Biologische Station Mittlere Wupper Neues Leben wächst in der Heide

Solingen · Die Aufgabe der Biologischen Station Mittlere Wupper ist es, Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu schaffen. Mit zehn Teichen in der Ohligser Heide kehrten auch beinahe ausgestorbene Arten in die Landschaft zurück.

 Jan Boomers schafft mit dem Team der Biologischen Station Mittlere Wupper neues Leben.

Jan Boomers schafft mit dem Team der Biologischen Station Mittlere Wupper neues Leben.

Foto: Köhlen Stephan

Jan Boomers' Beruf ist es, neues Leben zu schaffen. Er steht an einem Teich in der Ohligser Heide, der Ursuppe der Landschaft. Im Winter hängt Nebel über dem stillen Wasser und dem Schilf. Im Frühjahr und im Sommer blüht hier das Leben. Ab März vermehren sich die Teichmolche, im April folgen Frösche und Kröten. Bald schwirren dann auch Libellen über das Wasser. Im Spätsommer flitzen Fledermäuse über den dämmrigen Himmel.

Das ist möglich, weil Jan Boomers mit seinem Team von der Biologischen Station Mittlere Wupper in der Ohligser Heide zehn Teiche angelegt hat. Die meisten liegen tief in der Heide, weit weg vom Weg, damit die Tiere ihre Ruhe haben. "Es gibt nur noch sehr wenige offene, besonnte Stillgewässer", sagt der Biologe. Viele Flächen hätten die Menschen entwässert, überdüngt oder bebaut. So sind Teiche, wie es sie nun wieder in der Heide gibt, nach und nach verschwunden. "Dabei sind viele Tierarten auf solche Gewässer angewiesen."

 Die Renaturierung in der Ohligser Heide schreitet erfolgreich voran. Seit 1986 wird der sogenannte Biotop-Management-Plan umgesetzt.

Die Renaturierung in der Ohligser Heide schreitet erfolgreich voran. Seit 1986 wird der sogenannte Biotop-Management-Plan umgesetzt.

Foto: Köhlen Stephan

In NRW sind rund 45 Prozent der Tier- und Pflanzenarten gefährdet oder ausgestorben. Die Kreuzkröte oder die Gelbbauchunke kommen in Solingen gar nicht mehr vor. Gerade Amphibien haben es schwer. Libellen zum Beispiel brauchen Teiche mit Schilf oder Binsen, um sich zu vermehren. Sie legen ihre Eier unter Blätter an der Wasseroberfläche, leben zunächst im Wasser, bis sie ausgewachsen am Schilf entlang in die Luft steigen.

 Auf Schautafeln wird erklärt, welche Tiere in der Ohligser Heide beheimatet sind.

Auf Schautafeln wird erklärt, welche Tiere in der Ohligser Heide beheimatet sind.

Foto: Köhlen Stephan

Mit den neuen Teichen, die in den vergangenen zehn Jahren in der Heide entstanden sind, kamen also auch die Libellen zurück: Der Vierfleck und die Heidelibelle, aber auch seltene Arten wie der Kleine Blaupfeil. "Den Kleinen Blaupfeil konnten wir vor 20 Jahren noch gar nicht in der Heide nachweisen", sagt Boomers. "Mittlerweile sieht man ihn so häufig - man glaubt gar nicht, dass er vom Aussterben bedroht ist." Aber auch der Grasfrosch und die Erdkröte haben sich angesiedelt, die Population hat sich in den letzten Jahren laut Boomers verdreifacht. "Mit solchen Maßnahmen geht es relativ schnell, dass Arten wiederkehren oder sich erholen." Nach zwei bis drei Jahren sehen die Biologen eine Entwicklung.

Seit 1986 hat die Stadt den sogenannten Biotop-Management-Plan vorangetrieben. "Jemand, der 20 Jahre nicht hier war, wird die Heide nicht wiedererkennen", sagt Jan Boomers. Im Wald hingegen kann die Renaturierung Generationen dauern. "Es ist definitiv eine Tätigkeit, die einen in Geduld übt. Und ich habe eine gewisse Demut vor den Abläufen der Natur entwickelt."

Im Oktober hat die Biologische Station ihr 20-jähriges Bestehen gefeiert. In dieser Zeit war das Team in der Ohligser Heide aktiv. Aber auch im Fauna-Flora-Habitat zwischen Burg und Müngsten haben sie ihre Spuren hinterlassen. Dort gibt es nun Infopunkte, 3D-Modelle und die Wuppertells: Naturführer, die Wissenswertes über die heimische Tier- und Pflanzenwelt vermitteln, verbunden mit den Sagen und Geschichten des Bergischen Landes.

Seit 2000 ist Boomers mit seinem Team auch in Remscheid und Wuppertal tätig, vor allem an der Panzertalsperre und im Wuppertaler Scharpenacken, eine ehemalige Militäranlage. Dort übernimmt die Biologische Station das Überwachen des Artenschutzes.

So weiß Boomers auch genau, wo sich jetzt schon der Klimawandel zeigt. "Spürbar ist es im Bergischen vor allem am Starkregen, milden Wintern und trockenen Sommern", sagt der Biologe. Das hat zur Folge, dass Pflanzen früher blühen, Zugvögel eher zurückkehren oder hier überwintern. Bei den Pflanzen haben es einige Arten schwerer, andere sind Klima-Gewinner, wie Boomers sagt. Stechpalmen zum Beispiel kommen gut mit dem Klima klar, Fichten ganz im Gegenteil.

Darum nimmt die Arbeit der Biologischen Station auch kein Ende. In der Krüders Heide soll Anfang des kommenden Jahres ebenfalls ein neuer Teich entstehen. An der Solinger Sengbachtalsperre erstellen die Biologen 2018 ein Gutachten über den Wert des Gebietes. Und Boomers hat sich ein weiteres konkretes Ziel gesetzt: "Die Station muss einen neuen Standort finden, der von allen drei Städten und auch als Anlaufstelle für Besucher gut erreichbar ist", sagt Boomers. Momentan wird geprüft, welche Standorte in Frage kommen, um die wissenschaftliche Arbeit und die Öffentlichkeitsarbeit für die Bürger zu verbinden.

(RP)
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