund: Eine Untersuchung der Farbe, mit der einst der Beckenrand gestrichen worden war, brachte zutage, dass der Anstrich mit Schadstoffen versetzt war. Und dementsprechend genügte es nicht, das ausgemusterte Schwimmbecken einfach einzureißen. Vielmehr sahen sich die TBS gezwungen, zunächst einmal die Farbe samt der darin enthaltenen Polychlorierten Biphenyle, kurz PCB, abzufräsen sowie zu entsorgen, da der Stoff als krebsauslösend gilt und somit heutzutage verboten ist.

Erst als diese Arbeiten abgeschlossen waren, konnte mit der eigentlichen Renaturierung des Geländes begonnen werden. Beispielsweise erhielt der Schellberger Bach einen neuen Verlauf. Im Rahmen dieser Maßnahme wurde unter anderem das Bett des kleinen Baches neu "profiliert" und anschließend mit den Nebenwasserläufen Hästener Bach sowie Strandbadbach im Bereich des ehemaligen Schwimmbeckens überirdisch zusammengeführt.

Insgesamt schlugen die gesamten Renaturierungsmaßnahmen mit rund 306.000 Euro zu Buche. Wobei sich die ursprünglich veranschlagte Summe von 216.000 Euro im Zuge der notwendig gewordenen Altlastenentsorgung um etwa 90.000 Euro erhöhte. "Die Arbeiten wurden zu 80 Prozent vom Land gefördert", hieß es nun im Solinger Rathaus, wo überdies darauf verwiesen wurde, dass die Beseitigung der Schadstoffe für die Stadtkasse keine zusätzliche Belastung bedeutet habe. Denn der im Zuge der Maßnahme anfallende städtische Anteil sei aus dem Etat für Ausgleichspflanzungen finanziert worden, teilte die Verwaltung mit.

Dementsprechend blicken die verantwortlichen Beamten im Rathaus jetzt nach vorne. Zurzeit befindet sich die Stadt in Verhandlungen mit dem Sportverein Solingen-Süd 1909, der das alte Freibad lange betrieb und bis heute Eigentümer der verbliebenen Bad-Gebäude im Schellbergtal ist.

Ziel der Gespräche ist es, die zukünftige Nutzung der Bauten zu klären. Dabei plant die Stadt jedoch nicht, die Immobilie selbst zu übernehmen. Vielmehr können sich die Verantwortlichen eine Umwidmung der Gebäude sowie eine Belegung durch Dritte vorstellen. "So gibt es Überlegungen, die Hundeschule, die früher an der Nibelungenstraße in Gräfrath beheimatet war, im Schellbergtal anzusiedeln", sagte am Wochenende ein Sprecher der Stadt.

Der Sportverein Solingen-Süd bestätigte, dass es Überlegungen zur weiteren Verwendung des ehemaligen Umkleidetrakts gibt. "Für die Verkündung eines Ergebnisses ist es allerdings noch zu früh", betonte der erste Vorsitzende des Schwimmvereins, Daniel Unger, auf Nachfrage.

Augenblicklich sind einige Bereiche des langgestreckten Gebäudes, das sich direkt an den Eingang des alten Freibades mit dem Kassenbereich anschließt, vermietet. Und zudem nutzt der Verein ebenfalls weiter Teile der Anlage, die in ihrem baulichen Ist-Zustand nach wie vor an die längst vergangenen Zeiten erinnert.

Die letzte Modernisierung des Freibades erfolgte 1958. Seitdem hat sich an dem Gebäude praktisch nichts mehr geändert - außer, dass demnächst wohl Schafe und nicht Schwimmer den Ton im Schellbergtal angeben werden.

(or)
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