Solingen "Real Solingen" auf Weg zur Erfolgsgeschichte

Solingen · Monatelang haben die Gründer von Solingens erster Fußballmannschaft für Flüchtlinge um die Aufnahme in den regulären Spielbetrieb gekämpft. Inzwischen hat "Real Solingen" einen beachtlichen Saisonstart in die Kreisliga C hingelegt.

Wenn die Fußballer von "Real Solingen" vor Auswärtsspielen in der Gästekabine ihre Trikots überstreifen, haben sie die erste Herausforderung oft schon gemeistert: Denn zu den Spielen geht es für die Solinger Flüchtlingsmannschaft notgedrungen stets mit Linienbussen - in Zukunft auch nach Lützenkirchen oder Richrath. "Wir ziehen dann halt einfach ein Ticket", erzählt Reza Amani. Den im Iran geborenen Trainer können Widrigkeiten so schnell ohnehin nicht aus der Ruhe bringen: "Als ich vor 28 Jahren nach Deutschland kam, kannte ich nur ein deutsches Wort", erinnert sich der heute 49-Jährige. Patenschaften oder Betreuer habe es damals nicht gegeben. "Wenn ich zum Arzt musste, habe ich erst einmal das Wörterbuch zur Hand genommen", erzählt Amani. Vor acht Monaten nahm der inzwischen überaus erfahrene Fußballlehrer rund drei Dutzend Flüchtlinge unter seine Fittiche, darunter Iraker, Syrer, Afghanen, Albaner und junge Männer aus afrikanischen Staaten. "Real Solingen" war auf Initiative der Flüchtlingshilfe entstanden. Neben deren Vorsitzender Saskia Frings setzte sich Georg Schubert, ehemaliger Vorsitzender des Fußballkreises, aller Bürokratie zum Trotz dafür ein, dass das Team auch am regulären Spielbetrieb mitwirken kann - und das mit Erfolg: Als dritte Mannschaft des Sport-Ring Solingen 1880/95 startete "Real Solingen" vor wenigen Wochen in die Saison der Kreisliga C - und schoss sich gleich mächtig warm: 15 Tore erzielten Amanis Schützlinge allein bei ihren beiden Auftaktsiegen, danach gab es ein Unentschieden in einem weiteren eigentlich überlegen geführten Spiel und zuletzt eine 3:5-Niederlage im vereinsinternen Duell mit Sport-Ring II.

"Man sieht eine große Entwicklung", freut sich Amani. Denn in den ersten Testspielen habe man teilweise fünf bis sechs Gegentore kassiert. Auch die Fußballregeln seien nicht allen Spielern hundertprozentig vertraut gewesen: "Manche konnten zwar gut mit dem Ball umgehen, wussten aber nicht, wie man einen Einwurf korrekt ausführt", berichtet der Trainer.

Von Vorteil ist natürlich, dass er bei seiner Arbeit auch auf erfahrene Kräfte zurückgreifen kann - allen voran Mannschaftskapitän Maseud-Hamo: Der 34-Jährige war im November vergangenen Jahres mit seinen Geschwistern aus den syrischen Bürgerkriegswirren nach Deutschland gekommen.

Die erste Zeit hatte er zwischen Trennwänden in einer lauten Turnhalle verbracht, inzwischen lebt er in einem der neu gebauten Holzhäuser. "Ich würde hier gerne wieder eine richtige Arbeit aufnehmen", übersetzt ihn sein Trainer - noch, denn nach langem Warten auf einen Platz hat für den ehemaligen Büroangestellten vor einer Woche endlich der erhoffte Sprachkurs begonnen.

Arbeiten - und Fußballspielen, das wünscht sich Maseud-Hamo, der auch in der syrischen Heimat im Verein aktiv war. "Er kam mit seinem Bruder, der auch ein sehr guter Fußballer ist, zu einem Training, das wir am Hermann-Löns-Weg hatten, und ich habe sofort gesagt: Ihr müsst in der Mannschaft bleiben", erzählt Amani mit einem zufriedenen Lächeln, während sich seine Spieler auf der Sportanlage am Schaberg warmlaufen.

18 Mann umfasst sein aktuelles Aufgebot - mit den jungen Interessenten baut der Trainer zudem eine Jugendmannschaft auf. "Ich habe von Anfang an an die Leute geglaubt", sagt Amani, der nicht nur die fußballerischen Qualitäten der Spieler fördern will - vielmehr gehe es auch um Regeln, den fairen Umgang miteinander und das Bewusstsein, seine Energie sinnvoll einzusetzen. "Je mehr man mit anderen Menschen zu tun hat, desto besser kann man sich in die Gesellschaft integrieren", lautet Reza Amanis Credo.

Auf die Dauer soll "Real Solingen" keine reine Flüchtlingsmannschaft mehr sein: "Ich würde mir wünschen, dass auch ein paar Deutsche dazukommen, die Tür ist offen für jeden", sagt Amani - und schiebt einen bescheidenen Wunsch hinterher: "Für eine Fahrgelegenheit zu den Spielen wären wir sehr dankbar."

(ied)
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