Solingen Pilgern mit Höhenmetern und Highlights

Solingen · Der Bergische Teil des Jakobswegs fordert die Pilger heraus, weil etliche Höhenmeter zu bewältigen sind. Aber er entschädigt auch mit traumhaften Ansichten.

 Eine idyllische Ansicht auf dem Jakobsweg: Im Beyenburger Stausee mit spiegeln sich die Kapelle St. Maria und bergische Schieferhäuser.

Eine idyllische Ansicht auf dem Jakobsweg: Im Beyenburger Stausee mit spiegeln sich die Kapelle St. Maria und bergische Schieferhäuser.

Foto: Hertgen (archiv)

Mehrere tausend Kilometer Wegstrecke verbinden ganz Europa mit der letzten Ruhestätte des heiligen Jakobus in der spanischen Stadt Santiago de Compostela im Nordwesten der Iberischen Halbinsel. Die Rede ist vom beliebten Jakobsweg, auf dessen Pfade sich jedes Jahr immer mehr Menschen begeben. Ein mit 60 Kilometern Länge vergleichsweise kurzer, dafür aber herausfordernder und besonders schöner Streckenabschnitt führt Pilger aus aller Welt auch durchs Bergische.

Der Bergische Jakobsweg, sagt Hans-Willi Oberlis, erprobter Wanderer und leidenschaftlicher Pilger aus Lennep, habe seine Tücken: "Der Weg von Beyenburg nach Lennep ist sehr beschwerlich." Viele Höhenkilometer gelte es auf dem Weg von Wuppertal in die Röntgenstadt zu bewältigen. Da hätten es Pilger auf dem platten Land schon wesentlich einfacher.

"Dafür ist der Teil zwischen Wermelskirchen und Altenberg aber eines der schönsten Strecken überhaupt", schwärmt der 70-Jährige. Und Oberlis muss es wissen, schließlich ist er seit nahezu einem Jahrzehnt regelmäßig auf den Pfaden des heiligen Jakobus unterwegs. Mehrere tausend Kilometer haben ihn seine Wanderstiefel getragen, durch Wälder und Küstenregionen, bei Sonnenschein, Hitze, Wind und Regen. In Frankreich, Spanien und Portugal ist er dafür schon gewesen.

Das Besondere am Bergischen Jakobsweg, sagt Oberlis, sei seine Landschaft und die Spuren der Vergangenheit: "Auf dem Weg sind noch alte Hohlwege zu erkennen, wo früher die Pferdekarren mit Holz und Kohle gezogen wurden." Ohnehin gehöre der Jakobsweg zu den ganz alten Handelswegen aus dem Mittelalter. Heute ist es eher ein spiritueller Weg, auf dem jeder, egal ob gläubig oder sportlich unterwegs, über sich hinauswachse.

Ab und an, erzählt Oberlis, träfe er auf dem bergischen Jakobsweg Spaziergänger, aber auch viele Pilger, die er an seinen Rucksäcken erkenne. Und diese, so berichtet der 70-Jährige, kämen aus aller Welt wie Schweden und Australier. Die Faszination sei nachvollziehbar.

"Der bergische Jakobsweg lässt sich gut mit dem galizischen vergleichen", sagt der begeisterte Pilger. Auch im Nordwesten Spaniens regne es viel. Und der Weg an der Küste führe - entgegen der landläufigen Vorstellung - nicht am Strand entlang, sondern ebenfalls durch viele hügelige und bergige Regionen. Als reine Teststrecke sehe er den Pfad von Beyenburg nach Köln aber nicht. "Egal, wie oft man den Jakobsweg geht, er wird immer anders sein."

Den Pilgerpfad vor der eigenen Haustür geht Oberlis regelmäßig: "Das hat mehrere Gründe: Zum einen mag ich den Weg ganz gerne, zum anderen nutze ich ihn auch, um nachzuschauen, ob die Beschilderung noch intakt ist." Auf 60 Kilometern weisen kleine, quadratische Schilder mit einer markanten gelben Jakobsmuschel auf blauem Untergrund den Pilgern den Weg durchs Bergische. Seitdem vergangenen Jahr geleiten zudem 30 kleine, im Boden eingelassene Pilgersteine mit einer Muschel im Relief Pilger durch die Lenneper Altstadt. Angeregt wurde auch dies von Oberlis. Der 70-Jährige gründete 2010 mit Gleichgesinnten den Lenneper Pilgerstammtisch, der sich bislang im Verein Lennep Offensiv organisiert hat und bald aber zum eigenen, vollwertigen Verein ausgebaut werden soll.

Jedes Jahr im September unternehmen die Lenneper Pilgerfreunde, wie sie sich künftig nennen wollen, Reisen nach Spanien, um dort auf dem Jakobsweg zu wandern. Einige Monate vorher allerdings, Ende Juli, feiern sie seit Jahren in Lennep das große Pilgerfest auf dem Alter Markt. Dazu gehört auch immer eine Wanderung, die vor Jahren in Beyenburg begann und seitdem immer wieder dort startet. Im vergangenen Jahr pilgerte eine rund 60-köpfige Expedition knapp zehn Kilometer auf dem Jakobsweg bei Kerpen.

Im "Lennep Laden", den Oberlis über den Verein Lennep Offensiv betreut, werden nicht nur viele Lenneper Souvenirs angeboten, sondern auch allerhand Infomaterial und viele Accessoires zum Jakobsweg. Über die Deutsche Jakobsgesellschaft hat der 70-Jährige die Erlaubnis Pilgerpässe auszustellen und Stempel an Pilger zu verteilen, die Lennep erreichen. "Seit 2010 haben wir hier rund 1100 Pässe ausgestellt", sagt Oberlis. "und weitaus mehr Stempel verteilt." Das zeige, dass der Pilgertourismus boomt, trotz der beschwerlichen Streckenabschnitte auch im Bergischen. "Diese Woche noch waren zwei Damen aus dem Münsterland hier, die sich einen Stempel abgeholt haben", berichtet Oberlis. Zurzeit bemüht er sich mit seinen Lenneper Pilgerfreunden auch darum, in Lennep ein Übernachtungslager für Pilger anzubieten, die auf ihrem Weg in Lennep Rast machen wollen. Platz dafür haben sie nur ein Haus weiter vom Lennep Laden entfernt eingerichtet. Die Nachfrage sei schon jetzt groß. "Nur müssen wir noch ein Sicherheitsfenster einbauen lassen, die mündliche Genehmigung von der Stadt aber haben wir schon."

(RP)
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