Solingen Rüffel für die alte Landesregierung

Solingen · Die Walbusch Jugendstiftung fördert noch ein Jahr den wichtigen Stützunterricht in der Jugendhilfewerkstatt. Die Einrichtung an der Brucknerstraße fordert das Land NRW jetzt auf, die Förderung in Zukunft zu übernehmen.

"Bildung", sagt Winfried Borowski, "ist wesentlicher Bestandteil der Werkstattarbeit." Von daher werden in der Jugendhilfewerkstatt an der Brucknerstraße zuvor schulmüde Jugendliche nicht nur in Grundfertigkeiten in den Bereichen Holz und Metall ausgebildet. "Sie bekommen auch Stützunterricht", so der Leiter der Jugendhilfewerkstatt, "um den Hauptschulabschluss nachzuholen."

Das gelang in diesem Jahr prächtig. Erstmals in der 30-jährigen Geschichte der Einrichtung erreichten fünf von 16 Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren auf Anhieb mit Hilfe des gesponserten Stützunterrichts einen Hauptschulabschluss nach Klasse 10. Ein weiterer Jugendlicher wird in Kürze noch die Nachprüfung ablegen. Vor allem der in der Werkstatt täglich angebotene Unterricht in Deutsch, Mathematik, Englisch, Biologie und Technik hilft den Jugendlichen, die Abschlussprüfung - sie wird in der Hauptschule Höhscheid abgelegt - zu schaffen.

Doch die Finanzierung dieses Stützunterrichts ist in Gefahr. Nachdem die Europäische Union von 2007 bis 2013 den Unterricht förderte, "war das Land NRW nicht bereit, die Finanzierung der Lehrer in den Jugendhilfewerkstätten in eine Regelförderung des Landes zu überführen", sagt Winfried Borowski.

Von der EU-Förderung profitierten immerhin 7200 Jugendliche in damals 55 Jugendhilfewerkstätten in NRW. Und etwa ein Fünftel der Absolventen, die in der Regel ein Jahr in der Jugendhilfewerkstatt sind, schafften den Hauptschulabschluss. "Dieser Wert lässt sich auch auf unsere Werkstatt übertragen", sagt Borowski.

Auf Initiative des früheren Oberbürgermeisters Norbert Feith sprang 2014 bis 2016 die Sparkassen-Stiftung in die Bresche, seit 2016 sponsert nun die Walbusch Jugendstiftung den Stützunterricht. "Ohne diese Unterstützung hätten die Jugendlichen nur eine sehr geringe Chance auf einen Schulabschluss", so Winfried Borowski.

In der Jugendhilfewerkstatt, die sich vor allem auch über die metallenen Skulpturen einen Namen gemacht hat, haben sich nun weitere fünf Jugendliche mit Lehrerin Elke Urner aufgemacht, im jetzt laufenden Schuljahr den Hauptschulabschluss 2018 zu schaffen - erneut mit Unterstützung der Walbusch Jugendstiftung. Danach, so Borowski, steht die Finanzierung des wichtigen Unterrichts in den Sternen. "Die Werkstätten wurden von der früheren Landesregierung an die Schulen verwiesen, wo sie die Jugendlichen unterrichten lassen sollen. Doch das zeugt nach unserer Ansicht von einer lebensfernen Sichtweise und einer mangelnden Kenntnis über die betroffene Zielgruppe", erklärt der Leiter der Jugendhilfewerkstatt. Ausgerechnet schulmüde und besonders förderungsbedürftige Jugendliche, die zuvor gar nicht in der Schule klarkamen, wieder in die Schule zu schicken, das mache keinen Sinn.

16 Jugendliche im Alter zwischen 13 und 19 Jahren sind zurzeit in der Einrichtung an der Brucknerstraße, die im Laufe der vergangenen 30 Jahre rund 700 Jugendliche betreute. Die bekommen beziehungsweise bekamen nicht nur die Grundfertigkeiten in den Bereichen Holz und Metall mit auf den Weg, sondern lernen dort mit Kochen, Putzen und Nähen auch "lebenspraktische Fertigkeiten", sagt Winfried Borowski. Und ein Teil bekommt eben auch Stützunterricht. Vor allen diejenigen Jugendlichen, bei denen Aussicht auf einen Schulabschluss besteht.

"Ich hoffe, dass mit dem Wechsel der Landesregierung auch ein Kurswechsel in der Bildungspolitik einkehrt und die Förderung des Stützunterrichts durch das Land für alle Jugendwerkstätten und ihre Jugendlichen wieder sichergestellt wird", sagt Winfried Borowski. Er will jetzt mit NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann Kontakt aufnehmen. "Für uns ist das ein wichtiger Baustein", so Borowski mit Blick auf den Stützunterricht.

(uwv)
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