Solingen Rosamunde und die "kleine" Sechste

Solingen · Hospiz trifft Klassik: Nachwuchsdirigentin Corinna Niemeyer überzeugte am Pult der Bergischen Symphoniker.

 Corinna Niemeyer leitete das Benefizkonzert der Bergischen Symphoniker in der Stadtkirche.

Corinna Niemeyer leitete das Benefizkonzert der Bergischen Symphoniker in der Stadtkirche.

Foto: mak

"Schubert starb mit 31 Jahren. Aber es kommt darauf an, was man aus seinem Leben macht. Und Musik gehört zum Leben." Mit einem einfühlsamen Grußwort bedankte sich Cordula Scheffels, Vorstandsvorsitzende des Palliativen Hospizes Solingen, bei einem guten Freund - den Bergischen Symphonikern. Immer wieder unterstützt das Orchester mit Konzerten das Engagement des Solinger Hospizvereins. Beim Benefizkonzert in der Stadtkirche brachte es Meisterwerke des großen Franz Schubert zum Klingen. Am Pult stand Corinna Niemeyer.

Die 29-jährige Nachwuchsdirigentin ist seit Beginn der laufenden Spielzeit Stipendiatin der Orchesterakademie der Bergischen Symphoniker im Fach Dirigieren und hat bereits mehrere Konzerte erfolgreich geleitet - angefangen vom Festakt zur Deutschen Einheit über die Remscheider Kulturnacht bis zu Kinderkonzerten. Auch am Samstag beeindruckte sie ihr Publikum durch einen souveränen Auftritt. Da erklangen zunächst Auszüge aus Schuberts Ballettmusik zu "Rosamunde": klar, kompakt, klanglich sorgfältig ausdifferenziert und sehr dynamisch - angefangen vom kraftvollen Beginn mit den satten Bläsern über die liedhafte, von Streichern getragene Melodik des zweiten Abschnitts mit gut abgesetztem moll-Teil bis zum dritten mit seinem schreitenden Rhythmus und akzentuierten Streicher-Bläser-Wechseln. Das war ein klangvoller, authentischer, Lied und Melodie zugetaner Schubert - eine schöne Musik, die mit Eleganz und Charme ins Ohr ging. Was folgte, war des Meisters Sechste in C-Dur, die zur Unterscheidung der längeren Achten in gleicher Tonart die "Kleine Symphonie" genannt wird, aber von ihrer Genialität her alles andere als winzig ist.

"In ihr klingt Schuberts Liebe zu Rossini durch", sagte Corinna Niemeyer in ihrer Einführung, und was sie dann am Pult auch demonstrierte, war die Nähe Schuberts zu Beethoven. Die dynamische Wucht, die klar formulierte Symmetrie der Themen, die formale Kraft zeigten den klassischen Schubert auf, aber das war für den Vortrag alles andere als ein Nachteil. Es war eine klare, stringente, in sich geschlossene Musik, die überzeugte: ein kraftstrotzender erster Satz mit toll entwickelter Durchführung, gefolgt vom lyrischen Streicherandante, das den Kontrast von getragenen, marsch- und liedhaften Elementen gut zum Ausdruck brachte. Auch Rossini mag hier einiges zur Melodik beigetragen haben. Ein konturenreiches und filigran intoniertes Presto brachte saubere und exakte Orchesterarbeit zum Tragen, und durch das beschwingte Finale wehte dann wieder der Geist der italienischen Oper. Ein runder Schluss auch für die Dirigentin, die sich nach Riesenbeifall mit einer melodiösen Zugabe ebenfalls aus Schuberts Feder bedankte. Die Zusammenarbeit mit den Bergischen Symphonikern ist für sie wichtig, weil sie bei einem versierten Orchester viel Praxis lernt und "eigene Ideen entwickeln und umsetzen kann".

Mit diesem Konzert ist PHoS seinem Ziel, ein Hospiz zu bauen, ein gutes Stück nähergekommen. Bisher 600.000 Euro konnten dafür seit Herbst 2015 durch Spenden und Sponsoring bereitgestellt werden - und durch Konzerte wie "Hospiz trifft Klassik", für das die Bergischen Symphoniker ehrenamtlich gespielt haben.

(sto)
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