Solingen Mann soll Hanaa S. geschlagen haben

Solingen · Prozess gegen die Familie der verschwundenen Frau wurde fortgesetzt.

Eine Verteidigerin legte den Finger in die Wunde: "Wir haben zum Sachverhalt jetzt vier bis fünf Polizisten und Mitarbeiter des Frauenhauses gehört. Aber alle wissen selbst nur vom Hörensagen, was genau passiert ist."

Im Mordprozess um die seit rund eineinhalb Jahren verschwundene Irakerin Hanaa S. befragt die Kammer am Wuppertaler Landgericht gestern immer wieder Zeugen über Vorkommnisse vom Mai 2014. Damals soll der Ehemann des mutmaßlichen späteren Mordopfers gemeinsam mit seinem Bruder in ein Leverkusener Frauenhaus eingedrungen und seine Ehefrau bedroht haben. Doch niemand konnte bislang aus der eigenen Erinnerung den genauen Wortlaut wiedergeben - eine Bewohnerin der Einrichtung, die es könnte, ist wiederum untergetaucht und wird mit Haftbefehl gesucht.

Auch der Vorwurf, der im Prozess angeklagte Mann habe seine Ehefrau geschlagen, basiert bislang ausschließlich auf Gesprächen von Hanaa S. mit verschiedenen Weggefährten - zum Beispiel mit einer Praktikantin der Sprachförderung bei der Caritas.

Die berichtete gestern sichtlich angefasst über ihre Begegnung mit der sechfachen Mutter. Die habe berichtet, verprügelt und zum Geschlechtsverkehr gezwungen worden zu sein. Ihre älteren Kinder hätten sie als "Schlampe" beschimpft, und ihr Ehemann habe ihr kein Geld zum Einkaufen gegeben. "Wenn ich von zuhause weggehe, bringt er mich um", zitierte sie die Zeugin sinngemäß.

Dem hielten die Verteidiger der Angeklagten entgegen, Hanna S. habe später gegenüber der Polizei keine Angaben über häusliche Gewalt gemacht. Zudem habe sich die Jesidin als ärmer dargestellt, als sie wirklich gewesen sei: Schließlich sei das Hochzeitsgold im Wert von 20.000 Euro auch nach der Trennung von ihrem Ehemann weiter in ihrem Besitz gewesen. Seit Juni läuft inzwischen das Verfahren am Landgericht - und ein Ende ist nicht in Sicht: Termine gibt es bis Mitte des kommenden Jahres.

Die Leiche der seit April 2015 vermissten 35-jährigen Frau wurde bislang nicht gefunden. Angeklagt sind im Prozess neben dem Ehemann auch drei seiner Geschwister und der älteste Sohn des Paares. Gemeinsam sollen sie beschlossen haben, die Frau umzubringen. Das Hauptmotiv soll die Wiederherstellung der Familienehre gewesen sein, nachdem sie den Mann verlassen hatte.

(ied)
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