Solingen Nächstenliebe auf den Bahnsteigen des Hauptbahnhofes

Solingen · Ihre Aufgaben sind vielfältig. Mal benötigt eine alte Dame Hilfe bei der Bedienung des Fahrkartenautomaten oder ein Mann mit Rollstuhl hat Schwierigkeiten beim Einsteigen in den Zug.

Ein anderes Mal sind Züge ausgefallen und die Reisenden wissen nicht, wie sie ihr Ziel erreichen sollen. Manche können ihr Gepäck nicht allein transportieren und sind froh über tatkräftige Hilfe. Auch kleine Kinder, die allein auf Reisen gehen, werden bis zum Ziel begleitet. Für all diese kleinen und großen Hilfen sind die Mitarbeiter der ökumenischen Bahnhofsmission zuständig, die am Samstag ihre Arbeit vorstellten. "Wir helfen auch der Polizei", sagt Juri Tsiperukhin. So konnten die Mitarbeiter bereits bei der Aufklärung von Diebstählen mithelfen. Oder sie tragen zur Deeskalation bei. Gerade am Tag zuvor pöbelte ein Betrunkener vor der Bäckerei Passanten an. "Ich bin bei ihm geblieben, bis die Polizei da war", erzählt Tsiperukhin. Auch Menschen, die alleine sind, sind willkommen bei einer Tasse Kaffee über alles zu reden, was sie bedrückt. "Wir sorgen für die Seele", meint Tsiperukhin.

Der Dienst am Nächsten war auch für Siegfried Reiffenberg ein Grund, sich ehrenamtlich bei der Bahnhofsmission zu engagieren. "Als ich aus Altersgründen aus allen kirchlichen Diensten ausgeschieden bin, habe ich was in Richtung christliche Nächstenliebe gesucht", verrät der 76-Jährige. Seit die Bahnhofsmission im Juli 2012 in Solingen startete, ist er dabei. Als passionierter Eisenbahn-Fan kennt er sich nicht nur mit allem, was die Züge und Fahrpläne betrifft, hervorragend aus, er hat auch jede Menge Freude an seiner Aufgabe.

Und die Menschen sind dankbar für die Hilfe. "Der Frust über die Bahn ist heute sehr groß", weiß er. Nun soll auch noch das Reisezentrum geschlossen werden, um Personal zu sparen. "Das bedeutet, dass die Reisenden noch weniger Ansprechpartner haben."

Hier springen die Mitarbeiter der Bahnhofsmission ein. "Wir halten das persönliche Gespräch aufrecht, das die Bahn eventuell abbaut", so Reiffenberg. Dabei fehlt es gerade in Solingen an ehrenamtlichen Mitarbeitern. "Wir haben nur drei", bedauert Reiffenberg. Da die Solinger Bahnhofsmission unter Wuppertaler Leitung steht, sind deshalb auch viele Wuppertaler am Solinger Hauptbahnhof im Einsatz.

Denn der Bedarf ist da. "Die Arbeit ist nicht planbar, die Situationen oft völlig unerwartet", erzählt Reiffenberg. "Von einer Sekunde zur anderen wechselt die Situation." Neben der Nächstenliebe ist also auch eine gehörige Portion Flexibilität gefragt.

Geöffnet hat die Bahnhofsmission in Solingen montags bis freitags von 9 bis 15 Uhr. In dieser Zeit kann auch telefonisch Hilfe angefordert werden unter der Rufnummer 645 698 80.

(sue)
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