Solingen Obus-Anhänger mit viel Liebe zum Detail

Solingen · Rund fünf Jahre haben die Aktiven des Obus-Museums an dem Wagen aus dem Jahr 1956 gearbeitet. Bis 1962 waren neun Anhänger auf Solingens Straßen unterwegs.

Peter Hoffmann erinnert sich genau: Der Platz vorne rechts, gleich hinter der Scheibe mit Blick auf den Bus davor, war schon als Kind in den 1950er Jahren sein Lieblingssitz im Obus-Anhänger. Rund 60 Jahre später kann der Vorsitzende des Obus-Museums bald wieder auf seinem Lieblingsplatz auf Tour durch Solingen gehen: Gestern hat der Verein seinen rundum restaurierten Obus-Anhänger, Baujahr 1956, vorgestellt.

Es ist die Erfüllung eines lange gehegten Wunsches: Schon seit der Verein den historischen Solinger Obus Uerdingen/Henschel ÜH IIIs aus dem Jahr 1959 zurück erwerben konnte, der seit 2007 jedes Jahr unzählige Obus-Fans auf der Ritter-Tour oder bei Sonderfahrten begeistert, gab es die Idee, auch einen der stilechten Anhänger zu kaufen. Allerdings: Von den neun Obus-Anhängern, die von 1952 bis zum Anhängerverbot 1962 in Solingen im Einsatz waren, ist kein einziger erhalten geblieben. "Aus diesem Grund haben wir ein bauähnliches Fahrzeug aus dem Jahr 1956 umgebaut", berichtet Dietmar Hartkopf vom Obus-Museum.

Den rund acht Meter langen Anhänger haben die Aktiven des Vereins von einer Verkehrsfahrschule in Bochum gekauft, wo er zuletzt als Aufenthaltsraum genutzt wurde. In fünf Jahren wurde das Fahrzeug runderneuert: Karosserie und Bremsen von einem externen Betrieb auf Vordermann gebracht, der Innenausbau in Eigenregie in tausenden Arbeitsstunden von einer Hand voll Aktiver geleistet. Sie haben auf jedes Detail geachtet: Die alten Sitze aus Durofol kommen von einem Straßenbahnverein, im gesamten Wagen finden sich ausschließlich Schlitz- und keine Kreuzschlitzschrauben, weil die damals nicht verwendet wurden. Die dunkelgrüne Kunstleder-Oberfläche auf dem kleinen Tischchen am Platz des Schaffners ist aus dem Bezug der Speisekarte einer Brauerei gefertigt - schlichtweg, weil sie dem Original am nächsten kam. Authentisch ist auch die Werbung auf den Seiten des Anhängers: Hier wirbt das Solinger Stahlwaren-Unternehmen Emil Schmidt, gegründet 1884, mit einer zeitgenössischen Außenwerbung. "Die Obusse sind ein Stück Solinger Tradition. Auch wir als Messerhersteller fühlen uns der Solinger Tradition verpflichtet und wollten diese Idee deshalb gerne unterstützen", sagen die Geschäftsführer Stefan und Rigo Kirschner. Zudem seien die Obusse als mit Strom betriebene Fahrzeuge bereits bei ihrer Einführung ihrer Zeit weit voraus gewesen. "Wir sind selbst sehr aktiv, was das Thema Elektromobilität angeht, deshalb passte dieses Projekt genau zu uns. Und in der Ausführung ist die Außenwerbung einfach superschön geworden."

Auch Dietmar Hartkopf ist begeistert vom Anhänger, obwohl er vor allem in Anbetracht der Kosten - sie belaufen sich auf insgesamt rund 50.000 Euro - zunächst skeptisch war. "Aber der Wagen hat besonderen Charme und ist auch in seiner Detailtreue einzigartig." Für Peter Hoffmann war die Fahrt im Anhänger schon als Kind "ein Highlight": "Auch wenn meine Mutter immer dagegen war, dass ich im Anhänger mitfahre, denn damals wurde darin noch geraucht und die Anhänger waren immer völlig verqualmt." Er kann sich noch an viele Details aus der Hoch-Zeit der Obus-Anhänger erinnern: "Sie wurden meist zu Stoßzeiten eingesetzt, zwischendruch dann auf dem Vorplatz des Monopol-Kinos abgestellt und abends wieder angekoppelt."

Am fast 60 Jahre alten Anhänger fehlen derzeit nur noch die Türen. Jetzt hofft der Verein darauf, im ersten Halbjahr 2016 alle Zulassungen zu bekommen. Geplant ist die Nutzung sowohl auf den Touren des ÜH IIIs als auch bei Sonderfahrten. "Mit dem Anhänger können wir die Anzahl der Sitzplätze fast verdoppeln. Zu den 28 Sitzplätzen im Bus kommen nun noch 24 im Anhänger", so Hartkopf.

(mxh)
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