Solingen Kontroverse um Bildungsstreik

Solingen · Rund 150 Schüler demonstrierten gestern während der Unterrichtszeit für bessere Lernbedingungen an Solinger Schulen. Schuldirektoren handhabten die Situation unterschiedlich, einige trugen Fehlzeiten ein, andere gaben frei.

Mit klaren Forderungen zogen gestern Vormittag rund 150 Schüler zum Neumarkt: keine Zahlungen von Kopiergeld, Schulgebäude sollen ausgebaut und saniert werden, mehr Lehrer, kleinere Klassen sowie ein schmackhaftes Mensaessen zu einem einheitlichen Preis an allen Schulen.

"Wir wollen ein Zeichen setzen und verstärkt Bewusstsein für die Probleme an den Schulen schaffen", sagt Nuria Cafaro vom Gymnasium Vogelsang. Die Bildungsstreiks der vergangenen Jahre in NRW hätten gezeigt, dass man so etwas bewirken kann, so die Vorsitzende der Bezirksschülervertretung (BSV). Besonders an der Geschwister-Scholl-Gesamtschule sei eine Gebäudesanierung dringend notwendig: "Wir haben fehlende Deckenplatten, kaputte Fenster, und auch die Aula ist undicht", berichten die Schülerinnen Hanna Fuchs und Caroline Heiner.

"Die gleichen Forderungen habe ich schon vor 40 Jahren gestellt", sagt Angelika Kirberg, "es ist erstaunlich, dass immer noch nichts passiert ist." Die Lehrerin der Geschwister-Scholl-Schule hat ihre Klasse zum Neumarkt begleitet. "Ich finde es wichtig, dass sie sich so einsetzen, als Lehrerin wäre es mir natürlich lieber, wenn sie das außerhalb der Unterrichtszeit täten." Einige Schüler nutzten den Bildungsstreik jedoch, um sich abzusetzen und blau zu machen.

Dürfen Schüler streiken? In den Leitungsetagen der Schulen gab es dazu ungleiche Auffassungen. Äußerst kritisch beurteilt Schulleiter Klaus Blasberg vom Gymnasium Schwertstraße den Streik, der von der Bezirksschülervertretung organisiert wird. "Die BSV ist kein autorisiertes Gremium, und sie maßt sich an, für alle Schüler zu sprechen. Unsere Schülervertretung hat sich gegen eine Teilnahme an der BSV entschlossen." Manche Schüler nutzen den Streik, um der Schule fernzubleiben, dies gelte als unentschuldigte Fehlzeit.

Stephan Mertens, stellvertretender Schulleiter des Gymnasiums Volgelsang, sieht den Bildungsstreik zwiespältig: "Auf inhaltlicher Ebene bin ich froh, dass die Schüler sich mit dem Problemen an Schulen auseinandersetzen und dafür in der Öffentlichkeit eintreten." Unterstützen könne er eine Veranstaltung außerhalb der Schulzeit aber nicht, die Fehlzeit müsse als unentschuldigt eingetragen werden.

An der Geschwister-Scholl-Schule konnten sich die minderjährigen Schüler hingegen im Voraus in eine Liste eintragen und wurden so für die Teilnahme am Streik beurlaubt. "Ich kann meine Schüler nicht zu mündigen und politischen Bürgern erziehen wollen, und ihnen auf der anderen Seite Steine in den Weg legen, wenn sie von ihren Rechten Gebrauch machen möchten", begründet Schulleiterin Elke Mosebach-Garbade ihre Entscheidung.

(RP/rl)
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