Solingen Konkurrenten ziehen an einem Strang

Solingen · Das Städtische Klinikum und die Praxisklinik im Südpark kooperieren zunächst im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich. Kleinere Operationen, die ambulant erledigt werden können, werden von Klinikärzten im Südpark vorgenommen.

Viele Diskussionen gabs im Vorfeld. "Harte Arbeit", wie die kommissarische Geschäftsführerin des Städtischen Klinikums, Barbara Matthies, ergänzt. Doch das Ergebnis hat nicht nur großen Seltenheitswert, sondern sei obendrein bundesweit einmalig: Schon seit geraumer Zeit kooperiert das Städtische Klinikum mit der Praxisklinik im Südpark bei der operativen Versorgung von Patienten - obwohl beide Einrichtungen eigentlich Konkurrenten sind.

Insbesondere ambulante Eingriffe nehmen Ärzte des Klinikums in der Praxisklinik vor und können so deutlich kostengünstiger als in der großen Klinik operieren. "Die frei werdenden Ressourcen können für höherwertige, komplexe Operationen in der Klinik genutzt werden", sagt Prof. Dr. Andreas Sesterhenn, Chefarzt der Klinik für HNO-Heilkunde (Hals, Nasen, Ohren) sowie Kopf- und Halschirurgie.

Gerade im HNO-Bereich gebe es eine hohe Anzahl an kurzen beziehungsweise kleineren Eingriffen. Entsprechend froh ist Sesterhenn über die bereits gut laufende Kooperation: "Dadurch werden wertvolle OP-Minuten im Klinikum für größeren Eingriffe frei", so Andreas Sesterhenn.

Er selbst oder aber Oberärzte kommen für kleinere Eingriffe in die Praxisklinik, nutzen dort das Equipment, und für die (Klinik-)Patienten gibt es im Südpark deutlich schneller Termine. Vom gemeinsam entwickelten Modellprojekt würden alle profitieren - die Patienten ebenso wie die beiden Kooperationspartner und auch die Krankenkassen. Als erste Kasse beteiligt sich die Barmer GEK mit einem Vertrag für ihre Versicherten. "Wir sind mit weiteren Krankenkassen im Gespräch, es gibt bereits Übernahmevereinbarungen mit anderen Kassen", sagt der Gesundheitsökonom Jascha Rinke, Mitglied der Geschäftsführung der Praxisklinik im Südpark mit Blick auf eventuell weitere intersektorale Versorgungsverträge mit Krankenkassen. Er sieht in der Vereinbarung mit dem Klinikum ein "innovatives Zukunftsmodell", das Nachahmer finden werde. Im Südpark operieren zudem auch niedergelassene Ärzte ihre Patienten ambulant.

Ambulant vor stationär - so lautet ohnehin das Zauberwort auch bei der Bundespolitik, um Kosten im Gesundheitswesen zu senken. Das Konzept des Städtischen Klinikums und der Praxisklinik orientiert sich daran und leitet Patienten in den für sie individuell richtigen Sektor.

Weitere Kooperationen - neben dem Hals-Nasen-Ohren-Bereich - sehen sowohl das Städtische Klinikum als auch die Praxisklinik. "Beispielsweise in der Unfallchirurgie wäre das denkbar", sagt Achim Bertram, Geschäftsführender Gesellschafter der Praxisklinik. Das Unternehmen im Südpark hat schlanke Strukturen und den Vorteil der Flexibilität auf seiner Seite. "Der Patient steht im Mittelpunkt", sagt Bertram, und für Barbara Matthies ist klar: "Wenn wir Operationen, die für den Patienten unbedenklich sind, in den ambulanten Bereich verlegen können, gewinnen wir zusätzliche räumliche und zeitliche Ressourcen für planbare Eingriffe bei Schwerkranken."

Die Kooperation sei somit auch als "Beitrag für mehr Patientensicherheit" zu sehen.

(uwv)
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