Interview Milchpreis macht Bauern zu schaffen

Solingen · In vierter Generation betreibt Knut Meinsma seinen Bauernhof an der Gräfrather Lützowstraße. Er ist einer der wenigen milcherzeugenden Betriebe in Solingen und spürt wie seine Kollegen den Wegfall der bis April 2015 geltenden Milchquote.

 Knut Meinsma ist einer der wenigen Landwirte, der überhaupt noch Milchkühe halten. Die Direktvermarktung mit dem Bauernlanden und der Milchtankstelle ist für den Gräfrather Familienbetrieb ein wichtiges Standbein

Knut Meinsma ist einer der wenigen Landwirte, der überhaupt noch Milchkühe halten. Die Direktvermarktung mit dem Bauernlanden und der Milchtankstelle ist für den Gräfrather Familienbetrieb ein wichtiges Standbein

Foto: Köhlen Stephan

Herr Meinsma, lohnt sich die Arbeit im Moment?

Meinsma Wir arbeiten knapp zwölf Stunden am Tag - im Verhältnis zum Milchpreis passt das nicht. Von der Molkerei bekommen wir 24 Cent pro Liter Milch. Dafür kriegen wir die Kühe satt, aber verdienen können wir da nichts mit. Aber das gilt für alle Betriebe: Die Kühe müssen gefüttert und gemolken werden. Um damit Geld zu verdienen, müsste der Preis bei 35 bis 40 Cent liegen.

Warum ist der Milchpreis derart im Keller?

Meinsma Seit die Milchquote am 1. April 2015 ausgelaufen ist, stieg das Milchaufkommen in Europa. In Deutschland um ungefähr sechs Prozent, in den Niederlanden um 16 Prozent. Durch die Milchquote war vorgeschrieben, wie viel Milch ein Land und ein Erzeuger produzieren durften. Seit dem Wegfall der Milchquote ist der Preis gefallen, weil das Angebot größer geworden ist. Die Menge wird jetzt wieder sinken, und die Marktverhältnisse beleben sich wieder. Fachleute gehen davon aus, dass die Talsohle beim Preis erreicht ist. Sie sind vorsichtig optimistisch, dass es wieder nach oben geht.

Welche Möglichkeiten haben Sie als Erzeuger ?

Meinsma Bei dem niedrigen Milchpreis müsste ich eigentlich weniger produzieren. Aber ich kann das System nicht verlassen: Die Kühe sind darauf ausgelegt, 8000 bis 9000 Liter Milch im Jahr zu geben. Ich habe wenige Möglichkeiten, auf den niedrigen Preis zu reagieren und die Milchförderung zu reduzieren. Die Tiere müssen ja weiter gefüttert werden. Und wenn man weiter denkt: So eine Herde schafft man nur einmal ab. Die jetzige Herde für die Milch- und Fleischproduktion haben wir in den vergangenen 25 Jahren aufgebaut. Das bekommt man so nicht wieder hin. Man muss sich gut überlegen, wenn man das aufgeben will.

Welche Rolle hat der Verbraucher ?

Meinsma Der Verbraucher hat auf die Preisgestaltung direkt keinen Einfluss. Allerdings entscheidet er, ob er No-name-Produkte oder Markenprodukte kauft. Werden Markenprodukte höherpreisig bezahlt, ist das letztendlich auch ein Mehrwert für den Milcherzeuger. Am Milchautomat kostet ein Liter Milch einen Euro, dies sind die Kunden auch bereit zu bezahlen. Milch ist ein hochwertiges Lebensmittel, das nicht den gleichen Preis wie Mineralwasser verdient.

Was kann Direktvermarktung leisten - etwa über die Milchtankstelle oder den Bauernladen ?

Meinsma Die Direktvermarktung ist für kleine Betriebe ein zweites Standbein. Die Leute nutzen die letztes Jahr eingerichtete Milchtankstelle. Und auch im Bauernladen steigt die Nachfrage nach regionalen Produkten spürbar. Von 20 Hektar Fläche und 30 Kühen allein können wir nicht leben. Für uns ist Direktvermarktung nichts Neues. Damit haben schon die Urgroßeltern begonnen.

Die Kunden interessieren sich zunehmend dafür, wie ihre Lebensmittel hergestellt werden. Kommt das auch bei Ihnen an ?

Meinsma Tierhaltung ist ein Thema für die Kunden. Mit der Milchtankstelle haben wir den Hof für unsere Kunden noch mehr geöffnet als bisher. Die Leute gehen in den Stall und schauen, wie die Tiere gehalten werden. Die Jungtiere sind den ganzen Sommer auf der Wiese, die kommen gar nicht rein. Auch die Milchkühe gehen im Sommer den ganzen Tag auf die Wiese und kommen nur zum Melken in den Stall. Darum sind wir in der Lage, an einem Weidemilchprogramm unserer Molkerei teilzunehmen.

Wie produzieren Sie ?

Meinsma Gras und Mais bauen wir selbst an. Raps- und Gerstenschrot kaufen wir dazu und mischen das Futter jeden Tag frisch. Da kommen keine Chemie oder Antibiotika rein, sondern ausschließlich natürliche Komponenten. Die Rationen sind komplett durchgerechnet, das Füttern funktioniert somit ganz gezielt. Jede Milchlieferung hinterher wird von der Molkerei untersucht, auf Fett, Eiweiß, Zellgehalt und Keime. Milch ist ein sehr sicheres Lebensmittel.

BENJAMIN DRESEN FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(bjd)
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